Julia Extra Band 0327
bist.“
„Na und?“
„Diese Unterhaltung werde ich so nicht weiterführen“, sagte er bestimmt. „Ich gehe, damit du dich ausruhen kannst. Das Essen wird um halb neun serviert. Ich schlage vor, du bleibst in der Nähe der Villa, bis du dich mit der Umgebung hier besser vertraut gemacht hast. Sonst verläufst du dich noch.“
Als Javier gegangen war, presste Emelia verzweifelt ihre zitternden Hände gegen die Schläfen und wünschte sich inständig, irgendwie ihre Erinnerung an die letzten zwei Jahre zurückholen zu können.
Was für eine Ehefrau war sie gewesen, dass Javier ihr kein Vertrauen schenken konnte? Warum sah er sie ständig an, als wäre er zwischen Verlangen und Abscheu hin und her gerissen? Es musste doch irgendeine Erklärung für all das geben.
Javier ließ sich seinen andalusischen Hengst Gitano satteln und versuchte, bei einem Ausritt Klarheit in seine Gedanken zu bekommen. Das Gefühl des edlen Pferdes unter ihm, das im gestreckten Galopp durch die Felder preschte, lenkte ihn mit genau der notwendigen Portion Adrenalin von seinen Problemen ab.
Emelia in seinen Armen zu halten, während sie so verzweifelt weinte, war die Hölle gewesen. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sie jemals so viele Emotionen gezeigt hätte. Normalerweise war sie die Selbstkontrolle in Person. Aber ihr Körper war weich gegen seinen gesunken und hatte erotisierende Erinnerungen in Javier ausgelöst.
Es wäre ein Leichtes gewesen, sie auf das Bett zu werfen und wieder zu seiner Geliebten zu machen. Javiers Körper hatte mit jeder einzelnen Faser danach verlangt. Gleichzeitig widerte es Javier an, wie schwach Emelia ihn machte. Hatte er denn überhaupt nichts dazugelernt? Frauen konnte man nicht trauen, schon gar nicht seiner unloyalen Gattin!
Aber Javier konnte sich ihrer auch nicht entledigen, so wie er es sich eigentlich geschworen hatte, als er von der skandalösen Affäre erfuhr. Ihm waren die Hände gebunden. Schließlich hätte die Öffentlichkeit wenig Verständnis dafür, wenn er seine traumatisierte Ehefrau einfach vor die Tür setzte, ganz gleich, aus welchem Grund.
Andererseits gab es auch Vorteile, Emelia dicht an seiner Seite zu haben. Immerhin begehrte er sie noch, und ihr Körper reagierte auf Javiers Berührungen genauso heftig, wie er es von der ersten Minute an getan hatte.
Also würde Javier seiner Frau erst den Laufpass geben, wenn diese wieder mit beiden Beinen fest im Leben stand. Die Scheidung sollte dann zügig und endgültig durchgeführt werden, denn nach dem Skandal, den Emelia verursacht hatte, wollte Javier sie um jeden Preis loswerden. Die Presse vergaß so etwas, sobald neue Geschichten in den Vordergrund traten – aber er nicht!
Von der Kuppe eines Hügels aus ließ er seinen Blick über das Land schweifen. Graugrüne Olivenhaine und fruchtbare Felder, auf denen Zitronen und Mandeln angebaut wurden. All die Opfer, die er für diesen Besitz bringen musste … die Spielleidenschaft und Misswirtschaft seines Vaters hatte Javier sehr viel Lehrgeld gekostet. Und er hatte das alles nicht für sich, sondern in erster Linie für Izabella getan. Javier hatte sichergehen wollen, dass die Ländereien nicht der gierigen Witwe seines Vaters in die Hände fielen.
Der Hengst schnaubte laut und scharrte mit dem Vorderhuf. Beruhigend sprach Javier in seiner Muttersprache auf das Tier ein. Dann lenkte er ihn um die eigene Achse und preschte zurück zu seiner Ehefrau – voller Erwartung …
In der Villa machte Emelia sich auf einen Rundgang durch ihr neues, altes Zuhause. Die meisten der Räume waren für ihren Geschmack viel zu steif eingerichtet, trotzdem war nicht zu übersehen, wie viel Geld für die Ausstattung ausgegeben worden war.
Das Gebäude selbst war augenscheinlich ziemlich alt, aber in einem hervorragenden Zustand. Allerdings fiel es Emelia schwer, sich vorzustellen, wie sich ein kleines Kind in diesem Gemäuer geborgen fühlen sollte. War Javier hier aufgewachsen? Es gab so vieles, was sie nicht über ihn wusste. Oder nicht mehr über ihn wusste …
Schließlich landete sie in der Bibliothek, die offenbar gleichzeitig als Arbeitszimmer diente. Die gerahmten Fotografien, die neben einem Laptop auf dem Schreibtisch standen, zogen sie magisch an. Das erste Bild, das Emelia in die Hände nahm, zeigte sie selbst, liegend auf einer Decke unter einem Olivenbaum. Im Sonnenlicht glänzten goldene Strähnen in ihren honigblonden Haaren, und ihre graublauen Augen leuchteten
Weitere Kostenlose Bücher