Julia Extra Band 0303
war, hatte er es einfach satt, überflüssige Energie in Beziehungen zu stecken, die doch zu nichts führten. Mit neunundzwanzig Jahren hatte er die Hoffnung fast aufgegeben, doch noch eine Frau zu finden, die er lieben und respektieren konnte, eine befriedigende Ehe zu führen, Kinder zu bekommen … eben das volle Programm.
Nicht, dass er sich vorgenommen hatte, für den Rest seines Lebens im Zölibat zu leben! Jede zukünftige Beziehung würde eine rein physische sein. Ein Deal zur Befriedigung der körperlichen Gelüste, zum Nutzen beider Parteien. Glücklicherweise gab es gerade innerhalb der emanzipierten und erfolgsorientierten Weiblichkeit eine Menge aufgeklärte, intelligente und weltgewandte Vertreterinnen, die genauso dachten wie er.
Und wer weiß … vielleicht würde er auf dem Weg eines Tages sogar doch noch seiner Seelenverwandten begegnen. Bekam man nicht oft das, was man sich am brennendsten wünschte, genau dann, wenn man es am wenigsten erwartete?
Wie er von Kirsten Bond ausgerechnet auf dieses Thema gekommen war, konnte Rowe sich selbst nicht erklären. Eingedenk der Erbarmungslosigkeit, mit der sie ihn den Wölfen zum Fraß vorgeworfen hatte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, schien sie ihm keine große Sympathie entgegenzubringen. Und erst recht nicht in die Kategorie einer Seelenverwandten zu gehören. Warum also mit ihr Zeit vertrödeln?
Weil sie ihn reizte! Ihn beunruhigte, provozierte und herausforderte. Deshalb!
Es lag nicht nur an ihrer spürbaren Energie. Auch ihr überwältigendes Selbstbewusstsein ließ einen vergessen, dass Kirsten Bond nicht mehr als eine kleine Angestellte des Château Merrisand war.
Sein Titel schien sie jedenfalls kein bisschen zu beeindrucken. Während er sich mit der Touristengruppe abquälte, war er überrascht gewesen festzustellen, dass er ihre Indifferenz, oder besser gesagt die gelinde Unverschämtheit, ihn in die Rolle eines Fremdenführers zu drängen, sogar als eine angenehme Abwechslung zur Anhimmelei ihrer Geschlechtsgenossinnen empfand. Und dabei war ihm durchaus bewusst, dass sie ihm nur in einen kleinen Winkel ihrer Persönlichkeit Einblick gegeben hatte.
Wenn er seine erwachte Neugierde befriedigen wollte, gab es wohl nur einen Weg, um herauszufinden, ob noch mehr Überraschendes hinter der spröden Fassade von Kirsten Bond steckte: Er musste sie näher kennenlernen …
Auf dem großen Schreibtisch stand ein eleganter Laptop. Rowe zog ihn zu sich heran und rief die interne Personaldatei auf. Nachdem er das Passwort eingegeben hatte, dauerte es nur Sekunden, bis Kirstens Datei auf dem Monitor erschien. Auf dem Bewerbungsfoto sah sie jünger aus und trug auch das rote Haar kürzer als heute. Es umrahmte das zarte Gesicht wie ein feuriger Heiligenschein. Sie wirkte unglaublich frisch und anziehend. Und irgendwie … unschuldig. Unberührt von den Verlockungen der Welt. Ein absoluter Kontrast zu den Frauen, mit denen er es für gewöhnlich zu tun hatte.
Rowe überflog ihre Personalakte und hielt automatisch den Atem an, als er bei der Zeile landete, die besagte, dass Kirsten Bond Mutter eines sechsjährigen Jungen sei.
Die Enttäuschung, die er bei der Vorstellung, sie könne verheiratet sein, empfand, überraschte Rowe nicht nur, sie ärgerte ihn. Was gingen ihn die Lebensumstände einer kleinen Angestellten an, die er heute zum ersten Mal sah?
Und wieso war er nicht gleich auf den Gedanken gekommen, dass es einen Mr. Bond geben könnte? Der Akte nach war Kirsten siebenundzwanzig … sah nicht übel aus, also …?
Mit zusammengezogenen Brauen suchte er nach weiteren Indizien und wunderte sich über seine wachsende Aggression gegenüber einem Mann, von dem er bis dato nie etwas gehört oder gar gesehen hatte. Dabei sollte er doch froh darüber sein, dass Kirsten in festen Händen war. Wenigstens ersparte es ihm, darüber nachzugrübeln, welche Rolle diese beunruhigende Frau wohl in seinem Leben spielen könnte!
Doch schon in der nächsten Sekunde machte sein Herz einen unerwarteten Satz, als er in der Sparte für den Familienstand das Wort alleinstehend entdeckte.
Nicht verwitwet. Nicht geschieden.
Laut seinen Unterlagen war Kirsten Bond in Carramer geboren. Und hier, in diesem traumhaft schönen, aber sehr traditionellen und konservativen Inselstaat inmitten des Pazifiks, unweit der australischen Küste, war Scheidung immer noch nicht legalisiert. Also war der hübsche Rotschopf eine unverheiratete Mutter.
Rowe lehnte sich in
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