Julia Extra Band 0300
Als sie sah, wie mitgenommen sie aussah, schnitt sie ihrem Spiegelbild eine Grimasse. Sie fuhr sich über das blasse Gesicht und wollte gerade ihr zerzaustes Haar ein wenig in Ordnung bringen, als ihr der Gedanke kam, dass auf der anderen Seite womöglich Leute saßen, die sie beobachteten. Bestimmt war die Idee völlig abwegig, aber sie ließ Beatrice nicht mehr los, und bei der Vorstellung lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter.
Doch dann lachte sie. Reiß dich zusammen! Jetzt drehst du völlig durch. Sie wollte sich gerade wieder hinsetzen, als die Tür geöffnet wurde. Entschlossen, herauszufinden, was hier vorging, drehte sie sich um.
„Hallo, Beatrice.“
Das Blut wich ihr aus dem Gesicht, während die Welt sich für einen Moment völlig aus den Angeln hob. „Du bist hier …? Wieso …?“
Auf der Türschwelle stand Tariq. In der schwarzen Jeans und dem schwarzen Hemd sah er besonders groß, ungeheuer männlich und wahnsinnig gut aus.
„Ich bin geflogen – allerdings etwas direkter als du.“ Sein entspanntes Lächeln führte dazu, dass ihr Herz noch wilder schlug, und sein Blick schien ihre Seele zu durchbohren. „Und was das Wieso angeht …“ Bevor Beatrices von Müdigkeit umnebeltes Hirn überhaupt richtig realisiert hatte, dass er tatsächlich bei ihr war, nahm er bereits ihr Gesicht in seine Hände.
Ihr erstaunter Aufschrei verlor sich in seinem Mund. Dann schmiegte sie sich an ihn und erwiderte seinen Zungenkuss und antwortete damit auf das Verlangen, das sie in ihm und in sich spürte.
Schließlich drückte Tariq seine Nasenspitze gegen ihre und atmete tief durch. „Beantwortet das deine Frage?“
Mit träumerischem Gesichtsausdruck sah sie ihm ins markante Gesicht. Er war doch bestimmt nicht den ganzen Weg von Zarhat hierhergeflogen, um sie zu küssen. „Nicht wirklich, aber es war nett.“
„Ich glaube, ich kann das noch besser“, antwortete er lächelnd, und Beatrices Herz begann aufgeregt zu pochen. Doch als Tariq sich wieder zu ihr beugte, wandte sie den Kopf ab, obwohl sie sich nichts sehnlicher wünschte, als einen weiteren Kuss.
„Du hättest nicht kommen sollen“, flüsterte sie.
Er schob ihr die Finger ins Haar, hob es hoch und drückte ihr einen Kuss auf die empfindsame Stelle am Hals direkt unter dem Ohr. „Ich musste kommen. Hast du etwa gedacht, ich würde dich einfach so gehen lassen?“
„Das ist das Stichwort. Du solltest jetzt gehen. Sie werden mich gleich festnehmen“, warnte ihn Beatrice und drehte sich nervös zur Tür. „Wenn sie dich hier finden, könnte das ziemlich peinlich werden.“
„Niemand wird dich festnehmen“, sagte er so zärtlich, dass Beatrice vor Rührung beinah geweint hätte.
„Nun, vielleicht nicht, aber …“ Sie schloss die Augen, als er ihren Nacken liebkoste.
„Was glaubst du wohl, woher ich wusste, dass du hier bist, Beatrice?“
Mit einem vorwurfsvollen Schrei wirbelte sie herum. „Du bist das gewesen! Du hast mich hierher bringen lassen!“
„Ja, ich habe meine Macht völlig missbraucht“, gestand er – nicht nur ganz ohne Reue, er wirkte dabei auch sehr zufrieden mit sich.
„Ich war zu Tode erschrocken! Ich dachte … Alle haben mich angestarrt, als wäre ich eine Kriminelle!“
„Es tut mir leid, wenn ich dir damit Angst gemacht habe. Ich konnte es aber nicht riskieren, dass du mir noch einmal entkommst. Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, wie ich mich gefühlt habe, als sich herausstellte, dass du davongelaufen bist?“
„Ich bin nicht davongelaufen, ich musste mein Flugzeug kriegen.“ Sie wusste ja, dass er sie niemals lieben würde. Aber ihn in dem Glauben zu verlassen, er würde sie hassen, war unglaublich schmerzhaft gewesen. Nun sah es ganz so aus, als wäre das nicht der Fall. Wenn sie nur nicht so müde gewesen wäre, hätte sie sich vielleicht einen Reim auf das Ganze machen können. Aber im Augenblick konnte sie überhaupt keinen klaren Gedanken fassen. Sie versuchte noch, das Schluchzen zu unterdrücken, das in ihr aufstieg, aber vergeblich.
„Bitte weine nicht!“, rief er erschrocken. „Das ist das Letzte, was ich erreichen wollte.“
Beatrice zog ein Taschentuch hervor. „Okay, was willst du dann? Du bist sicher nicht den ganzen Weg hierher gekommen, um mich zu küssen.“
„Ehrlich gesagt, habe ich mir mehr als nur einen Kuss erhofft.“
„Wie bitte?“, fragte sie ärgerlich und überlegte, warum er ihr wieder wehtun wollte. „Ich kann dir nicht folgen! Erst willst du
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