Julia Extra Band 0349
weiterfuhr. Amanda spürte seine Nachdenklichkeit.
Am späten Nachmittag erreichten sie die Innenstadt von Buenos Aires. Prunkvolle Altbauten wechselten sich mit atemberaubenden Hochhäusern ab, als wollten sie sich gegenseitig mit ihrem Glanz überstrahlen. Dies ist eine ganz andere, romantische Seite der Stadt, dachte Amanda, als sie staunend aus dem Fenster schaute. Kein Wunder, dass Buenos Aires als Paris von Südamerika bekannt war.
Langsam versank die Sonne hinter den Dächern und tauchte die Stadt in ein rotes Licht. Mit jeder Minute, die Nero in seiner Heimat verbrachte, schien er noch mehr Energie und Kraft zu gewinnen. Amanda wusste nicht, ob seine Stimmung ansteckend war oder ob es an dem aufregenden neuen Land lag, aber noch nie in ihrem Leben war sie so voller Vorfreude gewesen.
„Die Stadt besitzt unendlich viel Schönheit“, sagte Nero leise, als er an einer roten Ampel halten musste. „Sie werden es noch selbst erleben, Amanda.“ Für einen langen Moment schaute er sie an. „Sehen Sie den Obelisken dort drüben.“ Er deutete auf ein hell erleuchtetes Monument, das schlank wie ein Pfeil bis in den Himmel zu reichen schien. „Er wurde zum vierhundertjährigen Stadtjubiläum errichtet. Argentinien ist ein Land voller Kontraste und großer Leidenschaften.“
Die Leidenschaft kannte Amanda bereits, aber als sie den Stolz in seiner Stimme hörte, wurde sie fast neidisch. Wie schön musste es sein, sich so sehr als Teil eines Landes zu fühlen.
Sie war froh, dass Nero endlich wieder mit ihr sprach. Vielleicht konnten sie hier in Argentinien ihre Schwierigkeiten überwinden und noch einmal ganz von vorn anfangen.
„Alles hier ist so gewaltig“, murmelte sie und riss ihren Blick von dem phallischen Obelisken los.
Lag es an Nero, dass ihre Gedanken alle nur in eine Richtung gingen? Erleichtert betrachtete sie ein romantisches und vollkommen unverfängliches Schloss, das sie an Paris erinnerte.
„Das ist die französische Botschaft“, erklärte Nero. „Ein fantastisches Beispiel für die Architektur der Belle Epoque, nicht wahr?“
Amanda nickte. Sie war froh, dass sie endlich ein harmloses Gesprächsthema gefunden hatten.
Bald hatten sie die Innenstadt hinter sich gelassen. Staunend sah Amanda aus dem Fenster und bewunderte die malerischen Gebäude in den verwinkelten Straßenzügen.
Nero warf ihr einen Blick zu. „Ich dachte, dass Ihnen die Gassen mit dem alten Kopfsteinpflaster und die unkonventionelle Atmosphäre gefallen würden.“
Erlaubt er sich einen Scherz mit mir, oder meint er das ernst? fragte sich Amanda, als sie die unzähligen Bars und kleinen Geschäfte in den Straßen betrachtete. Bei ihm wusste sie nie, woran sie war.
„Was sagen Sie, Amanda? Gefällt es Ihnen hier?“
„Auf jeden Fall ist es faszinierend.“ Sie sehnte sich danach, auszusteigen und durch die Straßen zu streifen.
„Hier sind wir!“ Nero steuerte den Wagen geschickt in eine Parkbucht vor einem kleinen Boutique-Hotel. „Ich habe dieses Hotel gewählt, weil es weit genug vom Lärm der Stadt entfernt ist, damit Sie in Ruhe schlafen können. Und doch finden Sie hier bestimmt genug Gelegenheiten, sich zu amüsieren, falls Ihnen wieder einmal danach zumute sein sollte“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
„Ich bin viel zu aufgeregt, um zu schlafen“, gab Amanda zurück und wich Neros anzüglichem Blick aus.
Ungeduldig wartete sie darauf, dass sie aus dem Wagen steigen konnte. Nero war ihr entschieden zu nah! In jeder Sekunde war sie sich überdeutlich seiner Gegenwart bewusst. Immer wieder musste sie auf seine kraftvollen Hände auf dem Lenkrad schauen, auf sein markantes Kinn und seinen schön geschwungen Mund.
Endlich stellte er den Motor ab.
„Vielen Dank fürs Herbringen“, erklärte Amanda und bemühte sich dabei, möglichst selbstbewusst zu klingen.
Für einen viel zu langen Moment sah er ihr daraufhin in die Augen.
Dieser Blick! seufzte sie still, während Nero ausstieg, um ihr die Autotür zu öffnen. Wann würde sie endlich lernen, damit umzugehen?
Sie hatte sein leises ironisches Lächeln genau gesehen. Nach ihrem Auftritt im Nachtklub dachte er offensichtlich, sie wäre leichte Beute und würde ihm die kühle Art nur vorspielen.
Was das Vorspielen betraf, hatte er vollkommen recht – sie spielte ihm etwas vor. In einem fremden Land, zusammen mit einem Mann, den sie kaum kannte, fühlte sie sich verletzlich. Erst auf Neros Ranch, wenn sie mit ihren Pferden in einer
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