Julia Extra Band 0319
nur um mehr zu erfahren über den neu erbauten Klinikkomplex. Sie hatte die Fahrt auf sich genommen, um eine wohlüberlegte Entscheidung für den einen oder den anderen Arbeitgeber zu treffen. Und nun stand sie hier, und auf dem Bildschirm hätte ebenso gut ein alberner Zeichentrickfilm laufen können – sie nahm nichts mehr um sich herum wahr außer dem Mann, der sie so sehr elektrisierte, als spüre sie seine Liebkosungen auf ihrer Haut. Die Dunkelheit hüllte sie ein, und sie wusste, ohne sich umzusehen, dass sein Blick auf ihr ruhte. Das Atmen fiel ihr schwer, und sie war sicher, dass ihre Knie versagt hätten, wenn sie nicht an der kühlen Wand lehnen würde.
Niemals zuvor hatte sie so etwas erlebt.
Paul, ihr Exfreund, hatte nicht einmal einen Bruchteil dieser Empfindung in ihr ausgelöst. Tatsächlich war dies ein Grund dafür gewesen, dass sie sich getrennt hatten. Noch nie war es Felicity gelungen, sich einem Mann ganz hinzugeben. Bisher hatte sie geglaubt, sie sei nicht fähig zu leidenschaftlichen Gefühlen. Und jetzt, hier in diesem dunklen Raum, spürte sie zum ersten Mal in ihrem Leben, was es hieß, jemanden zu begehren.
Sie musste verrückt sein.
Während sie auf den Bildschirm starrte und versuchte, sich zu konzentrieren, atmete Felicity tief durch. Gemeinsam mit Paul war sie bei einer Paarberatung gewesen und bei einem Psychologen, sie hatte alles versucht – doch sie konnte einfach nichts empfinden, wenn sie Sex mit ihm hatte.
Und plötzlich stand sie hier neben einem fremden Mann, wünschte sich, ihn zu küssen, und war berauscht allein von dem Gedanken, das Bett mit ihm zu teilen. Wie würde es sich anfühlen, ihm wirklich nahe zu sein, ihn zu berühren und zu lieben?
Noch während sie sich ganz ihren Träumen hingab, verließ er den Raum.
Nur der helle Lichtschein, der kurz durch die geöffnete Tür schien, verriet, dass er gegangen war. Endlich konnte Felicity wieder atmen. Sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Keine Sekunde zu früh endete der Vortrag, und das Licht ging an. Schnell suchte sie sich einen Platz und zwang sich, innerlich noch vollkommen verwirrt, zu einer unbeteiligt freundlichen Miene.
„Sie haben nicht viel verpasst“, sagte ihr Sitznachbar lächelnd, der sich als Liam Edwards vorstellte.
„Nur die erste Viertelstunde“, schwindelte Felicity, denn tatsächlich hatte sie von dem gesamten Vortrag nahezu nichts mitbekommen – dank des geheimnisvollen Unbekannten.
„Glück gehabt!“ Liam Edwards seufzte übertrieben auf. „Der Anfang war langweilig, es ging nur um die königliche Familie, König Zaraq und seine Söhne. Aber das Krankenhaus macht wirklich einen fantastischen Eindruck. Ich bin Pfleger und arbeite hier in London in der Notaufnahme“, fügte er hinzu. „Meine Freundin und ich sparen auf ein eigenes Haus. Es scheint, als ließe sich in Zaraq viel Geld verdienen. Was ist mit Ihnen?“
„Ich bin Hebamme.“ Das Lächeln auf Felicitys Gesicht war unecht. Sie wünschte, sie hätte sich nicht ausgerechnet einen Platz neben diesem Schwätzer ausgesucht. Erleichtert verfolgte sie, wie Noor auf die Bühne trat und den ersten Gast ankündigte, die Medizinprofessorin Judith Lansdon.
Zweifellos war der Vortrag spannend, dennoch ertappte sich Felicity dabei, dass ihre Gedanken ständig abschweiften.
„Nun noch ein paar Fakten über Zaraq, ehe ich auf das Krankenhaus zu sprechen komme“, sagte Judith Lansdon gerade. „Die Stadt Zaraqua mit der Klinik und der Universität liegt direkt am Meer. Die Insel hat einen eigenen Flughafen, ist ein hervorragender Wirtschaftsstandort und beliebt bei den Touristen. Zu dem Krankenhaus gehört eine eigene Wohnanlage mit Apartments und Häusern auf höchstem Standard. Hier werden auch Sie wohnen. Doch ehe Sie sich entscheiden, auf Zaraq zu arbeiten, beachten Sie unbedingt eines: Die Insel ist sehr aufgeschlossen, doch es gibt einige unumstößliche Regeln, an die Sie sich in dieser Monarchie unbedingt halten müssen. Diese Regeln stehen in der Broschüre, die jeder von Ihnen ausgehändigt bekommen hat. Lesen Sie sie gründlich durch. Wenn Sie nach Zaraq kommen, werden Sie nicht enttäuscht sein: Der König, Scheich Kaliq Zaraq, legt großen Wert auf eine hochwertige medizinische Versorgung.“
Felicitys fester Entschluss, die andere Stelle anzunehmen, begann immer mehr zu schwanken. Mehr und mehr war sie beeindruckt von der modernen Klinik, den gut ausgebildeten Ärzten und den Möglichkeiten, die sich ihr
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