Julia Extra Band 0331
schreckliche Ehe. Meine Mutter hatte eine Affäre, mein Vater verließ sie. Sie verlangten von mir, dass ich mich entschied, bei wem ich leben wollte.“ Er hob das Glas zum Mund. Kelly starrte ihn an.
„S…sie verlangten, dass du dich für einen von ihnen entscheiden solltest? Wie alt warst du?“
„Ich war sechs. Sie fragten mich, bei wem ich leben wollte. Ich wusste, dass ich mir immer den Falschen aussuchen würde, egal für wen ich mich entschied.“ Alekos stellte das Glas wütend auf den Tisch. „Ich habe mich für meine Mutter entschieden. Ich hatte Angst, sie könnte sich etwas antun. Sie war die Schwächere von beiden. Sie sagte, dass sie auf der Stelle sterben würde, wenn sie mich verlöre. Kein sechsjähriger Junge möchte, dass seine Mutter stirbt.“
Sie hatten von einem Sechsjährigen verlangt, sich für einen Elternteil zu entscheiden? Kelly war entsetzt. „Wie schrecklich! Und dein Vater? Hat er nicht begriffen, in welcher fürchterlichen Lage du stecktest?“
Sein Mund zuckte. „Ein Sohn ist für einen Griechen das Größte. Er fand, dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe. Er hat mir nie verziehen.“
„Aber …“
„Für ihn gab es mich nicht mehr. Ich habe ihn nie wiedergesehen.“ Alekos sah sie an, und zum ersten Mal war in seinen Augen kein Spott zu erkennen. „Ich möchte nie etwas tun, das ein Kind verletzt. Jetzt verstehst du wohl, warum ich so reagiert habe, als ich erfuhr, dass du mindestens vier Kinder willst. Das war ein Schock.“
Kelly fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. „Ich wünschte, du hättest es mir erzählt.“
„Wir haben nicht so viel geredet, oder? Wir waren zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt.“ Er lachte spöttisch.
„Ich habe viel geredet.“ Kelly fühlte sich schuldig. Sie hatte ihn nie ermutigt, von seiner Familie oder seinen Träumen zu sprechen. Sie hatte nur an ihre Träume gedacht. „Ich hatte ja keine Ahnung. Du wirktest immer so selbstbewusst. Als ob du genau wusstest, was du wolltest.“
„Das wusste ich auch. Zumindest habe ich das geglaubt.“ Alekos zog sie an sich. „Die Dinge ändern sich. Das Leben hält manchmal Überraschungen bereit.“
Ohne Schuhe reichte ihm Kelly gerade bis zur Schulter. Für einen Moment lehnte sie die Stirn an seine Brust und atmete seinen betörenden Duft ein. „Ja, das Leben birgt manchmal Überraschungen. Das ist nicht gerade wie im Märchen.“
Er lachte. „Nicht alle Märchen sind schön, agape mou . Denk nur an die Hexe und die böse Fee.“
„Du meinst die böse Stiefmutter.“
„Ich sagte doch, dass ich einen schlechten Vater abgeben würde. Ich kenne nicht einmal die Märchen.“ Alekos legte den Zeigefinger unter ihr Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen. „Was macht dein Kopf?“
„Er tut weh. Wie alles an mir. Ich werde in deinem Haus nie wieder Schuhe tragen.“ Aber am meisten tat ihr das Herz weh – seinetwegen. Weil er als Kind eine so schwere Entscheidung treffen musste, und seine Eltern so selbstsüchtig gewesen waren. Und ihretwegen – weil auch sie eine schwere Entscheidung treffen musste.
Abreisen und ohne ihn leben oder bleiben und riskieren, dass er sie verließ?
Sie wusste nicht, wie sie sich entscheiden sollte.
Alekos strich sacht mit dem Daumen über ihre Unterlippen. „Du willst keine Schuhe mehr tragen? Und was ist mit deiner Kleidung? Lässt du die auch weg?“
„Hör auf. Ich kann mich sonst nicht konzentrieren.“ Kelly versuchte, sich loszureißen, aber Alekos hielt sie fest. „Ich bin ganz durcheinander. Ich dachte, du hättest immer alles im Griff.“
„Bei der Arbeit, ja.“ Alekos berührte ihr Haar und zog mit den Lippen die Linie ihres Kinns nach. „Nur in meinem Privatleben setze ich alles in den Sand.“ Dieses überraschend ehrliche Geständnis machte es Kelly unmöglich, sich weiter zu sträuben.
„Wir sollten nicht wegen eines Kindes zusammen sein, das du nicht willst.“
Er nahm ihr Gesicht in die Hände und küsste sie.
„Ich habe dich hierhergebeten, bevor ich von deiner Schwangerschaft erfahren habe.“
„Wenn du dich versöhnen wolltest, warum bist du dann nicht nach England gekommen?“
„Weil es in England sogar im Juli regnet und du auf Korfu einen Bikini tragen würdest.“ Seine Augen glitzerten verführerisch. „Vielleicht sogar noch weniger.“
„Es kann doch nicht nur um Sex gehen, Alekos!“ Sie schob ihn mit der flachen Hand weg. „Miteinander schlafen, ist einfach. Eine
Weitere Kostenlose Bücher