Julia Extra Band 0339
aus, dass sich sein Aufenthalt hier noch eine Weile hinziehen würde, und irgendwie – wahrscheinlich wegen des verdammten Schaums an ihrer Lippe – schien Nates Plan von einem kurzen, schmerzlosen Ende immer undurchführbarer zu werden.
Aber was sollte er machen? Sie mit dem umgefallenen Baum und einem Ständer alleinlassen, der nie seinen Dienst verrichten würde?
Genau das solltest du tun, mein Freund.
Nate folgte Morgan in die Küche und sah ihr beim Kakaomachen zu. Da sie sich schon die Mühe machte, würde er ihn auch trinken. Dann würde er gehen, Baum hin oder her. Er kannte einen Jugendlichen aus dem Ort, der ab und zu kleine Arbeiten für ihn erledigte. Nate würde ihn morgen bei ihr vorbeischicken.
Wie schon Morgans Wohnzimmer, machte auch ihre Küche Nate bewusst, dass es etwas in seinem Leben gab, das fehlte. Es spürte es mit schmerzhafter Intensität, auch wenn es ihm schwergefallen wäre, es zu benennen.
Die Arbeitsplatte blitzte vor Sauberkeit. Beim Erhitzen der Milch stiegen keine von verklebten Speiseresten stammenden Rauchschwaden von den Gasdüsen auf. Die Topfhandschuhe waren weder verfleckt, noch hatten sie Brandlöcher.
Als Morgan etwas Zimt in die Milch gab, sah Nate, dass sie ihre Gewürze in einem drehbaren Edelstahlbehälter aufbewahrte, anstatt sie einfach auf der hochgeklappten Abdeckplatte des Herdes aufzureihen. Seltsamerweise löste dieses Detail eine so maßlose Sehnsucht in ihm aus, dass ihm sekundenlang der Atem stockte.
Sieh zu, dass du hier rauskommst! befahl er sich, und das tat er auch, wenn auch nicht so konsequent, wie es eigentlich nötig gewesen wäre. Er verließ die Küche und nahm sich die fliegende Untertasse vor – so konnte er wenigstens sicher sein, dass es auch richtig gemacht wurde. Wenige Minuten später stand der Baum wie eine Eins.
„Er wäre groß genug für den Petersdom“, stellte Nate kopfschüttelnd fest, als Morgan mit dem frischen Kakao hereinkam.
Sie lächelte. Offenbar hielt sie es für ein Kompliment. „Ja, nicht wahr?“
Er seufzte resigniert. „Wo wollen Sie ihn hinhaben?“
„Eigentlich wollte ich ja die Lichterkette anbringen, solange der Baum noch liegt, aber egal, ich kümmere mich später darum.“ Sie musterte besorgt das Kabelchaos auf dem Fußboden, dann reichte sie ihm seinen Kakaobecher. „Trinken Sie ihn, bevor er wieder kalt wird.“
Irgendwie wusste Nate, dass er auch die Lichterkette für sie anbringen würde. Mit jeder Minute, die er mit ihr verbrachte, erkannte er deutlicher, dass sie eine Frau war, von der man sich nur äußerst schwer loseisen konnte.
Okay, also noch die Lichterkette, aber das war es dann endgültig.
Er setzte sich neben sie auf die lila Samtcouch und probierte einen Schluck von ihrem Kakao. Es war kein Pulverkakao, wie er ihn gelegentlich für Ace machte, sondern eher eine Art göttliches Ambrosia. Vielleicht lag es nur an der Prise Zimt, die sie hineingegeben hatte, aber möglicherweise war es auch etwas Gefährlicheres. Morgan McGuire hatte hexengrüne Augen. Wer sagte ihm, dass sie ihm nicht einen tückischen Zaubertrank unterjubelte, um ihn vollends ihrem Willen zu unterwerfen?
„Haben Sie und Ace Verwandte, mit denen Sie die Feiertage verbringen können?“
Nate spürte, wie sich sein Rückgrat versteifte. Das war definitiv eine Ich-will-dich-kennenlernen -Frage.
„Wir besuchen jedes Jahr abwechselnd meine Eltern, die jetzt in Florida leben, und Cindys Familie“, gab er ihr widerstrebend Auskunft. „Letztes Jahr waren wir in Florida, also sind dieses Mal meine Schwägerin Molly und ihr Mann Keith an der Reihe. Wir fahren nach der Theatervorstellung zu ihnen und bleiben über Nacht.“
Dass sein eigenes Haus zu schlimme Erinnerungen barg, um Weihnachten dort zu verbringen, behielt Nate für sich. Wahrscheinlich würde er bei jedem Klopfen an der Tür erwarten, dass Cindy davorstünde, zu beladen mit ihren Einkäufen, um selbst aufzuschließen.
Damals war es jedenfalls so gewesen. Sie hatte nur schnell ein Päckchen „Rentier-Pops“ besorgen wollen, eine Süßigkeit, die Ace besonders liebte. Aber dann war sie so lange weggeblieben, dass Nate schließlich von einem spontanen Einkaufsrausch ausgegangen war, der sie in letzter Minute gepackt hatte.
„Was ist mit Ihnen?“, erkundigte er sich seinerseits, um weiteren Fragen nach seinen Weihnachtsplänen vorzubeugen. Morgan McGuire gehörte zu den Frauen, die in einem den Wunsch wachrufen, sein Herz auszuschütten. Vorausgesetzt,
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