Julia Extra Band 0325
heiraten. Du hast nie ein Wort darüber verloren, wie du dazu stehst, was du dabei fühlst. Aber du hast es ja nicht so mit Gefühlen, nicht wahr?“
„Melissa …“, knurrte er warnend.
„Ich bin noch nicht fertig.“ Sie ignorierte das goldene Glühen seiner Augen. „Du hast nicht einmal deinen Bruder gewarnt, dass du zu seinen Gunsten abdanken wolltest. Und natürlich hast du ihn auch nie gefragt, ob er die Position überhaupt haben will.“
Er erstarrte. „Was sagst du da? Hast du dich etwa in Spekulationen über meinen Bruder ergangen?“
„Ich habe nicht spekuliert“, schoss sie zurück. „Catherine hat’s mir gesagt.“ Die Worte waren heraus, bevor Melissa sie zurückhalten konnte.
„Catherine?“, hakte er ungläubig nach.
„Ja. Sie erwähnte Xavieros Verdacht, dass du etwas Drastisches tun könntest. Und unberechtigt war der Verdacht ja nicht, oder?“
„Du klatschst also mit der Prinzessin hinter meinem Rücken?!“
„Du tust es schon wieder!“, warf sie ihm vor. „Du enthauptest den Boten! Wir haben nicht geklatscht, wie du es nennst. Catherine erwähnte es nebenbei, als wir zusammen einkaufen waren. Dass sie beide sich Sorgen machten, du hättest vielleicht vor, abzudanken.“
„Und du hast das bestätigt?“
„Nein, natürlich nicht!“
„So natürlich ist das keineswegs!“, brauste er auf. „Warum hast du mir das nicht früher gesagt?“
„Vielleicht, weil ich keinen Sinn darin sah, da es ja doch nicht passieren würde? Vielleicht hatte ich auch einfach nur Angst, dass ich genau diese Reaktion von dir erhalten würde – selbstherrlich, überheblich …“
„Selbstherrlich?“, wiederholte er drohend.
„Nun, du hast nicht mit deinem Bruder gesprochen, oder? Bist schlicht davon ausgegangen, dass er die Position freudig übernimmt, die ihn in das Leben zwängt, das du so sehr verabscheust.“
Cristiano starrte schweigend über die Gärten hinaus, ohne wirklich etwas zu sehen. Ja, als Junge hatte Xaviero ihn wohl beneidet, schließlich war der Thronerbe immer etwas Besonderes. Und Cristiano hatte Xaviero die Freiheiten geneidet, die er als zukünftiger Regent nie haben würde. Beide hatten sich gewünscht, mit dem anderen den Platz zu tauschen. „Ja, für lange Jahre war es wohl so“, sagte er leise, mehr zu sich selbst. „Vor allem, als wir Kinder waren.“
„Und in letzter Zeit?“
In letzter Zeit … Cristiano wusste es nicht. Seit er die Regentschaft des Landes übernommen hatte, befand er sich in einer uneingeschränkten Machtstellung – und lebte in undurchdringlicher Einsamkeit. „Xaviero hat großartige Arbeit als mein Stellvertreter geleistet. Hätte ich mich nicht erholt, würde er das Land noch immer regieren. Meine Berater haben mir berichtet, dass er sich hervorragend in die Position eingefügt hat.“
Trotz der Gewitterwolke, die drohend über ihnen hing, wagte Melissa sich weiter vor. „Wäre es dann nicht besser gewesen, sich mit ihm zusammenzusetzen und darüber zu reden?“
Mit zusammengekniffenen Augen dachte er über ihre Frage nach. War es Arroganz gewesen, die ihn davon abgehalten hatte? Oder Stolz? Angst davor, dass sein Gedächtnisverlust bekannt und er somit angreifbar und verletzlich wurde? Cristiano studierte ihr Gesicht, sah den Eifer, mit dem sie versuchte, Dinge an die Oberfläche zu holen, trotz seiner mehrfachen Warnungen, es zu unterlassen. Er seufzte leise. Sie war eine gute Mutter und als Liebhaberin äußerst zufriedenstellend, auch hatte sie das Potenzial zu einer großartigen Fürstin. Allerdings gab ihr das keinen Freibrief, sich zu verhalten, als würde ihr Leben noch in England stattfinden. Sie musste begreifen, dass sie, wenn sie eine harmonische Ehe mit ihm führen wollte, sich an seine Regeln zu halten hatte. Regeln, die in seiner Familie existierten, seit seine Vorfahren dieses fruchtbare Stück Land im Mittelmeer erobert hatten.
Er stand auf. „Ich halte nichts von der neuartigen Angewohntheit, die Vergangenheit unter die Lupe zu nehmen. Ich denke, das sagte ich bereits während unserer Flitterwochen. Was vorbei ist, ist vorbei. Also belassen wir es dabei, ja? Ich möchte dich warnen, Melissa, das ist das letzte Mal. Ich werde dieses Thema nicht mehr aufkommen lassen, nur weil du deine Neugier befriedigen willst.“
Melissa zuckte zusammen, schockiert starrte sie ihren Ehemann an. Seine Miene war wie aus Stein gemeißelt, seine goldenen Augen blickten eiskalt. Eine ungute Ahnung kroch ihr über den Rücken,
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