Julia Extra Band 0354
würden Sie Helena bitte sagen, dass mein verrückter Hund wohlbehalten wieder aufgetaucht ist?“
„Was ist passiert?“
„Ich war mit Rosie unterwegs und bin Helena drüben in dem Waldstück unterhalb unseres kleinen Bergs begegnet. Noch während wir uns begrüßten, nahm Rosie plötzlich Witterung auf und verschwand blitzartig zwischen den Bäumen. Ich pfiff, doch sie ließ sich nicht zurückrufen – das macht sie sonst nie. Da es von dort bis zur Straße nicht allzu weit ist, habe ich mir natürlich Sorgen gemacht.“
Benjamin strich sich das nasse Haar aus der Stirn. „Doch Helena hat mich beruhigt. Sie erzählte mir, ihr Hund habe sich früher an dieser Stelle auch oft selbstständig gemacht, weil die vielen Kaninchenbaue drüben am Hang einfach zu verlockend seien. Und dass Rosie wahrscheinlich irgendwo am Buddeln sei. Da sich Helena in dem Gelände ja bestens auskennt, hat sie mir versprochen, nach Rosie Ausschau zu halten. Sie wollte in westlicher Richtung suchen, ich in östlicher. Wir haben uns also getrennt.“
Benjamin tätschelte Rosie die Flanke. „Meinen kleinen Ausreißer habe ich dann weit weg von der ursprünglichen Stelle wiedergefunden. Da ich Helena nicht mehr getroffen habe, wollte ich nur Bescheid sagen, dass alles gut ausgegangen ist. Ich wollte mich bei ihr dafür bedanken, dass sie mich beruhigt hat. Ich wäre wirklich fast in Panik geraten.“
„Meines Wissens ist sie noch gar nicht zurück.“
„Das kann nicht sein! Es ist schon Stunden her. Wir hatten verabredet, nach Abschluss der Suche nach Hause zurückzukehren und uns dort zu verständigen.“
„Wo genau haben Sie sich getrennt?“, fragte Oscar und nickte, als Benjamin es ihm erklärte. Auch er konnte sich an die Stelle deutlich erinnern, obwohl er das Gelände ja nur aus den Ferien kannte.
Nachdem Benjamin mit Rosie wieder gegangen war, goss Oscar sich einen Tee auf und las Zeitung. Doch immer wieder musste er zur Uhr blicken. Wo Helena nur blieb? Er wurde zunehmend unruhig, zumal sie ihr Handy nicht mitgenommen hatte – es lag vor ihm auf dem Tisch.
Entschlossen faltete er die Zeitung zusammen, stand auf und ging in den Abstellraum. Dort schnappte er sich Wachsjacke und Gummistiefel und machte sich auf den Weg. Er hatte schon zu lange gewartet.
Ernsthafte Sorgen machte er sich allerdings nicht. Helena kannte sich in der Umgebung bestens aus, es war relativ warm, und bis zum Einbruch der Dunkelheit war noch viel Zeit. Dennoch, der Boden war aufgeweicht, und es war einfach kein Wetter, um allein stundenlange Wanderungen zu unternehmen.
Er überquerte die Straße und erreichte das Waldstück, in dem Helena und er früher oft mit Bella spazieren gegangen waren. Zielstrebig schlug er den Pfad zu dem kleinen Berg mit dem wunderbaren Ausblick ein.
Er hielt die Hände wie einen Trichter vor den Mund und rief laut Helenas Namen. Als er sich umdrehte, um in die andere Richtung zu rufen, entdeckte er sie.
Vornübergeneigt saß Helena auf der alten Bank am Waldrand und blickte zu Boden. Oscar stürmte den Berg wieder hinunter und war in wenigen Minuten bei ihr.
Helena hatte zwar einen Regenmantel an, jedoch keinen Hut auf, und das Wasser tropfte ihr aus dem Haar. Als sie ihn kommen hörte, hob sie den Kopf und blickte ihm erwartungsvoll entgegen. Sie trug weder Schuhe noch Strümpfe, die Jeans waren bis zu den Knien hochgekrempelt und Füße und Waden schwarz vor Schlamm.
„Helena …“, begann er, doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.
„Was ist mit Rosie? Ist sie wieder da?“, fragte sie aufgeregt.
Oscar nickte. „Ja, Benjamin hat sie gefunden, beide sind wohlauf. Schon vor über einer Stunde war er mit ihr bei mir, um sich nach dir zu erkundigen. Was ist passiert? Was hast du …?“
Sie schnitt eine Grimasse. „Ich bin wirklich dümmer, als die Polizei erlaubt. Ich hatte das Sumpfloch unten am Hang völlig vergessen. Ausgerechnet heute, wo es schon seit Stunden so schüttet, wollte ich den Weg abkürzen und bin prompt hineingeraten. Schon beim ersten Schritt bin ich bis zum Knie eingesackt. Ich habe zwar den Fuß wieder hochbekommen, aber nicht den Schuh. Der steckt jetzt immer noch im Morast.“ Sie seufzte.
„Mit einem Schuh lässt sich überhaupt nicht gut laufen, deshalb habe ich den zweiten auch ausgezogen. Barfuß war ich allerdings auch nicht viel besser dran. Mir tun die Füße weh, und ich friere.“ Sie lächelte kläglich.
Oscar ergriff ihre Hände und zog sie zu sich hoch. „Komm“,
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