Julia Extra Band 0331
hatte.
Erschrocken über die Heftigkeit, mit der urplötzlich seine Libido erwachte, stieß Rodrigo scharf die Luft aus. Reiß dich gefälligst zusammen, befahl er sich verärgert. Jenny ist schon lange nicht mehr deine Frau, und außerdem ist sie immer noch stinkwütend auf dich
Und zwar aus gutem Grund …
Sie waren gerade ein Jahr verheiratet gewesen, als Rodrigo ihr eröffnete, dass er sich von ihr trennen wolle. Selbst jetzt noch fiel es ihm schwer zu glauben, dass er es gesagt und dann auch tatsächlich umgesetzt hatte. Er hatte Jenny geliebt und nie die Absicht gehabt, sie so tief zu verletzen, aber er war noch immer der Meinung, dass er die einzig richtige Entscheidung getroffen hatte.
Rodrigo konnte nicht leugnen, dass bei seinem spontanen Einfall, Lilys Pension aufzusuchen, die Hoffnung mitgespielt hatte, etwas Neues über Jenny zu erfahren. Allerdings hätte er nicht im Traum damit gerechnet, dass seine schöne Exfrau ihm höchstpersönlich die Tür öffnen würde.
Es war ein unglaubliches Gefühl gewesen, ihr plötzlich wieder gegenüberzustehen. All die Leidenschaft und Zärtlichkeit, die er einmal für sie empfunden hatte, waren plötzlich wieder da, als hätte nie etwas zwischen ihnen gestanden. Er wusste jedoch, dass es ein fataler Fehler wäre, auch nur den Versuch zu machen, ihr wieder näherzukommen. Es würde unweigerlich wieder in einem Desaster enden, und das konnte er Jenny nicht noch einmal antun.
Mit einem tiefen Seufzer, in dem sich seine Frustration und Anspannung entluden, streifte Rodrigo sich die nassen Sachen vom Körper und ging unter die Dusche.
„Gibt es hier im Haus einen Internetanschluss?“
„Was …?“ Sekundenlang konnte Jenny nur stumm Rodrigos fragenden Blick erwidern, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. „Sicher“, erwiderte sie, „aber die Verbindung ist leider nicht sehr stabil. Sie kommt und geht, besonders bei solchem Wetter.“
„Das hatte ich schon befürchtet.“
„Morgen ist das Gewitter sicher abgezogen, und dann klappt es bestimmt besser. Ich hoffe, du überlebst es, eine Nacht lang nicht arbeiten zu können.“
„Sehr witzig.“ Er verzog kurz die Mundwinkel und warf einen Blick zum Tisch, auf dem ein Becher mit dampfendem Kaffee und ein Teller ordentlich aufgestapelter Sandwiches standen. „Ist das für mich?“
„Ja. Setz dich hin und bedien dich. Ich nehme an, du trinkst deinen Kaffee noch mit Zucker? Ich habe jedenfalls zwei Stück hineingetan.“
„Es ist das einzige Vergnügen, dass ich zu sehr schätze, um es aufzugeben“, witzelte Rodrigo, doch als er den verletzten Ausdruck sah, der über Jennys Gesicht huschte, hätte er sich für seine unsensible Bemerkung ohrfeigen mögen. Zumal sie nicht einmal den Tatsachen entsprach. Noch nie in seinem Leben war ihm etwas schwerergefallen, als auf die zahllosen Freuden zu verzichten, die Jenny ihm geschenkt hatte. Und nach dem heftigen Ziehen in seiner unteren Körperregion zu urteilen, hatte sich ein Teil von ihm noch immer nicht mit diesem Verlust abgefunden.
Als er sich an den Tisch setzte, unterdrückte er mit eiserner Willenskraft das beinah schmerzhafte Verlangen, das Jennys Anblick in ihm auslöste. Widerstrebend wandte er den Blick von ihr ab und nahm stattdessen die gemütliche, ländliche Küche genauer in Augenschein.
Mit den schweren Möbelstücken aus Eichen- und Pinienholz, dem altmodischen Kochgeschirr und den langen Regalen, auf denen handbemaltes Porzellan aufgereiht war, war sie Lichtjahre entfernt von den hypermodern ausgestatteten Küchen seiner exklusiven Feriendomizile. Der ganze Raum strahlte einen heimeligen, einladenden Charme aus, und für einen Moment schien es Rodrigo, als wäre er wieder in dem einfachen andalusischen Bauernhaus hoch in den Bergen von Ronda, wo er aufgewachsen war. Eine Welle von Sehnsucht ergriff ihn, als längst vergessen geglaubte Erinnerungen in ihm aufstiegen.
„Das sieht sehr gut aus“, murmelte er und biss hungrig in eins der Sandwiches, die Jenny dick mit Schinken belegt und mit englischem Senf bestrichen hatte.
„Wärst du früher gekommen, hättest du ein richtiges Abendessen bekommen. Ich habe eine Fleischpastete gemacht, aber den Rest habe ich schon eingefroren. Aber warte …“ Sie nahm eine runde Blechdose aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch. „Ich könnte dir zum Nachtisch noch Früchtekuchen anbieten.“
Der Duft, der ihm in die Nase stieg, als sie den Deckel öffnete, ließ Rodrigo das Wasser im Mund
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