Julia Extra Band 0302
sich mit Sam und dessen Kollegen über den Fortschritt der Ausgrabung unterhielt. Als sie nach dem Kaffee endlich nach draußen traten, schlug ihr kühle Nachtluft entgegen. Doch Ann war froh darum, weil sie sich innerlich noch viel zu erhitzt fühlte.
Neugierig sah sie sich nach Tina um und entdeckte sie bei Sam, der einen Arm um sie gelegt hatte.
„Ich habe Tina gesagt, dass sie hier bei Sam bleiben kann“, erklärte Nikos, an Ann gewandt. „Ich bringe Sie mit dem Boot zurück nach Sospiris.“
Schrecken erfüllte sie und noch etwas anderes, das ihr ganz und gar ungelegen kam.
Bestürzt umklammerte sie ihre Handtasche. „Das ist wirklich nicht nötig“, begann sie nervös, doch Nikos ignorierte ihren Protest. Fragend sah sie zu Tina, doch es wäre egoistisch, sie zu bitten, ihre freien Stunden für sie zu opfern. Zudem würde sie die kurze Überfahrt schon überleben.
„Sind Sie bereit?“
Sie spürte seine Hand auf ihrem Rücken, spürte deren Wärme durch ihr dünnes Top. Als sie erschreckt zusammenzuckte, nahm er seine Hand zurück.
Erst jetzt merkte Ann, dass der Wein sie gefährlich benommen machte. Ihr Blut pulsierte schneller, und der hypnotische Klang der Bouzouki hallte noch immer in ihr wieder. Obwohl ihr heiß war, zitterte sie.
Aufmerksam legte Nikos ihr seinen Pullover um die Schultern, und Ann glaubte, die Hitze seines Körpers darin zu spüren.
„Nein, ich …“
Ohne auf ihren Protest zu achten, ging er unbeirrt weiter. Im Hafen waren noch einige Menschen unterwegs, da noch ein paar Bars geöffnet hatten. Bunte Lichter spiegelten sich auf dem dunklen Wasser, und Ann erkannte das Motorboot der Theakis’ an seiner Anlegestelle. Widerstrebend nahm sie kurz Nikos’ Hand, als er ihr ins Boot half. Dann setzte sie sich und zog den Kaschmirpullover fest um ihre Schultern.
Es war seltsam verstörend für sie, den maskulinen Duft, der von Nikos’ Kleidungsstück ausging, einzuatmen.
Der Motor wurde angelassen, und sie verließen den Hafen. Als sie Fahrt aufnahmen, spürte Ann den Wind in ihren Haaren. Zumindest kann man sich bei dem Motorenlärm kaum unterhalten, dachte sie dankbar, war sich jedoch Nikos’ Nähe nur allzu sehr bewusst. Um sich abzulenken, sah sie hinauf zum nächtlichen Himmel, der übersät war mit golden funkelnden Sternen. Plötzlich schlug eine hohe Welle gegen das Boot. Ann rutschte heftig zur Seite, spürte jedoch im nächsten Augenblick eine starke Hand, die ihr Halt gab. Sofort versteifte sie sich, griff nach dem Dollbord, in der Hoffnung, Nikos würde sie wieder loslassen.
Doch er dachte nicht daran.
„Danke, aber es ist alles wieder in Ordnung“, versuchte sie ihn zu beruhigen.
„Konzentrieren Sie sich auf den Horizont, dann wird Ihnen nicht schlecht.“ Er beugte sich zu ihr, damit sie ihn trotz des lauten Motorengeräuschs verstehen konnte.
Mit zusammengebissenen Zähnen kam sie seinem Rat nach. In der Ferne ragte Sospiris dunkel vor ihnen auf. Langsam, viel zu langsam näherten sie sich der Insel. Seine Hand lag immer noch auf ihrem Rücken, doch sie versuchte, dem keine Beachtung zu schenken.
Aber es gelang ihr nicht, Nikos zu ignorieren, der einen Arm über das Dollbord gelegt hatte, noch seinen Duft, eine Mischung aus Metaxa, teurem Aftershave und Männlichkeit.
Die Überfahrt war ihr noch nie so lang erschienen.
Und Nikos an ihrer Seite fragte sich, ob er verrückt geworden sei.
Denn alles sprach dafür. Seit er am Abend erkannt hatte, dass er mit dem Feuer spielte, wusste er, was zu tun war. Er hatte die zufällige Anwesenheit von Elena Constantis nutzen wollen, um sich abzulenken, auch wenn er sie damit zum Narren hielt. Doch dass er sich auf die Suche nach Ann gemacht hatte, hatte ganz und gar nicht zu seinem Plan gehört. Und trotzdem hatte er genau das getan.
Ganz abgesehen davon, was er noch mit ihr tun wollte …
Er sollte nicht hier sein. Es war ein Fehler gewesen, die Taverne aufzusuchen, ein Fehler, sich den Männern beim Tanz anzuschließen.
Und er hätte sich nie erlauben dürfen, Ann Turner anzusehen, die den Blick nicht von ihm wenden konnte.
Trotzdem hatte er nicht widerstehen können. Warum nur? Weil er sie wollte, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
So einfach war das. Und so dumm.
Sicher, wenn er sie erst einmal besessen hatte, würde er sie am besten gegen sich aufbringen können, um sie dann so schnell wie möglich loszuwerden. Aber die Verführung musste von seiner Seite ausgehen, nicht umgekehrt. Er allein
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