Julia Extra Band 0347
werden.“
Aber die extremen Arbeitszeiten in diesem Beruf passten nicht in das Leben einer jungen Mutter – besonders nicht in das einer alleinerziehenden.
Nach Robs Tod war sie verzweifelt gewesen. Junge Eheleute Anfang zwanzig dachten nicht ans Sparen oder an eine Lebensversicherung. Die Rente aus der Armee half ihr zwar, trotzdem war es immer ein Kampf. Gott sei Dank war Caz da gewesen. Von nun an hatte sie nicht nur ein Dach über dem Kopf und einen Job, sondern auch eine ganze Riege von Mitarbeitern, die sich darum rissen, auf Daisy aufzupassen. Auf diese Weise konnte sie sich dem Backen widmen. Okay, sie hatte ihre Ausbildung nicht ganz abgeschlossen, aber immerhin Bücher ausgeliehen und ein paar Weiterbildungskurse besucht. In einem Café zu arbeiten, hatte ihr wenigstens ermöglicht, ihrer Leidenschaft nachzugehen.
„Eines Tages werde ich meine eigene Patisserie eröffnen“, sagte sie leise. Sie wusste zwar nicht, wann und wo, aber sie wusste, dass sie es tun würde. Doch statt sich diesem Ziel zu nähern, schien ihr Traum in immer weitere Ferne zu rücken. Immer gab es irgendwelche Umstände, die sie auf ihrem Weg aufhielten.
Sie sah auf und blickte in Noahs graugrüne Augen, die eine merkwürdige Intensität hatten. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass es noch etwas gab, das sie nicht wollte.
Sie wehrte sich gegen das angenehme Gefühl, hier mit ihm zu sitzen, ihr Schutzschild fallen zu lassen und ihm persönliche Dinge zu erzählen.
Abrupt erhob sie sich und steckte die Hände in die Taschen ihrer Jeans. „Ich meine es ernst, was ich gesagt habe, Noah. Die Blumen sind wunderschön, aber …“
Er streckte die Hand aus und zog sie sanft in den Sessel zurück. Allein die Berührung seiner schlanken Finger erstickte jeglichen Widerstand in ihr.
„Mach nicht so ein ängstliches Gesicht, Grace. Ich habe nicht die Absicht, dir nachzustellen. Es macht mir einfach Freude, Zeit mit dir zu verbringen. Wenn Freundschaft alles ist, was du anbieten kannst, so akzeptiere ich das.“
Grace war sprachlos. Das hatte sie zwar geschrieben, doch nicht wirklich so gemeint. Trotzdem blieb sie stumm, während Noah seinen Mantel anzog, sich verabschiedete und das Café verließ. Wie in Trance räumte Grace den Tisch ab. Da sie nichts mehr hier unten zu tun hatte, öffnete sie die Hintertür, ging den schmalen Flur entlang und stieg die Treppe zu ihrem Apartment hinauf.
4. KAPITEL
Grace lächelte, als sie Noahs Mail öffnete. Hatte man erst einmal seine glatte Fassade durchdrungen, so kam ein einfühlsamer und humorvoller Noah zum Vorschein. Eine Nachricht von ihm in ihrem Posteingang zu finden, heiterte sie immer auf. Und er hatte Wort gehalten. Nicht ein einziges Mal hatte sie sich in den letzten sechs Wochen von ihm bedrängt gefühlt und freute sich über das freundschaftliche Verhältnis zu ihm. Sie vermisste Daisy wahnsinnig, aber Noah und die Mädels von Blinddatebrides.com erhielten sie am Leben.
Lächelnd klickte sie auf Senden. Nachdem sie im Chatroom der Website einen Hilferuf ausgesendet hatte, war sie in ständigem Kontakt mit Dani aus San Francisco und Marissa aus Sydney.
Sie wusste nicht, was es war, was die drei so fest zusammenhielt. Alle hatten sie völlig unterschiedliche Jobs und Lebensstile, doch irgendwie hatten sie zueinandergefunden. Zwei Menschen zu haben, mit denen sie ihre Herzensangelegenheiten besprechen konnte, war ein Geschenk des Himmels.
Sie klappte den Laptop zu und schlenderte in die Küche auf der Suche nach einem Snack. Bis zum nächsten Chat um Mitternacht waren es noch zwei lange Stunden. Ein bisschen spät für einen geselligen Austausch, doch angesichts der Tatsache, dass es bei Marissa schon 13 Stunden später und bei Dani acht Stunden früher war, mussten die Chats, entweder um Mitternacht oder um sechs Uhr morgens stattfinden.
Schade, dass ihre Freundinnen auf unterschiedlichen Kontinenten lebten und Grace die beiden nie persönlich kennengelernt hatte. Sie wusste nicht, wie sie ihren Kaffee am liebsten tranken oder wie sich ihre Stimmen anhörten. Aber vielleicht war es ja gut so. Klar, es wurde viel herumgeblödelt, aber wenn es darauf ankam, waren sie alle sehr ehrlich miteinander.
Viel schmerzlicher war die Erkenntnis, dass ihre bisherigen sozialen Kontakte vor allem aus Daisy und ihren Freunden bestanden hatten. Es waren alles coole Typen, doch Grace bezweifelte, dass sie mit einer vierzigjährigen Frau rumhängen wollten, während Daisy im Ausland war.
Grace
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