Julia Extra Band 0313
ihr wie knorrige Finger, und bei Dunkelheit strahlte der Regenwald eine ganz andere Energie aus, war mysteriös, bedrohlich, gefährlich. Das Rascheln im Dickicht jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Da war etwas. Es beobachtete sie …
„Allegra!“
Sie konnte Miguels Schatten auf der Veranda ausmachen. „Ich komme!“
„Nicht rennen!“ Es war ein Befehl, der nur Gehorsam zuließ.
Innerhalb von Augenblicken hallte das Dröhnen eines Motors auf. Die Lichtkegel des Jeeps kamen auf sie zu. Allegra ging dem Licht mit gemäßigten Schritten entgegen, den Rücken stocksteif durchgedrückt, das Herz vor Erleichterung pochend. Alles war gut. Sie mussten einfach irgendwie aneinander vorbeigelaufen sein.
Der Jeep bremste neben ihr ab. „Steig ein!“, orderte Miguel harsch an.
Sie würde bestimmt nicht widersprechen. „Danke. Die hereinbrechende Dunkelheit hat mich überrascht. Ich dachte, du wolltest schwimmen gehen?“
Er legte den Gang ein und brauste los. „Das war ich auch. Aber ich weiß etwas Besseres, als bei Dunkelheit dort unten zu bleiben. Die Gegend hier ist sehr viel unberührter als bei Hazienda Primero. Hier laufen noch Jaguare und Pumas durch den Dschungel, immer auf der Suche nach einer leicht zu ergatternden Mahlzeit.“
Sobald sie den ersten Schrecken verdaut hatte, explodierte der Ärger in ihr. „Und hierher wolltest du unsere Tochter bringen?!“
„Sie wäre beaufsichtigt worden, jede Minute.“
„Hast du vergessen, dass es der Leibwächter war, der meinen Wagen gerammt hat?“
„Nein.“ Die schwachen Lichter des Armaturenbretts ließen sein Profil hart und unnachgiebig wirken. „Nur damit du es weißt … ich habe die Suche nach Amando Riveras in Auftrag gegeben. Sobald man ihn findet, wird man ihn herbringen und den zuständigen Behörden übergeben.“
„Er hat verdient, was ihn dann erwartet.“ Wäre Riveras nicht gewesen, lebte ihre Tochter noch. Und sie könnte noch mehr Kinder bekommen. Allegra blinzelte die Tränen zurück.
„Komm“, sagte er sanfter, öffnete die Tür auf ihrer Seite und bot ihr seine Hand.
Einen Herzschlag lang zögerte sie, bevor sie ihre Hand in seine legte. Hitze schoss ihren Arm empor, und das intensive Gefühl vonVerbundenheit ließ ihr Blut rauschen.
„Ich habe etwas zu essen für uns vorbereitet“, sagte sie auf dem Weg ins Haus.
„Ich habe Hunger, aber nicht auf Essen.“
Die Leidenschaft loderte zwischen ihnen, reizte ihre Sinne und ließ das Verlangen aufflammen. Noch immer gingen sie über die ernsten Punkte hinweg. Doch vielleicht war es besser so, denn die Sprache ihrer Körper war wesentlich deutlicher.
Mit dem Daumen streichelte Miguel über ihren Handrücken, dann zog er sie an sich und küsste sie voller Begierde.
Gegen alle Vernunft und Skepsis gab Allegra sich ihm hin. Sie liebte diesen Mann und würde ihn immer lieben. Selbst wenn er sie verletzte, selbst wenn er sie nur für seine körperliche Erfüllung brauchte.
Doch sich das einzugestehen, zerriss ihr das Herz, und dennoch brauchte sie ihn so sehr wie den nächsten Atemzug.
Er presste sie an sich, und seine Augen glühten vor Verlangen, aber da lag noch eine andere Emotion in seinem Blick, die sie nicht bestimmen konnte.
Der Kuss ließ sie bebend zurück. Wie gern wäre sie seine liebende Ehefrau, für die Ewigkeit, wenn er ihr nur glauben wollte. Doch solange er sie aus seinem Leben ausschloss und ihr nicht vertraute, würde ihre Ehe niemals funktionieren.
Allegra wand sich aus seinen Armen und ging zu dem offenen Kamin, der ebenso kalt dalag wie ihre Hoffnungen und Träume.
„Hast du es dir anders überlegt?“ Miguel kam zu ihr und stellte sich hinter sie, ohne sie zu berühren.
Die Hitze, die von ihm ausging, verbrannte sie dennoch. „Nein.“ Sie drehte sich zu ihm um. „Ich will nur sicher sein, dass ich für das Risiko, das wir eingehen, vorbereitet bin.“
„ Estupendo !“ Er griff in eine der mitgebrachten Tüten und warf eine Schachtel auf das Sofa. „Das sollte deine Ängste beruhigen.“
Sie starrte auf die Packung Kondome und hätte fast bitter aufgelacht. Welch grausiger Scherz! Längst konnte sie die Nächte nicht mehr zählen, in denen sie sich in den Schlaf geweint hatte. Verzweifelt, weil sie ihre geliebte Tochter verloren hatte, hoffnungslos, weil sie nie wieder Kinder würde bekommen können. „Ich habe es dir schon gesagt. Durch den Unfall kann ich keine Kinder mehr bekommen.“
Miguel steckte die Hände in die Taschen,
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