Julia Extra Band 0303
wir nicht einfach noch mal ganz von vorn beginnen?“
„Wie Sie wünschen, Eure Lordschaft“, murmelte Kirsten steif und erntete dafür ein Stirnrunzeln.
„Fangen wir damit an, dass Sie den Titel weglassen. Mein Name ist Rowe.“
Ahnte er etwa, dass sie damit bewusst Abstand zwischen ihnen hatte halten wollen? „Okay … also Rowe.“
Er nickte zufrieden. „Aus Ihrer Reaktion schließe ich, dass Max Ihnen nicht gesagt hat, warum ich hier bin?“
Rowe sprach von seinem Cousin, dem Prinzen Maxim – Schlossbesitzer und Geschäftsführer der Merrisand - Stiftung in einer Person.
„Vielleicht wollte mich der Prinz anlässlich des wöchentlichen Meetings davon unterrichten, das allerdings erst morgen stattfindet“, mutmaßte Kirsten. „Ich springe momentan für Lea Landon, meine Chefin, ein.“
„Die mit der Wanderausstellung durch Europa tourt“, ergänzte Rowe, offensichtlich gut informiert. „Kein Wunder, dass Sie sich durch mein plötzliches Auftauchen überrumpelt fühlten, wenn Sie keine Ahnung davon hatten, dass ich Leas Büro besetze, bis sie wieder zurück ist.“
Das Pochen hinter Kirstens Stirn war der erste Vorbote einer Migräne. „ Sie übernehmen den Posten als Chef-Konservator während ihrer Abwesenheit?“
Rowe lächelte schief und schnitt eine Grimasse. „Das würde unter Garantie in einem Desaster enden. Was ich über die Merrisand-Sammlung weiß, ließe sich in zwei Sätzen zusammenfassen.“
Das bezweifelte sie zwar, war aber dennoch erleichtert, dass Rowe nicht ihr Boss sein würde. Nicht einmal vorübergehend! Sie konnte wirklich keine zusätzlichen Belastungen in ihrem Leben gebrauchen. „Ich verstehe nur nicht ganz, was das mit mir zu tun hat“, formulierte Kirsten vorsichtig.
Rowe lehnte sich vor und stützte die Hände auf die lederne Unterlage, die den antiken Schreibtisch schützte. „Meine Firma ist auf Event-Management spezialisiert. Dabei rede ich von großen Veranstaltungen.“
„Wie die Olympischen Spiele …“ Kirsten wollte wenigstens zeigen, dass sie nicht ganz uninformiert war, was seinen Hintergrund betraf. Und wenn er auch nur den Hauch einer Ahnung hätte, was sie noch von ihm wusste, wäre er sicher mehr als erstaunt.
„Exakt. Maxim ist der Ansicht, das Château Merrisand braucht einen großen Event, um mehr Geld für die Stiftung einzunehmen.“
„Ich dachte, der Stiftung geht es gut?“
„Es könnte besser sein. In der heutigen Zeit wachsen die Anfragen um Unterstützung an Stiftungen wie Merrisand stetig. Die Einnahmen aus den Schlossführungen, Spendensammelaktionen und Wanderausstellungen mit Exponaten aus Château Merrisand können den Bedarf allein nicht mehr befriedigen. Sollte nicht schnellstens eine neue Einnahmequelle gefunden werden, müssen wir Hilfsleistungen einschränken oder ganz verweigern.“
Die Aussicht, bedürftige Menschen eines Tages womöglich abweisen zu müssen, war wirklich alarmierend. Bisher hatte Kirsten geglaubt, der Schlossbetrieb bringe mehr als genügend Geld für den Wohltätigkeitsfonds ein.
„Davon hatte ich keine Ahnung.“
Rowe warf ihr einen scharfen Blick zu. „Niemand weiß davon, also behalten Sie es bitte für sich. So ironisch sich das anhören mag, aber Menschen sind schneller bereit, eine erfolgreiche Institution mit Spenden zu unterstützen als ein angeschlagenes Unternehmen.“
„Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg selbst“, zitierte Kirsten, und Rowe neigte zustimmend den Kopf.
„Absolut. Allerdings ist Château Merrisand noch längst nicht am Ende. Maxim ist nur klug genug, rechtzeitig den Kurs zu wechseln, ehe es zu einem Engpass kommen könnte.“
„Und an was für einen Event hat er in diesem Zusammenhang gedacht?“
„Die Entscheidung überlässt er allein mir. Und ich habe mich für ein Radrennen entschieden. Die Tour de Merrisand – ein Rundkurs um den Schlossgrund. Allein die Fernsehrechte werden Millionen für die Stiftung bringen.“
Die Vorstellung, dass eine Horde von Radfahrern um oder sogar über den wundervollen Grund und Boden preschten, der zum Schloss gehörte, ließ sie innerlich schaudern. Aber lange nicht so, wie die Erinnerung an ihre lebenslustige jüngere Schwester, die am Rand der Formel-1-Strecke von einem fliegenden Autoreifen tödlich getroffen wurde. Mit diesem Teil von Rowes Leben wollte Kirsten nichts zu tun haben.
„Das kann nicht Ihr Ernst sein“, sagte sie heiser. Ihre Stimme bebte vor unterdrückten Emotionen.
„Warum nicht? Haben Sie
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