Julia Extra Band 0315
plauderten sie zusammen, bis das Thema auf Amirs geplatzte Heirat kam.
„Ich war überrascht, dass die Prinzessin mit einem anderen Mann durchgebrannt ist, aber enttäuscht war ich nicht“, sagte Amir. „Ein Mann will sich seine Frau schließlich selbst aussuchen.“
„Eine Frau, die er lieben kann“, kam es zustimmend von Jade.
Aber Amir schüttelte den Kopf. „Hätte Vater sie nicht bestimmt, wäre ich durchaus zufrieden mit ihr gewesen. Ich bin nicht auf der Suche nach Liebe.“
Völlig entsetzt sah Jade ihn an. „Aber warum denn nicht? Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter. Du musst dich doch nicht mit einer Vernunftehe abfinden, nur weil du ein Scheich bist.“
„Liebe verlangt immer einen Preis, den zu zahlen ich nicht bereit bin“, lautete die nüchterne Antwort.
Jade warf einen kurzen mitfühlenden Blick auf Grace. „Das ist doch keine Art zu leben, Amir“, sagte sie dann. „Angst vor der Liebe zu haben.“
„Ich habe keine Angst. Ich bin nur nicht willig, einen Weg einzuschlagen, der mit Fallgruben nur so gespickt ist.“
„Da der Plan deines Vaters mit der Prinzessin ja nun verpufft ist, hast du doch genügend Zeit, um es dir noch einmal zu überlegen“, ließ Jade nicht locker.
Amir erwiderte nichts, doch Grace kannte die Wahrheit. Er würde nicht abwarten, bis sein Vater den nächsten Schritt unternahm. Die Liste war fertig, sie selbst hatte sie zusammengestellt, genau wie den Plan für die Werbung.
Ihr Boss würde beeindruckt sein. Grace selbst war beeindruckt. Fast tat es ihr leid, dass sie nicht miterleben würde, wie er den Plan umsetzte. Aber nur fast.
Es war an der Zeit, die Qualen zu beenden. Und sie war die Einzige, die das tun konnte.
Am Montag flogen sie frühmorgens nach Zorha zurück, um pünktlich zu dem Meeting mit einer Investorengruppe zu erscheinen. Amirs Vater nahm ebenfalls daran teil, was Amir in beste Stimmung versetzte. Grace hatte beschlossen, bis nach dem Meeting zu warten, bevor sie Amir ihre Liste überreichte … zusammen mit dem anderen Brief, den sie in aller Frühe noch ausgedruckt hatte.
Das mochte zwar feige sein, aber … warum sollte sie ihm die Laune vor einer wichtigen Sitzung verderben? Ihr blieb immer noch genügend Zeit, um ihn über ihre Entscheidung zu informieren.
Amir wartete in seinem Arbeitszimmer im Palast auf Grace. Sie hatte ihm mitgeteilt, dass sie etwas mit ihm besprechen wollte. Wahrscheinlich wollte sie ihm die Liste mit den Heiratskandidatinnen überreichen. Er hatte die gleiche souveräne Gefasstheit wie heute schon oft an Grace gesehen, und zwar immer dann, wenn sie ein schwieriges Projekt abgeschlossen hatte. Dass sie ihm ihre Arbeit heute schon präsentieren wollte, anstatt zu warten, bis sie zurück in New York waren, verstand er durchaus. Was er nicht verstand, war sein Unmut darüber. Was er in Griechenland zu seinem Bruder und Jade gesagt hatte, war sein voller Ernst. Er hatte nicht das geringste Interesse an der Liebe. Nie wieder wollte er so verletzlich sein wie damals mit Yasmine.
Noch heute wühlte es ihn auf, wenn er daran zurückdachte, wie viel er verloren hatte. Fast hätte er sich selbst verloren. Schlimm genug, dass er mit Blick auf seine Familie verletzlich war, ja sogar mit Blick auf Grace. Darum würde er sich auch nicht auf eine Frau einlassen, bei deren Verlust er sich wieder fühlen würde, als hätte er das eigene Leben verloren. Auf der einen Seite bewunderte er seinen Bruder für so viel Mut, auf der anderen Seite empfand er Mitleid mit Khalil und dessen naiven Glauben, die Freude jetzt wäre den Schmerz später wert.
Nach einem einzelnen leisen Klopfen an der Tür betrat Grace den Raum. Sie wirkte unendlich ernst, in den grünbraunen Augen hinter der Brille war ihre strenge Konzentration zu sehen, die Amir sagte, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. Und entgegen aller Logik wusste er plötzlich, dass er von diesem Thema jetzt nichts hören wollte. Wenn sie wieder in New York waren, reichte es immer noch.
Stumm legte sie eine Mappe auf seinen Schreibtisch, und er musste an sich halten, um sie nicht davon abzuhalten.
„Ich nehme an, das ist das Projekt, das du übernommen hast, bevor wir abgeflogen sind?“
„Ja. Ich denke, du wirst mit den Ergebnissen zufrieden sein.“
„Da bin ich sicher. Deine Arbeit ist immer ausgezeichnet.“
„Danke.“
Was sollte dieser seltsame Tonfall? Den hatte er noch nie bei ihr gehört. „Ich werde es mir ansehen. Wir besprechen alles, wenn wir
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