Julia Extra Band 0315
Benutzt du etwa Sex, um mich zu manipulieren?“
Damit schockierte sie Amir zutiefst. „Denkst du wirklich, ich wäre zu so etwas fähig?“
„Du bist bekannt für deine Skrupellosigkeit, wenn du etwas erreichen willst.“
„Ich habe keine derartigen Hintergedanken.“ Obwohl sie ihn damit auf eine Idee gebracht hatte. Wenn sie so oder so ging, entfiel damit der entscheidende Hinderungsgrund für ein erotisches Intermezzo, der ihn bisher aufgehalten hatte.
Misstrauisch musterte sie ihn. „Ich werde nicht als deine Geliebte herhalten, während du heiratest. Du hast gesagt, du wirst treu sein, weißt du nicht mehr?“
„Ich habe nie gesagt, dass ich als verheirateter Mann eine Affäre haben werde. Du jedoch bist der Ansicht, dass ich schon jetzt nicht mit anderen Frauen gesehen werden sollte. Aber niemand wird sich etwas dabei denken, wenn wir zusammen gesehen werden.
„Ach, ich bin also nur eine bequeme Lösung?“
Was wollte sie denn von ihm? Kam da etwa wieder die romantische Ader zum Vorschein? „Musst du unbedingt jedes Wort auf die Goldwaage legen? Warum nimmst du nicht an, was ich dir biete? Es wird uns beide glücklich machen.“
Sie fragte nicht einmal nach, was genau er ihr anbot. Stattdessen kam ein Wort über ihre Lippen, das er niemals von ihr erwartet hätte. Dann wirbelte sie auf dem Absatz herum und stürmte aus seinem Büro, eingeschnappt wie die typische Frau und so ganz und gar nicht wie die kompetente und sachliche Assistentin, die in fünf Jahren keine einzige Verabredung gehabt hatte.
Amir fluchte. Was war hier gerade eigentlich passiert? Im einen Moment küsste er Grace – endlich! –, und im nächsten schleuderte sie ihm Vorwürfe ins Gesicht und stürmte aus dem Raum. Zugegeben, einen Teil der Schuld trug er selbst. Er hatte die Worte nicht so gemeint, wie sie sich angehört hatten. Aber verdammt, sie wollte ihn verlassen! Daher war mit Sicherheit etwas von seinem Ärger zum Ausdruck gekommen. Und sie war gegangen.
Eines stand fest – so leicht würde er Grace nicht gehen lassen. Nein, er würde sie überhaupt nicht gehen lassen!
Wütend lief Grace in ihr Zimmer. Sie hatte das Bedürfnis, etwas gegen die Wand zu schleudern, aber es war nicht ihr Zimmer, und sie konnte es sich nicht leisten, auch nur das kleinste Teil hier zu ersetzen. Außer vielleicht ihren Wecker. Sie packte den Reisewecker und holte mit aller Macht aus.
Das Knirschen des Plastiks befriedigte sie enorm. Leider nur für einen kurzen Moment.
Frustriert warf sie sich aufs Bett. Und dann kamen die Tränen. Sie strömten ihr übers Gesicht und wollten einfach nicht aufhören. Grace weinte über Amirs brutale Worte und um ihre seit Jahren unerwiderte Liebe. Sie weinte über eine Zukunft ohne den Mann, den sie am liebsten schlagen würde, den sie aber noch immer entgegen aller Vernunft liebte. Und sie weinte um die armselige Kreatur, die sie war. Amir war ihre ganze Welt, während sie nur einen winzigen Teil seiner Welt ausmachte. Grace war nur eine bequeme Lösung für ihn, jederzeit ersetzlich im und auch außerhalb des Büros.
Nein, das war ihm gegenüber nicht fair. Er hatte sie immer wie jemand Besonderen behandelt. Bei dem Gedanken flossen die Tränen prompt stärker.
Auch hatte er sie nicht geküsst wie ein Mann, der nur eine bequeme Lösung suchte. Sie hatte doch gespürt, mit welcher Anstrengung er sich zurückgehalten hatte. Vor allem aber hatte er ihren ersten Kuss zu all dem gemacht, was sie sich je erträumt hatte.
Und dann musste er alles mit seinen grausamen Worten ruinieren. Aber er war wütend gewesen. Viel wütender, als sie gedacht hätte. Und vielleicht auch ein wenig verletzt.
Ob er in seiner Wut Dinge gesagt hatte, die er gar nicht so meinte? Ginge es um jemand anderen, würde sie sich diese Frage nicht stellen. Aber Grace kannte Amir besser als irgendjemand sonst. Selbst wenn sie nicht seine beste Freundin war.
Aber er behauptete, dass sie es war.
Und dass er sie begehrte – sie, Grace Brown, durchschnittlich, dünn und unerfahren. So, wie es sich angehört hatte, begehrte er sie schon lange.
Sollte das wahr sein? Sie selbst glaubte, dass er sie nie angelogen hatte. Was wiederum bedeutete, dass sie ihm glauben konnte. Erstens: Er wollte sie. Zweitens: Er wollte sie schon lange. Drittens: Er wollte nicht, dass sie ging.
Nun, Letzteres glaubte sie unbesehen.
Ihr Blick fiel auf die Kopie der Ehefrauenliste, die sie behalten hatte. Warum, das konnte sie selbst nicht sagen. Ganz
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