Julia Extra Band 0347
Eiskübel in einem Ständer, der wie aus dem Nichts plötzlich dastand. Dann lächelte sie. Das erste Mal seit Tagen. „Um auf dein Buch anzustoßen. Es ist einfach großartig …“
Er streckte ihr die Hand entgegen. „Komm mit. Ich muss dir etwas sagen … und zeigen.“
Sie sah ihn einen Moment unschlüssig an.
„Okay.“
10. KAPITEL
Die Nachmittagssonne verlieh der grauen Kaimauer an der Seine einen goldfarbenen Glanz. Noah und Grace liefen Hand in Hand am Ufer entlang und unterschieden sich kaum von all den anderen Paaren, die verliebt durch Paris schlenderten.
Der Moment der Wahrheit rückte näher, und Noah fiel es zunehmend schwerer, entspannt zu bleiben. Vielleicht würde seine Offenbarung gleichzeitig sein Ende bedeuten.
Nachdem sie auf der rechten Uferseite von Notre Dame gestartet waren, näherten sie sich jetzt dem Bereich des Louvres.
Grace starrte aufs Wasser und ignorierte standhaft die lange Birkenreihe. Sie konnte ihren Anblick kaum ertragen. Noah schien es ganz anders zu gehen. Er holte tief Atem und blieb bei der ersten Birke stehen.
„Hast du die vielen Schnitzereien an den Bäumen gesehen?“
Sie nickte. „Hm“, murmelte sie abwesend und beobachtete immer noch die Wellen, die an die Steinmauer klatschten.
„Wenn sich jemand so viel Zeit nimmt, muss ihm der andere eine Menge bedeuten.“
Sie sah ihn mit einem leicht irritierten Ausdruck in den Augen an, während er innerlich betete, dass sie es sehen würde.
Ihr Blick wanderte über den Baumstamm, bevor sie sich seufzend abwandte. Noah rutschte das Herz in die Hose. Aber dann warf sie doch noch einen Blick zurück. Etwas hatte ihre Aufmerksamkeit erregt.
„Was ist das da oben? Es muss neu sein.“ Sie zeigte auf einige kreisförmig eingeritzte Buchstaben, hoch oben über allen anderen Schnitzereien.
Er zuckte die Achseln und folgte ihrem Blick.
„Das sind nicht einfach nur Abkürzungen von Namen. Da steht mehr.“
Noah hielt den Atem an.
Stirnrunzelnd ging Grace um den Baum herum und begann zu lesen. „ Sie ist mehr als nur ihr Name. Was um Himmels willen soll das bedeuten? Soll das romantisch sein?“
Er sagte nichts, sondern schlenderte einfach mit den Händen in den Hosentaschen zum nächsten Baum, in der Hoffnung, dass sie ihm folgte. Und das tat sie. Sein armes klopfendes Herz begann sich zu beruhigen.
Als sie vor dem nächsten standen, fing sie erneut an zu lesen. „Hier geht es weiter, hör mal! Was sie hat, gibt sie von Herzen. Das wird immer mysteriöser.“
Mit schnellen Schritten lief sie weiter. Innerlich zitternd folgte er ihr.
„Mag die Welt mich noch so rühmen …“
Mit leuchtenden Augen wandte sie sich ihm zu. Jetzt hatte sie Feuer gefangen.
„Noah, es ist … Warte. Ich muss noch mal …“
Bevor sie den Satz beenden konnte, war sie bereits wieder bei der ersten Birke, umrundete sie und dann die zweite …
„Es ist ein Gedicht!“, erklärte sie, als sie wieder bei ihm war. „Komm, es muss noch weitergehen.“
Gut! Sie mochte das Gedicht. Oder besser gesagt, die Verse. Plump und wenig elegant im Vergleich zu Shakespeare, aber sie kamen von Herzen. Und nur das zählte. Endlich hatte er einen Weg gefunden, ihr seine Gefühle zu zeigen. Caz hatte recht. Liebe war mehr als nur Worte. Aber Worte waren nun einmal sein Handwerkszeug, und er hoffte, dass sie etwas bewirken konnten.
Er folgte ihr zum dritten Baum.
„Lies du es“, forderte sie ihn lächelnd auf.
Er musste die Wörter nicht lesen, er kannte sie. Während Grace noch geschlafen hatte, hatte er die frühen Morgenstunden damit verbracht, seine Gedanken in Worte zu fassen. Er tat ihr den Gefallen und spielte mit.
Er holte tief Luft. „…bin ich klein vor ihrer Größe.“ Die Worte klangen merkwürdig in seinen Ohren, denn bisher hatte er sie nicht laut ausgesprochen.
Grace seufzte. „Es ist wunderschön. Ich würde gerne wissen, ob der Verfasser seinen Namen hinterlassen hat.“
Erneut hob er die Schultern. Nein, kein Name. Jedenfalls nicht seiner. Aber es gab einen Anhaltspunkt, und dieses Indiz löste ängstliches Herzklopfen in ihm aus.
Sobald sie zu Ende gelesen hätte, würde sein Leben entweder im Himmel oder in der Hölle enden. Und nur sie konnte darüber entscheiden.
Noch drei Bäume.
Grace nahm seine Hand und zog ihn mit sich.
„ Ihre Seele füllt die meine. Nur noch zwei Bäume, komm!“
Er betete, dass ihr Lächeln und die Freude in ihren Augen nicht erlöschen würden, nachdem sie die Worte auf dem
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