Julia Extra Band 0350
Kind.
Sie warf einen Blick auf Loukas und wünschte sich, er würde ihre Hand noch halten. Aber er saß vornüber gebeugt da und starrte gebannt auf den Bildschirm. Seinen Gesichtszügen war nicht zu entnehmen, was er dachte.
Die Ärztin lächelte sie verständnisvoll an. „Für die meisten Frauen ist es ein Schock, wenn sie den Embryo zum ersten Mal sehen. Das Bild lässt ihn real werden.“ Sie machte eine kleine Pause. „Ich muss Ihnen noch etwas sagen, und das wird sie vielleicht erschrecken.“
„Stimmt etwas mit dem Baby nicht?“ Loukas riss den Blick vom Bildschirm los und schaute die Ärztin an. Als er den Herzschlag seines Kindes sah, musste er seine ganze Willenskraft aufbieten, um seine Empfindungen nicht zu zeigen,
„Alles sieht aus, wie es in einem so frühen Stadium aussehen soll“, erklärte die Ärztin. Dann zögerte sie. „Aber es gibt zwei Embryos. Sie erwarten Zwillinge.“
Das durfte alles nicht wahr sein. Belle starrte die Wand der Umkleidekabine an und fragte sich, ob sie dabei war, verrückt zu werden. Sie erinnerte sich kaum noch an das, was die Ärztin gesagt hatte. Nur, dass sie das Geschlecht der Kinder noch nicht bestimmen könnte. Aber was spielte das schon für eine Rolle? Das Einzige, woran Belle denken konnte, war, dass sie in acht Monaten für zwei Babys zu sorgen hatte. Füttern, Windeln wechseln und auch die Kosten – alles mal zwei. Wie sollte sie das schaffen? Und wie um Himmels willen sollte sie sich dann noch um Wedding Belle kümmern? Die Tränen liefen ihr über die Wangen. Die Zukunft sah beängstigend aus. Nie hatte sie sich so allein gefühlt.
Loukas war zu nervös, um sich draußen im Wartezimmer auf einen der unbequemen Plastikstühle zu setzen. Er trat ans Fenster, das auf einen Park hinausging. Zwillinge – er konnte es immer noch nicht fassen. Nicht nur ein Baby, nein, zwei! Seine Kinder. Männlicher Stolz flammte in ihm auf, aber auch so etwas wie Furcht.
Er dachte an seine Eltern und wünschte, sie wären noch am Leben. Welche Freude hätte es ihnen bereitet zu hören, dass sie Großeltern von Zwillingen werden würden! Sein sanfter geduldiger Vater wäre ein wunderbarer pappous gewesen.
Loukas musste schlucken. Er wollte genauso ein guter Vater sein, wie es sein alter Herr für ihn gewesen war. Trotz des riesigen Vermögens, das er angehäuft hatte, war er im Herzen immer der Sohn eines griechischen Fischers geblieben. Die Familie war wichtiger als Geld. Ich will meine eigene kleine Dynastie auf Aura gründen, dachte er, und ein Lächeln spielte um seine Lippen.
Aber was wollte Belle? Sie hatte ihm gesagt, dass sie mit der Vorstellung, Mutter zu werden, ihre Schwierigkeiten hatte. Und jetzt würde sie Zwillinge zur Welt bringen! Eine kalte Hand schien nach seinem Herzen zu greifen. Würde sie die Schwangerschaft abbrechen wollen?
Die Angst – ein völlig neues Gefühl für ihn – drehte ihm fast den Magen um. Aber noch stärker war der Beschützerinstinkt für seine Kinder, der in Loukas erwachte. Er musste Belle davon überzeugen, dass die Schwangerschaft sie nicht ins Unglück stürzen würde. Sie sollte wissen, dass er sie finanziell und auch sonst in jeder Hinsicht unterstützen würde.
Er holte sein Handy hervor und erledigte eine Reihe von Anrufen. Einer der größten Vorteile eines Milliardärs bestand darin, dass die Leute sprangen, wenn man sie rief.
„Ich dachte, wir wollten essen gehen“, sagte Belle benommen. Zumindest hatte Loukas das vorgeschlagen, als sie vom Krankenhaus fortfuhren. Jeder hatte seinen eigenen Gedanken nachgehangen. Loukas’ abweisendem Gesichtsausdruck nach zu schließen, war er immer noch fassungslos über die Tatsache, dass sie Zwillinge bekam. Er parkte am St. Katherine’s Dock und ging mit Belle den Fußweg entlang.
„Wir essen hier.“ Vor einer großen schnittigen Segeljacht blieben sie stehen. Er nahm Belle bei der Hand und führte sie über die schmale Gangway an Bord. „Die Ocean Star gehört einem Freund von mir. Ich habe uns einen Imbiss hierher bestellt. Wir haben eine Menge zu besprechen“, fügte er hinzu, als Belle zögerte.
„Vermutlich.“
Das Herz lag ihr schwer wie Blei in der Brust, während sie Loukas die Treppen hinunter folgte. Verwirrt betrachtete sie die Walnusstäfelung und den cremefarbenen Teppich der luxuriösen Lounge. Von Minute zu Minute hatte sie immer mehr das Gefühl zu träumen. Dass Loukas aus heiterem Himmel aufgetaucht war, hatte sie schon genug erschreckt.
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