Julia Extra Band 0331
Cornwall im Oktober absolut nicht nach meinem Geschmack.“
„Dann möge der Himmel verhüten, dass du länger leiden musst, als unbedingt nötig.“
Bevor Jenny sich von ihm abwenden konnte, hielt Rodrigo ihre Hand fest. „Wünschst du dir, dass ich leide, Jenny?“ Seine schlanken, kräftigen Finger, die ihre umschlossen, waren eiskalt, aber tief in seinen Augen glomm ein dunkles Feuer.
„Glaub mir, ich habe Wichtigeres zu tun, als meine Zeit mit solch albernen Wünschen zu vergeuden“, erwiderte sie kühl und entzog ihm rasch ihre Hand. „Zu deinem Zimmer geht es hier entlang.“
Sie führte ihn die Treppe hinauf zu dem Raum, der das Prunkstück des Hauses war. Was auch immer zwischen ihnen schiefgelaufen war – Rodrigo hatte einen exquisiten Geschmack, und sie wollte ihm keinen Grund liefern, an seiner Unterkunft herumzumäkeln.
Falls das Wetter sich bis dahin beruhigt hatte, würde ihn morgen früh ein spektakuläres Erlebnis erwarten. Der traumhafte Blick auf den Atlantik hatte noch jeden Gast, der hier logiert hatte, ins Schwärmen gebracht. Trotz ihrer zwiespältigen Gefühle hoffte Jenny, dass auch Rodrigo sich davon berühren lassen würde.
In diesem Augenblick bezweifelte sie es jedoch. Schweigend beobachtete sie, wie er flüchtig den Blick durch den Raum schweifen ließ und dann achtlos sein Gepäck auf dem handbestickten seidenen Bettüberwurf ablud. Etwas Gelangweiltes, Desillusioniertes ging von ihm aus, als hätte das Leben ihm nichts mehr zu bieten, was ihn noch beeindrucken konnte.
Jenny wusste, dass es albern war, aber dennoch empfand sie Rodrigos gleichgültige Reaktion als Kränkung. Lily hatte so viel Liebe in die Einrichtung dieses Zimmers gesteckt. Allein für die schweren Samtvorhänge und das antike Davenport-Bett mit dem handgeschnitzten Rahmen hatte sie einen großen Teil ihrer Ersparnisse geopfert. Jeder einzelne Gegenstand war sorgfältig ausgewählt worden, um eine entspannende, luxuriöse Atmosphäre zu schaffen und gleichzeitig den altmodischen englischen Charme zu erhalten, den die meisten Touristen erwarteten.
Nach dem schweren Autounfall, bei dem Lilys Schwester und deren Mann ums Leben gekommen waren, hatte Lily als nunmehr alleinige Eigentümerin von Raven Cottage beschlossen, das Haus zur schönsten und begehrtesten Pension der ganzen Grafschaft zu machen. Es war ihre Art gewesen, mit dem schrecklichen Verlust fertig zu werden, und als Innenarchitektin war es für Jenny Ehrensache gewesen, Lily als Beraterin zur Seite zu stehen.
Beim Hereinkommen hatte sie die kleinen antiken Lampen zu beiden Seiten des Bettes eingeschaltet, die den Raum in ein sanftes, bernsteinfarbenes Licht tauchten. Konnte es eine einladendere Zuflucht vor einem Unwetter wie diesem geben, fragte sich Jenny, während der Regen gegen die altmodischen Fenster prasselte. Ein weiterer ohrenbetäubender Donner erschütterte die Dachbalken. Aber wie es aussah, nahm ihr gleichgültiger Exmann es nicht einmal wahr.
„Wie kommt es überhaupt, dass du ein geschäftliches Treffen in Cornwall hast?“
Jenny gelang es zu ihrem eigenen Erstaunen, kühl und unbeteiligt zu klingen. Rodrigo Martinez – Multimillionär und Besitzer einer Kette von Wellness Hotels, die zu den exklusivsten der Welt gehörten – war der attraktivste Mann, dem sie je begegnet war. Sein männlich schönes Gesicht mit den ausdrucksvollen schwarzen Augen, sein perfekt proportionierter, durchtrainierter Körper und vor allem seine umwerfend sinnliche Ausstrahlung hatten sie von der ersten Sekunde an in den Bann gezogen.
Und wie Jenny in diesem Moment feststellte, war sie immer noch nicht immun gegen seinen Anblick.
„Ich eröffne ein neues Hotel in Penzance.“ Seine tiefe, leicht heisere Stimme mit dem sexy spanischen Akzent ließ sie von Kopf bis Fuß erschauern. „Den neuesten Marktforschungsergebnissen zufolge wird der Tourismus in dieser Gegend in den nächsten Jahren stark anziehen.“
„Und da willst du natürlich auch ein Stück vom Kuchen haben.“
Unbeeindruckt zuckte er die breiten Schultern. „Ich arbeite in der Hotelbranche, was erwartest du?“
Jenny presste die Lippen zusammen. „Dass du tust, was du immer getan hast, Rodrigo, weiter nichts. Wie du dich vielleicht erinnerst, habe ich schon vor langer Zeit gelernt, dass es dumm wäre, mehr von dir zu erwarten.“
„Und offenbar hegst du deswegen immer noch einen Groll auf mich.“ Er seufzte und fuhr sich mit beiden Händen durch das dichte, regennasse
Weitere Kostenlose Bücher