Julia Extra Band 0318
Hause waren, hat das Telefon geklingelt. Es war für mich. Der einzige Mensch, der mich sonst anruft, ist meine Mom. Darum war ich total überrascht, als es Mary Kay Narsunchuk war. Sie hat gesagt, dass es im Planetarium eine neue Planetenshow gibt und gefragt, ob ich mitkommen will.
„Und wieso fragst du mich?“, hab ich erst mal gefragt, ganz uninteressiert natürlich.
„Weil du irgendwie cool bist“, hat sie gesagt. Das hat mich total gefreut! Dann hat sie noch gesagt, dass sie es gut fand, wie ich den Frosch vor Casper beschützt habe, auch wenn sie Frösche eigentlich eklig findet.
Sie kann Casper nicht leiden – da haben wir etwas gemeinsam.
Sie und ihre Mom haben mich dann hier abgeholt und wir sind zum Planetarium gefahren. Wir haben uns darüber unterhalten, was ich heute gemacht habe, und ich habe von dem Baumhaus erzählt, das wir für Miss Maple bauen. „Das ist das Coolste, was ich je gehört habe!“, hat sie gesagt – echt!
Als wir auf unseren Plätzen saßen und das Licht ausging, hat Mary Kay plötzlich meine Hand genommen. Komisch. Aber auch schön. Dann sind die Sterne angegangen. Das sah aus, als würde jemand mit kleinen leuchtenden Diamanten durch schwarzen Samt pieksen. Es war wirklich toll.
Zum ersten Mal, seit Kyle bei ihm wohnte, hatte Ben Anderson einen Abend nur für sich. Als er zusah, wie Kyle in den teuren Geländewagen stieg, überfiel ihn fast eine Art Freiheitsrausch.
Er horchte – kein regelmäßiges Bassdröhnen aus Kyles Zimmer.
„Ich könnte mir einen Film ausleihen, mit nicht-jugendfreier Sprache und richtig viel Action“, sagte er laut zu sich selbst. „Was für Männer.“ Wie zur Unterstreichung schlug er sich mit der Faust auf die Brust.
Obwohl er allein war, fand er sein Verhalten plötzlich peinlich. Das war diese Miss Maple! Er konnte sie förmlich vor sich sehen, wie sie ihre hübschen Augen verdrehte.
„Die kann mich mal“, brummte er. „Ich rufe Samantha an.“ Aber noch auf dem Weg zum Telefon verging ihm beim Gedanken an einen Abend mit der dümmlichen Samantha die Lust, auch wenn sie hübsch war. Schon vor Miss Maple hatte er das Interesse an ihr verloren, aber jetzt, im Vergleich, fand er sie noch viel dämlicher als vorher.
„Okay“, sagte er, „dann eben Hillary.“ Aber Hillary hatte schon seit mindestens fünfundzwanzig Jahren keine Begeisterung mehr für irgendetwas empfunden, und ihm war ganz und gar nicht nach Zynismus zumute.
Pam? Nein. Nachdem er Miss Maples Lachen beim Ritt auf der wild gewordenen Walze gehört und ihre niedlich gekräuselte Nase dabei gesehen hatte, würde er Pams albernes Kichern unerträglich finden.
Ohne Kyle wirkte das Haus leer. Für einen Mann, dem man besser nicht einmal eine Topfpflanze zur Pflege anvertraute, hatte er die Rolle als Vormund erstaunlich gut angenommen.
Vielleicht war er reifer geworden. Ein besserer Mensch.
Aber diesen Gedanken verwarf er schnell wieder, als er an sein Verhalten am Nachmittag dachte. Nein, es gab wahrlich keinen Anlass, stolz auf sich zu sein.
Er hatte Miss Maple verletzt. Als er ihr erzählt hatte, dass Carly im Sterben lag und Beth ihre Hand so sanft auf seinen Arm gelegt hatte, hatte ihn plötzlich eine tiefe Traurigkeit erfasst und er hatte sich furchtbar verletzlich gefühlt.
Er hasste diese Gefühle, er hasste alle Gefühle! Gefühle entzogen sich jeglicher Beherrschung und kamen immer dann, wenn man sie am wenigsten brauchte.
Auch wenn ihm das Verdrängen seiner eigenen Gefühle nicht neu war – jemand anderen damit zu verletzen, war nicht in Ordnung.
Sie hatte ihn doch nur trösten wollen. Aber die Berührung ihrer Hand hatte in ihm ein Gefühl der Schwäche ausgelöst. Am liebsten hätte er seinen Kopf in ihren Schoß gelegt und geweint.
Kein Wunder, dass er so grob reagiert hatte! Ben Anderson und weinen? Keine Chance! Trotzdem war es kindisch von ihm gewesen, seine Stärke auf ihre Kosten wiederherzustellen.
„Sei ein Mann“, hatte er zu Kyle gesagt, als dieser versucht hatte, seine Schuld zu leugnen.
Jetzt war es an ihm, diesen Rat zu befolgen.
Ihm knurrte der Magen. Das brachte ihn auf eine Idee: Er würde eine Pizza besorgen und damit zu Beth fahren, um sich zu entschuldigen.
Kurz darauf kaufte er bei „Mama Marietta“ eine Riesenpizza mit drei Sorten Belag. Eine halbe Stunde später stand er damit vor Beths Haustür.
Sie öffnete die Innentür und blieb mit verschränkten Armen hinter der Fliegengittertür
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