Julia Extra Band 0331
würde.
In dem weißen Morgenmantel, der an Kragen und Ärmelaufschlägen mit pinkfarbenen Rosenknospen bestickt war, strahlte sie eine Unschuld und Reinheit aus, die Rodrigo plötzlich um den Optimismus und die Fröhlichkeit seiner Jugend trauern ließ. Um eine Zeit, in der seine leidenschaftliche Jagd nach Erfolg noch nicht jedes Quäntchen unbeschwerter Lebensfreude aus ihm herausgesaugt hatte und das vage Gefühl, das etwas nicht stimmte, noch nicht sein ständiger Begleiter gewesen war.
Um sich von dem plötzlichen Druck in der Herzgegend zu befreien, rieb Rodrigo sich mit kreisenden Bewegungen die Brust. Dabei ruhte sein Blick bewundernd auf Jennys goldblonden Locken. Sie waren noch etwas feucht und ringelten sich so verführerisch um ihre Schultern, als wollten sie ihn dazu einladen, mit ihnen zu spielen, wie er es früher so gern getan hatte.
„Ich mache uns eine heiße Schokolade“, verkündete sie, während sie mit einem Schneebesen Kakaopulver in die Milch einrührte. „Es ist dir doch recht, oder?“
„Mehr als das.“ Rodrigo räusperte sich, um seine Stimme wieder klar zu bekommen. „Für einen Abend wie diesen könnte ich mir keinen perfekteren Abschluss vorstellen.“
Du Lügner, spottete eine Stimme in seinem Kopf. Und wie zur Bekräftigung donnerte es draußen, als wäre das Ende der Welt gekommen. Er konnte sich leicht eine weit aufregendere Alternative vorstellen, aber das kam, wie Rodrigo sich erneut ermahnte, nicht infrage.
„Ich habe das Gefühl, das außer uns niemand im Haus ist.“ Er löste sich vom Türrahmen und ging zum Tisch. Ohne den Blick von ihrem schmalen Rücken zu lösen, zog er sich einen Stuhl heran und setzte sich. „Kann es sein, dass ich der einzige Gast bin?“
Für einen Moment hielt sie in der Bewegung inne. „Augenblicklich ja“, bestätigte sie. „Wie gesagt, um diese Zeit ist hier nicht viel los, was vermutlich bis Weihnachten so bleiben wird.“
„Wirst du dann immer noch hier sein und Lily zur Hand gehen?“
„Nein. Sobald sie wieder zurück ist, fahre ich wieder nach London zurück.“
„In das Haus, in dem du aufgewachsen bist.“
Jennys Schultern verspannten sich sichtlich. „Ja“, murmelte sie kaum hörbar.
„Irgendwie schade“, bemerkte Rodrigo nach kurzem Schweigen. „Du scheinst hier mehr zu Hause zu sein, als an jedem anderen Ort, an dem ich dich gesehen habe.“
„Tatsächlich?“ Sie wandte sich vom Herd ab und nahm zwei Steingutbecher aus einem der offenen Regale, wobei sie sorgfältig darauf achtete, nicht in seine Richtung zu schauen. „Und was vermittelt dir diesen Eindruck?“
„Die ländliche Umgebung steht dir. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie du abends vor deinem rosenumrankten Cottage den Sonnenuntergang genießt und der verführerische Duft von frisch gebackenem Kuchen durchs Haus zieht.“
„Und in diesem idyllischen kleinen Szenario bin ich ganz allein?“ Weiterhin darauf bedacht, jeden Blickkontakt mit ihm zu vermeiden, ging Jenny zum Herd zurück und goss die fertige Schokolade in die Becher.
„Keine Ahnung. Sag du es mir.“
„Du weißt, dass ich immer eine Familie wollte.“
„Ja.“ Er bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl. „Das weiß ich sehr gut.“
„Wohingegen du nie Kinder wolltest.“
„Richtig.“
„Dann war es nur gut für dich, dass unsere Ehe nicht funktioniert hat, oder?“ Endlich drehte sie sich zu ihm um und brachte die beiden Becher an den Tisch. Ein köstliches Aroma stieg von ihnen auf, doch es war der zarte Duft von Jennys Seife, den Rodrigo wahrnahm, als sie sich ihm gegenübersetzte. Er erinnerte ihn an unbeschwerte Sommertage und frisch gewaschenes Leinen, und wieder glomm dieses Feuer in ihm auf, das ihn lebendiger und intensiver empfinden ließ als seit Ewigkeiten.
Sie seufzte leise und sah ihn mit ihren klaren blauen Augen ruhig an. „Eines Tages wirst du einer Frau begegnen, die dir wirklich etwas bedeutet, Rodrigo, und dann wirst du deine Meinung über Kinder ändern.“
Er gab einen undefinierbaren Laut von sich. „Wohl kaum.“
„Wie kannst du dir so sicher sein?“
Ein unnachgiebiger Zug erschien um seine Lippen. „Weil ich genau weiß, was ich will und was nicht. Da gibt es weder Unklarheiten noch Überraschungen.“
Jenny umschloss ihren Becher mit beiden Händen, als wollte sie sich daran wärmen. „Es muss ein gutes Gefühl sein, immer genau zu wissen, dass man das Richtige tut.“
Interessiert beobachtete sie, wie die
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