Julia Extra Band 0295
langsam in Panik. Vor allem, weil du einfach nicht zuhören wolltest, wenn ich auf das Thema Adoption zu sprechen kam.“
Duncan schloss die Augen. „Ja, du hast recht. Aber du hast dich nicht anders verhalten. Was ich wünschte, was ich dachte, schien dich nicht zu interessieren.“
Reese schüttelte elendig den Kopf. „Es war mir nicht gleichgültig, Duncan. Aber ich hatte die Nase voll von den ständigen Hormonspritzen, den Eisprungtabellen und den Ärzteterminen. Immer wieder musste ich in der Schule freinehmen. Und dann die endlosen Kämpfe mit der Versicherung, um wenigstens einen Teil der Kosten erstattet zu bekommen.“ Den Löwenanteil hatten Duncan und sie natürlich selber bezahlen müssen. Zehntausende von Dollar, die ihnen am Ende nur Kummer und Schmerz eingebracht hatten. „Ich konnte einfach nicht mehr.“
„Und ich wollte weitermachen“, sagte er reuevoll.
„Es war eine einzige Achterbahn.“
„Das kann man wohl sagen. Kaum schwebten wir im siebenten Himmel, schon folgte der Absturz.“
„Und dann verloren wir die Babys.“
Beide schwiegen einen Moment.
„Das war wirklich eine schlimme Zeit“, sagte Duncan endlich.
„Die schwärzeste meines Lebens“, flüsterte Reese. „Ich kam mir vor, als wäre ich von einer Klippe gestoßen worden. Aber ich kam nie unten an. Ich fiel und fiel und flehte um einen Fallschirm. Ich fühlte mich so verloren, so leer.“
„Ich mich auch.“
„Aber du hast nie geweint. Du machtest einfach weiter, als wäre nichts geschehen.“
„Was hätte ich denn tun sollen? Du warst total am Boden zerstört. Einer von uns musste die Fäden in der Hand behalten.“
„Ich hätte gern gemeinsam mit dir getrauert.“
Duncan rieb ihre Tränen fort. „Ich dachte, du hättest einen starken Mann gebraucht.“
„Nein, ich hätte dich an meiner Seite gebraucht.“
Er fasste ihre Hände und küsste die Rückseiten. „Du ahnst nicht, wie sehr ich es bedauert habe, dass ich die Dinge nicht für uns zurechtrücken könnte.“
„Das habe ich nie von dir erwarten, Duncan. Ich gebe dir gewiss nicht die Schuld an unserer Lage. Wie könnte ich? Manchmal kam ich mir furchtbar schuldig vor. Ich bin diejenige, die das Problem hat.“
Das hatte sie schon früher gesagt. Eben hatte sie sogar das Wort „fehlerhaft“ für sich benutzt. Weshalb hatte er nie gemerkt, wie sehr die Kinderlosigkeit an ihrem Selbstwertgefühl nagte und als Folge davon an ihrer Ehe mit ihm?
„So habe ich es nie betrachtet“, versicherte er ihr. „Es war unser Problem, Reese. Etwas, das wir gemeinsam hätten angehen müssen.“
„Aber wir haben es nicht getan.“
„Nein.“
„Wir haben uns immer weiter voneinander entfernt. Manchmal fühlte ich mich furchtbar allein, Duncan. Früher hattest du mir alles erzählt, und plötzlich schlossest du mich einfach aus deinem Leben aus. Du wolltest nicht darüber reden, was in dir vorging.“
„Wahrscheinlich fiel es mir schwer, die Wahrheit zu akzeptieren. Und als ich mich öffnete …“
„Hörte ich nicht zu“, gab Reese zu.
„Ich hatte so viele Zweifel, so viele Fragen – vor allem, was die Adoption betraf. Aber ich konnte mich niemandem anvertrauen.“
„Tut mir leid“, antwortete sie. „Unendlich leid. Ich war furchtbar egoistisch. Aber ich hoffte wohl, dass du irgendwann anderen Sinnes wegen der Adoption werden könntest.“
Anderen Sinnes? Seine Augen füllten sich mit Tränen bei dem Gedanken, was ihm durch seine Blindheit beinahe entgangen wäre.
„Duncan?“
„Vor einiger Zeit habe ich zu dir gesagt, ich wüsste nicht, ob ich ein Baby lieben könnte, dessen leiblicher Vater ich nicht bin. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Daniel in jeder Beziehung mein Sohn sein würde, sobald ich ihn auf den Armen hielt. Dabei ging es unwahrscheinlich schnell, obwohl ich verzweifelt versuchte, es zu leugnen. Ich liebe den kleinen Kerl, Reese.“
„Oh Duncan!“
„Ich möchte eine Chance bekommen, sein Vater zu sein. Und ich möchte eine weitere Chance, dein Ehemann zu sein.“
„Ich möchte diese zweite Chance ebenfalls.“
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch“, sagte Reese und zog Duncan heran.
Sie hielten sich in den Armen, weinten gemeinsam über die Vergangenheit und leiteten hoffnungsvoll eine neue Zukunft ein.
In dieser Nacht schliefen sie gemeinsam in dem großen Ehebett, ihre Beine verschlungen, ihre Körper matt und gesättigt. Sie hatte sich unendlich zärtlich geliebt, bis Daniel aufgewacht war und
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