Julia Extra Band 0294
einer mehr als zweifelhaften Vergangenheit, und damit war sie für ihn tabu. Aber Romain kannte und akzeptierte die Spielregeln und hatte sich deshalb persönlich auf den Weg gemacht, um seiner Tante, die er sehr schätzte, das ultimative Nein zu versüßen …
„Nein … Audrey “, korrigierte das Supermodel mit erzwungener Geduld. „Ich heiße Audrey, nicht Lindsay …“
„Das ist ja fast so niedlich wie du selbst, Honey …und woher stammt dieser hübsche Name?“ Aus tief liegenden Augen tastete der untersetzte Mann wieselflink ihren gertenschlanken, aufregenden Körper ab, was Audrey dazu veranlasste, ihre Hand ruckartig aus seinem heißen, schwitzigen Griff zu befreien.
Woher sie oder ihr Name stammten, interessierte diesen unangenehmen Typen ebenso wenig wie das Wetter von vorgestern, dessen war Audrey sich ganz sicher.
„Er kommt aus dem Keltischen und bedeutet: stark und machtvoll. Es hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen, aber jetzt muss ich wirklich …“
„Audrey!“
„Kate!“ Audrey umklammerte erleichtert den Arm ihrer Freundin und nutzte die Gelegenheit, sich mit einem höflichen Lächeln von dem aufdringlichen texanischen Ölbaron zu verabschieden. „Sie entschuldigen uns bitte …“
„Was war das denn für ein Widerling?“, fragte Kate, sobald sie außer Hörweite waren.
Audreys einzige Antwort bestand in einem sichtbaren Schaudern. „Vergiss ihn! Ich bin so froh, dass du da bist! Dieser Abend ist eine einzige Tortur! Was denkst du, können wir nicht unauffällig von hier verschwinden?“
Kate verzog das Gesicht. „Ich befürchte, die Chance haben wir eben verpasst. Maud lässt uns nicht aus ihren Adleraugen und hat drakonische Maßnahmen angedroht, sollten wir versuchen, die Party vorzeitig zu verlassen …“
Audrey stöhnte auf. Im gleichen Moment fiel ihr Blick auf die Frau, von der sie gerade gesprochen hatten – Maud Harriday, Altmeisterin in der Modeindustrie und Kopf von Models Incor poration , der Agentur in New York, bei der sie und Kate unter Vertrag standen: ihre Chefin und – in guten Zeiten – sogar so etwas wie ihre Ersatzmutter …
Bis Mauds scharfer Blick von jemand anderem abgelenkt wurde, bemühte sie sich, besonders amüsiert zu wirken, obwohl ihr eigentlich ganz anders zumute war. Kate und sie hatten seit dem Morgengrauen hart gearbeitet, allerdings auf unterschiedlichen Modenschauen. Doch Erschöpfung zu zeigen war jetzt nicht angesagt.
Kate schnappte sich zwei Champagnergläser vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners und reichte eines davon ihrer Freundin. Die hielt normalerweise nicht viel von Alkohol, nahm es aber brav entgegen.
Maud bestand darauf, dass ihre Models den Eindruck erweckten, als seien sie rund um die Uhr gut drauf. Besonders, wenn sie sich mitten im Chaos der New Yorker Fashion-Week , in einem der angesagtesten Hotels der Stadt, unter die wichtigsten Leute aus den Bereichen Mode, Medien und Politik mischten.
Also lächelte Audrey, diesmal sogar echt, und stieß mit Kate an. „Danke, ich fühle mich immer wie eine Zuchtstute auf derartigen Events … du nicht?“
Kate schaute interessiert um sich. „Ach, ich weiß nicht, Audrey …“ Sie imitierte Mauds breiten New Yorker Akzent, während sie eine Kostprobe ihres zuvor stattgefundenen Gesprächs mit der Modelchefin zum Besten gab. „Dies ist immerhin die Gelegenheit des Jahres, wo wir die jungen Gesichter unter die alten mischen können. Und in unserer Branche gehört man mit fünfundzwanzig nun mal zum alten Eisen … Hier werden die Geschäfte auf dem Modesektor gemacht. Hier sind die Leute, die bereit sind, in dich zu investieren und deine Rechnungen zu bezahlen. Also, geh da raus, und sehe einfach umwerfend aus!“
Audrey legte den Kopf in den Nacken und lachte aus vollem Herzen. „Sie würde dich umbringen, könnte sie dich hören!“
Der Kontrast zwischen ihrer dunklen und Kates blonder Schönheit zog viele Blicke der Anwesenden auf sich. Ihre Freundschaft war sehr eng und hatte vor langer Zeit in einer Grundschule in Irland begonnen, die sie beide besuchten.
„Eine Menge heißer Typen hier, findest du nicht?“ Kates animierte Stimme holte Audrey in die Gegenwart zurück. Um ihren Mund lag plötzlich ein herber Zug, als sie sich an die hitzige Diskussion erinnerte, die sie noch vor wenigen Tagen geführt hatten.
„Fang nicht schon wieder davon an … bitte !“ Kate war ihre beste Freundin, hatte ihre dunkelsten Zeiten miterlebt und kannte sie besser als
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