Julia Extra Band 0349
würde sie heute Abend tanzen!
Für einen Augenblick erinnerte sie sich wieder daran, wie sie in Neros Armen gelegen hatte. Schnell verdrängte sie den Gedanken, aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr Herz rascher schlug.
Das schwarze Kostüm war perfekt! Schließlich war Nero ihr Boss. Während Amanda ihr Haar ordentlich im Nacken zusammenband, versuchte sie, ihre Vorfreude zu unterdrücken. Ihre Verabredung war nicht mehr als ein Geschäftstreffen.
Nach einem letzten Blick in den Spiegel atmete sie noch einmal tief durch, dann ging sie in die Halle hinunter.
Als sie Nero entdeckte, blieb sie verblüfft stehen. Um ihn herum drängten sich Menschen, während er gelassen an der Wand lehnte und wie ein Filmstar Autogramme unterzeichnete.
Amanda wurde noch deutlicher bewusst, dass sie dieser Situation nicht gewachsen war. Jetzt war sie dankbar für ihre formelle Kleidung. In diesem Aufzug würde sie wenigstens keiner für Neros Freundin halten. Bestimmt würde sie es sogar schaffen, sich unbemerkt aus dem Hotel zu schleichen.
„Amanda?“
Falsch gedacht! Im nächsten Moment stand Nero dicht hinter ihr. Wieder wurde ihr bewusst, wie groß er war. Sein muskulöser Körper schirmte sie gegen seine Fans ab. Jeder schien etwas von ihm zu wollen. Doch Nero sagte einige Worte auf Spanisch, und mit einem gemeinschaftlichen Seufzer zogen sich seine Bewunderer zurück.
„Was haben Sie zu ihnen gesagt?“, fragte Amanda beeindruckt.
„Ich habe ihnen erklärt, dass Sie hier sind, um tanzen zu lernen.“ Nero zuckte mit den Schultern. „Und dass in Ihrem Heimatland Tango fast unbekannt ist. Sie haben sofort verstanden, dass ich Mitleid mit Ihnen habe und Ihnen helfen möchte.“
Darauf wette ich! dachte Amanda. Sie hob das Kinn, als Nero die Tür für sie aufhielt. Während sie möglichst gelassen an ihm vorbeiging, bemühte sie sich um einen geschäftsmäßigen Gesichtsausdruck,
Heute Abend würde sie ganz bestimmt nicht die Tanzfläche betreten!
Die Milonga lag im obersten Stock eines Altbaus. Sobald sie das Haus betreten hatten, lockte sie der berauschende Rhythmus der Musik immer weiter nach oben. Das Treppenhaus verströmte maroden Charme, doch die bunten Kacheln leuchteten noch wie vor hundert Jahren.
Das gesamte Dachgeschoss war zu einem Tanzlokal ausgebaut worden. Unzählige Kerzen erhellten den Raum und tauchten ihn in ein goldenes Licht. Der Duft von Wachs mischte sich mit schweren Parfums, aber noch etwas anderes lag berauschend und verführerisch in der Luft. Leidenschaft! Schnell schob Amanda den Gedanken beiseite.
An den Wänden waren kleine Tische mit Stühlen verteilt, an denen die Gäste essen und trinken konnten. Aber im Moment dachte keiner im Saal ans Essen. Auf der Tanzfläche machte sich gerade das erste Paar bereit und zog die gesamte Aufmerksamkeit auf sich.
Der Raum war bereits bis auf den letzten Platz gefüllt, aber als Nero einem der Kellner etwas ins Ohr flüsterte, wurden sie rasch zu einem freien Tisch geführt. Amanda konnte ihren Blick nicht von dem Geschehen auf der Tanzfläche lösen. Sie stolperte und wäre gefallen, wenn Nero sie nicht mit festem Griff gehalten hätte.
„Setzen Sie sich, Amanda!“, ordnete er an.
Sie ließ sich auf den harten Holzstuhl sinken. Ihre Haut prickelte noch von seiner Berührung. Unwillkürlich rieb sie ihren Arm, während sie fasziniert zu den Tänzern starrte.
Dies war keine prunkvolle, glitzernde Veranstaltung, wie sie im Fernsehen geboten wurde. Die Sinnlichkeit, die das Paar auf der Tanzfläche ausstrahlte, war echt und so schamlos erotisch, dass Amanda ein Schauer über den Rücken lief. Beim ersten Klang des Akkordeons war sie von der besonderen Atmosphäre gefangen.
Die beiden Tänzer sahen einander unverwandt an, während sie sich geschmeidig zum Takt der Musik bewegten. Von einer Sekunde auf die andere wechselten ihre langsamen, katzenhaften Bewegungen und waren plötzlich wild und aggressiv. Die Schritte beschleunigten sich mit dem Rhythmus der Musik.
Als würden sie alle Facetten einer Liebesbeziehung in ihren Tanz legen, zeigten die beiden brodelnde Leidenschaft, dann Kühle, dann wieder sanfte Zärtlichkeit. Mit einem einzigen glühenden Blick stieß die Frau den Mann von sich, nur damit er sie in der nächsten Bewegung wieder hart an sich zog. Für genau diese Vorstellung waren die begeisterten Zuschauer hergekommen.
So leidenschaftlich könnte auch mein Leben sein, ging es Amanda durch den Kopf.
„Was möchten Sie
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