Julia Extra Band 0313
ruhig sagen. Ich bin ja froh, dass du deine Gefühle überhaupt zum Ausdruck bringst. Konfrontation ist tausendmal besser als Rückzug.“
Verzweifelt schloss sie die Augen. „Aber ich mag keine Konfrontation. Außerdem bin ich nicht hergekommen, um mich mit dir zu streiten.“
„Das glaube ich dir aufs Wort.“ Nachdenklich betrachtete er sein Glas. „Du redest nicht über deine Probleme, oder? Du warst auch nie bereit, unsere Beziehungsprobleme zu lösen. Es ist ja viel einfacher, davonzulaufen, wenn sie auftauchen.“
„Wie kannst du so etwas behaupten? Du warst es doch, der …“ Weil sie es nicht ertragen konnte, es auszusprechen, verstummte sie.
„Der was?“, fragte er lauernd. „Sag mir endlich, was du mir eigentlich vorwirfst, Millie!“
„Das weißt du ganz genau. Aber ich bin nicht hier, um darüber zu reden. Du bist ein … ein …“
Verwundert stellte er fest, dass sie völlig außer Atem war.
„Wann lernst du endlich, einen Satz zu beenden, agape mou ?“, erkundigte er sich gelangweilt und ohne eine Spur von Mitleid. Warum sollte er Mitleid mit ihr haben? Er hatte ihr eine einmalige Chance gegeben. Und was tat sie? Sie verließ ihn bei der erstbesten Gelegenheit! „Du hältst mich also für kalt und herzlos? Das wolltest du doch sagen.“
„Ich wünschte, wir wären uns nie begegnet.“
„Das ist kindisch.“ Er gähnte unterdrückt.
„Unsere Beziehung war ein Desaster“, fuhr sie fort.
„Das stimmt nicht. Anfangs warst du eine Offenbarung im Bett. Außerdem fand ich es sehr amüsant, dass du ständig das falsche Wort zur falschen Zeit gesagt hast.“
„Ich habe nur die Wahrheit gesagt.“ Wütend funkelte sie ihn an. „Dazu hat man mich erzogen. Wenn jemand sagt: ‚Freut mich, Sie zu sehen‘, dann meint er das auch so. In deinen Kreisen ist das nur eine Floskel und keineswegs ernst gemeint. Die Leute küssen sich, obwohl sie einander nicht ausstehen können.“
„Das ist eine ganz normale Begrüßung.“
„Und so oberflächlich wie alles in deiner Welt.“ Jetzt sprang sie vom Bett und kam auf ihn zu. „Und genauso oberflächlich wie unsere Beziehung. Du wirfst mir vor, dich verlassen zu haben. Aber was hätte ich deiner Meinung nach denn tun sollen? Hast du gedacht, ich würde einfach wegschauen? Vielleicht tun das die Frauen in deinen Kreisen. Aber mir war unsere Ehe wichtig – bis du mit einer anderen Frau geschlafen hast. Allerdings nicht mit irgendeiner Frau, sondern ausgerechnet mit meiner Schwester.“ Vor Wut und Verzweiflung hatte sich ihr Gesicht gerötet.
„Beruhige dich, Millie.“
„Warum denn? Dir ist doch egal, was mit mir passiert.“ Schützend legte sie die Arme um sich und sah ihm in die Augen.
Sie hat wirklich Mut, dachte Leandro bewundernd. So kannte er sie gar nicht. Er war richtig beeindruckt von seiner Frau.
Geistesabwesend trank er einen Schluck und dann noch einen, bis das Glas leer war.
„Es wundert mich, dass du überhaupt zurückgekommen bist.“
Erschöpft setzte Millie sich auf die Bettkante – müde, durchnässt und ratlos. „Das zeigt nur, dass du mich noch weniger kennst, als ich dachte.“
„Ich kenne dich überhaupt nicht, Millie.“ Ihre ganze Ehe war nur eine Illusion gewesen.
„Woran das wohl liegt? Du hast dir überhaupt keine Mühe gegeben, mich näher kennenzulernen, weil du nur an Sex interessiert bist. Wahrscheinlich hat dich an mir gereizt, dass ich anders bin – ein Mädchen vom Land, das auf dem Bauernhof seiner Eltern arbeitet. Aber der Reiz des Neuen war schnell verflogen. Du wolltest, dass ich in deine Welt passe. Aber das funktionierte natürlich nicht.“
Interessiert stellte Leandro fest, dass ihre Wut langsam verflog. Millies Blick glitt über seinen nackten Oberkörper, bevor sie Leandro wieder in die Augen sah. Es war, als hätte jemand ein Feuer zwischen ihnen entfacht, bis sie sich mit einem Seufzen abwandte. „Wage es ja nicht, Leandro“, warnte sie ihn. „Du tust gerade so, als hätte sich nichts zwischen uns geändert.“
„Wieso? Du hast doch mich angesehen“, antwortete er mit Unschuldsmiene.
„Wundert dich das? Du bist halb nackt.“
„Stört dich das?“
„Nein. Ich empfinde nichts mehr für dich.“
„Das ist eine glatte Lüge. Dein Problem besteht darin, dass du dich zu einem schlimmen Jungen hingezogen fühlst, und das geht natürlich nicht.“
„Ich bin nicht deinetwegen hier.“
„Natürlich nicht.“ Er sah, wie sie zurückzuckte. „Du bist ja nicht daran
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