Julia Extra Band 0302
gesehen hatte.
„Nikos wird Elena Constantis nicht heiraten – auch wenn sie es sich noch so sehr wünscht“, fügte Tina überzeugt hinzu. „Abgesehen davon würde er nie eine Frau heiraten, die Ari nicht billigt, und der hat sehr deutlich gemacht, dass er Elena nicht mag. Er sagte, dass sie ihn ständig küsst.“
Ann spürte, dass ihre Stimmung sich hob, auch wenn es dafür eigentlich keinen Grund gab. Schließlich kamen sie zu der Taverne, in der Sams Kollegen saßen – eine lebhafte Gesellschaft aus Archäologen und Studenten aus aller Herren Länder. Die Taverne in dem alten Hafen hatte nichts gemein mit der schicken Marina, in der Nikos sich seine Zeit vertrieb. Wahrlich kein Ort für Mitglieder der Familie Theakis, dachte Ann und fand diesen Gedanken sehr beruhigend.
Als dann der Wein die Runde machte, spürte sie, dass sie sich allmählich entspannte, weil sie nicht länger auf der Hut vor Nikos sein musste.
Am Ende des gemütlichen Essens wurde eine riesige Geburtstagstorte serviert, während Ouzo, Brandy und Kaffee herumgereicht wurden.
Dann wurden die Tische beiseitegeschoben, um eine provisorische Tanzfläche zu schaffen.
Plötzlich erklang eine Stimme auf Griechisch von der Tür. Neugierig sah Ann sich um. Eine große Gestalt, halb im Schatten verborgen, löste sich von der Tür.
Der Besitzer der Taverne eilte zum Eingang, redete wortreich in seiner Sprache und streckte seine Arme aus, um den Gast willkommen zu heißen.
Kein anderer als Nikos Theakis schlenderte herein.
5. KAPITEL
Es war das Letzte, was Ann erwartet hätte. Das Letzte, auf das sie vorbereitet gewesen wäre.
Was will er hier?
Entsetzen erfasste sie, und gleichzeitig war sie sich seiner Anwesenheit überdeutlich bewusst. Sein Anblick ließ ihren Puls schneller schlagen, und sie vergaß alles andere um sich herum. Sie konnte nicht anders, als ihn hilflos anzusehen, während er lässig die Hand hob, Sam und die anderen grüßte und dem Besitzer der Taverne etwas zuraunte. Der lächelte und bat den ungewohnten Gast, hereinzukommen. Nikos bedankte sich, hängte seinen Pullover über einen freien Stuhl und gesellte sich zu den Männern, die sich gerade zum Sirtaki aufgestellt hatten.
Die Musik setzte ein.
Der hypnotische Klang erfüllte den Raum, und langsam wiegten sich die Männer, Schulter an Schulter, in dem intensiven Rhythmus. Dann wurde die Musik immer schneller, eindringlicher. Auch ohne Nikos wäre Ann fasziniert gewesen von der unbewussten Anmut, der Würde und überströmenden Sinnlichkeit der Tänzer. Sie waren echte Männer, kraftvoll, maskulin, vom ältesten weißhaarigen Greis bis zum jüngsten Enkel. Während sie mit verschränkten Armen in fließendem Rhythmus die gleichen Schritte ausführten, spürte Ann, wie die Luft vor Spannung und Begeisterung vibrierte.
Es war ein berauschender Anblick, genauso faszinierend wie Nikos, der wie seine Vorfahren tanzte und Anmut, Kraft und Sinnlichkeit im Übermaß verströmte.
Hitze durchflutete Ann, und sie war außerstande, den Blick von ihm zu lösen. Es war ihr egal, ob die anderen es bemerkten, egal, ob sie sahen, wie sein Blick dem ihren begegnete, ihn festhielt, als ob er ihn nie wieder loslassen wollte …
Es war, als ob er nur für sie tanzte, sein Können zeigte, seine Männlichkeit, nur ihr allein …
Als die Musik und der Tanz ihr überschwängliches Finale erreichten, senkte Ann den Kopf, zu erschüttert von dem, was sie fühlte. Schließlich sah sie hoch und begegnete seinem Blick.
Nikos hatte sich zu der Gesellschaft an den Tisch gesetzt und es irgendwie geschafft, eine Lücke ihr gegenüber zu finden. Er hielt ihren Blick fest, ohne dass sie zu sagen vermochte, wie lange.
Dann nahm er dankend ein Glas Metaxa von dem Wirt an, wechselte ein paar Worte auf Griechisch mit ihm, die von Sam in der gleichen Sprache kommentiert wurden. Lässig winkte Nikos ab und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
„Es ist mir ein Vergnügen – ein Zeichen meiner Wertschätzung für all die harte Arbeit, die Sie und Ihr Team bei der Ausgrabung geleistet haben“, sagte er, und Ann schloss daraus, dass er die Rechnung für diesen Abend begleichen würde.
Das brachte sie wieder zur der Frage, warum er hierhergekommen und nicht bei Elena Constantis geblieben war. Wo steckte sie überhaupt? Sie würde doch nicht einfach auf ihre Siegprämie verzichten. Und warum sollte Nikos sie sitzen lassen?
Dankbar stellte Ann fest, dass er seinen Blick von ihr abgewandt hatte und
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