Julia Extra Band 0342
reagieren, wenn ich dir raten würde, das alles hier abzureißen?“
Sie sah ihm an, dass diese Antwort ihm zu schaffen machte. „Das würdest du niemals tun.“
„Die meisten anderen Menschen schon.“
Wyatt seufzte. „Ich weiß. Wenn mich jemand um Rat bitten würde, würde ich das auch empfehlen.“
„Was macht dich dann so sicher, dass ich anders bin?“
Seine Mundwinkel zuckten. Ein Lächeln breitete sich nach und nach über sein Gesicht aus. Dieser Anblick war so selten, dass Alex sofort den Impuls verspürte, ihn in die Arme zu nehmen.
„Weil du ein kreativer Mensch bist, Alex. Als Belinda Wehen bekam, hättest du die Gäste auch einfach wegschicken können, aber du hast das Beste aus der Situation gemacht und ihnen geholfen. Du kannst einfach nicht anders. Wenn du mir also tatsächlich raten würdest, das hier abzureißen, wüsste ich sofort, dass es absolut hoffnungslos ist.“
„Du scheinst mich für eine unverbesserliche Optimistin zu halten.“
Wyatt schüttelte den Kopf. „Nein, nur für eine bewundernswerte Frau mit tollen Ideen.“
„Aber ich bin schon so oft gescheitert, während du so erfolgreich bist“, sagte sie leise. Unwillkürlich dachte sie an all die Augenblicke zurück, in denen sie sich hatte geschlagen geben müssen. An die vielen Enttäuschungen, vor allem in der Liebe.
Was war eigentlich los mit ihr? Wyatt sprach gerade über Geschäftliches, nicht über die Liebe!
Als sie wieder aufblickte, stellte sie fest, dass er sie irritiert ansah. „Alex, ich erwarte nicht von dir, für den Erfolg von The Haven die Verantwortung zu übernehmen. Ich habe dich nur nach deiner Meinung gefragt.“
„Aber warum? Du bist doch das Genie in Sachen Hotelgewerbe. Das McKendrick’s …“
„… ist etwas ganz anderes. Schon allein die zentrale Lage garantiert den Erfolg.“
„Aber nicht nur. Der Hauptkatalysator bist du.“
„Danke, aber bei The Haven scheint mich mein Geschäftssinn im Stich zu lassen. Irgendwie übt dieser Ort eine seltsame Faszination auf mich aus. Aber ich will mich in geschäftlichen Entscheidungen nicht von meinen persönlichen Gefühlen leiten lassen.“
Endlich verstand sie, worauf er hinauswollte. „Okay, wenn ich dich richtig verstehe, dann steckst du gewissermaßen in der Zwickmühle. Am liebsten würdest du hier alles beim Alten lassen, aber deinem Geschäftssinn widerstrebt das.“
„Irgendwie schon, ja. Ich …“ Er zögerte.
„Verkauf nicht“, sagte Alex spontan. „Hier drin steckt nämlich … echtes Potenzial.“
Wyatt musste lachen. „Was für Potenzial denn?“
Sie überlegte fieberhaft. „Stell dir doch mal vor, man würde kleine Cottagegärten neben den Häusern anlegen“, sagte sie. „Oder wie wär’s mit Ferngläsern, mit denen die Gäste die wilden Tiere und die Felsen beobachten können? Das wäre doch eine tolle Idee, findest du nicht? Du könntest die Häuser zum Beispiel auch stilecht mit Antiquitäten einrichten. Eine Ruheoase für diejenigen schaffen, die sich von Las Vegas erholen möchten. Oder …“ Sie zögerte.
„Oder was, Alexandra?“, fragte er leise und nahm ihre Hände.
„Oder du lässt einfach alles so, wie es ist“, antwortete sie leise. „Niemand zwingt dich, hier etwas zu verändern. Auf seine eigene Art ist dieser Ort vielleicht einfach perfekt für dich.“
Wyatt strich ihr das Haar aus dem Gesicht. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du gut hierher passen würdest.“
Seine Berührung war die reinste Magie. Und seine Worte taten ihrem Selbstwertgefühl unglaublich gut.
„Und? Wie wirst du dich entscheiden?“, fragte sie.
Nachdenklich ließ Wyatt den Blick über die Anlage gleiten. „Keine Ahnung, aber du hast mir ein paar sehr gute Anregungen gegeben. Vielleicht weiß ich in einigen Wochen mehr. Auf jeden Fall sollten wir allmählich aufbrechen. Die anderen fragen sich bestimmt schon, wo wir stecken.“
Mit fast schon verbissener Wut stürzte Wyatt sich wieder in die Arbeit. Eine weitere Gruppe Kritiker war im McKendrick’s angekommen. Es wurde höchste Zeit, sich noch mehr ins Zeug zu legen, zumal Wyatts Hauptkonkurrent, das Champagne, auch nicht gerade schlief. Die Zeitungen waren voll mit begeisterten Artikeln über das Hotel.
Wyatt bereitete das mehr Sorgen, als er sich eingestehen wollte. Es wäre einfach zu deprimierend, trotz aller Anstrengungen eine Niederlage einstecken zu müssen.
Doch die Konkurrenz war nicht das Einzige, was ihm zu schaffen machte. Alex hatte ihm
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