Julia Extra Band 0354
wäre an seiner Seite und könnte sich irgendwie nützlich machen. Aber was waren das für unnütze Gedanken! Wahrscheinlich spendete ihm ohnehin seine Zukünftige Trost und Zuversicht.
Am vergangenen Abend hatte Louise angerufen und sich wieder auf ihrem Posten zurückgemeldet, worüber Helena unglaublich froh war. Die Gesellschaft der von Kindheit an vertrauten Haushälterin würde sie davon abhalten, ständig trübsinnigen Gedanken nachzuhängen.
Gleich nach dem Frühstück machte sich Helena auf den Weg zu Louises Häuschen. Doch nicht Louise, sondern Benjamin öffnete ihr die Tür – natürlich mit Rosie auf den Fersen.
Louise, die gerade aus der Küche kam, setzte ein voll beladenes Tablett auf dem Tisch ab, umarmte Helena stürmisch und gab ihr einen Begrüßungskuss auf die Wange. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schön es ist, endlich wieder zu Hause zu sein!“ Sie strahlte übers ganze Gesicht und schob Helena einen Stuhl hin. „Das Wichtigste hast du mir ja schon am Telefon gesagt, aber jetzt möchte ich einen ausführlichen Bericht, was sich in meiner Abwesenheit alles ereignet hat.“
„Du zuerst“, widersprach Helena. „Wie geht es Sarah? Was gibt es Neues?“
Benjamin räusperte sich und blickte unsicher zwischen den beiden Frauen hin und her. „Ich muss gehen, Louise“, meinte er nach kurzem Zögern. „Danke für den Kaffee, so gut wie bei dir schmeckt er nirgends.“
„Alter Charmeur!“ Louise lachte. „Du bist übrigens heute Abend eingeladen, es gibt die Fleischpastete, die du so gern isst. Also bis acht.“ Sie wandte sich Helena zu. „Du bist übrigens auch eingeladen, ich habe die Portionen reichlich bemessen. Wieder am eigenen Herd zu stehen und frei schalten und walten zu dürfen, lässt mich wieder richtig aufleben, das sage ich dir.“
Nachdem sich die Tür hinter Benjamin und Rosie geschlossen hatte, schenkte Louise Kaffee ein, reichte Helena einen Teller mit frischen Muffins und erzählte alles über Sarahs Krankheit.
„Und jetzt bist du an der Reihe“, schloss sie und blickte Helena bedeutungsvoll an. „Oscar war wohl ziemlich oft hier, so viel hat mir Benjamin bereits verraten.“
„Stimmt.“ Helena wählte ihre Worte mit Bedacht. „Er wollte sich einen genauen Überblick über alles verschaffen, was mit Mulberry Court zusammenhängt. Doch dann kam dieser Anruf, und er musste zurück nach Griechenland – aber das weißt du ja bereits.“
„Mmh.“ Louise blickte nachdenklich in ihre Kaffeetasse. „Benjamin und ich hatten neulich eine Idee. Wäre es nicht das Einfachste, wenn ihr Mulberry Court behalten würdet? Vielleicht könntet ihr eines Tages sogar heiraten …“
„Louise! Schlag dir das bitte aus dem Kopf. Man kann das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Meine Jungmädchenträume sind endgültig ausgeträumt. Oscar wird mich niemals heiraten, glaub es mir.“
„Woher willst du das denn wissen? Ich kann dir nur sagen, dass er dich … sehr gern hat. Das ist unübersehbar und war schon immer so. Wenn Oscar hier war, drehte sich für ihn alles nur um dich.“
Helena zuckte mit den Achseln. „Das ist lange her, inzwischen sind wir erwachsene Menschen und keine Teenager mehr. Außerdem wird es Oscar wohl dem Familienclan schuldig sein, eine standesgemäße Griechin zu heiraten.“
Louise schürzte die Lippen. „Isobels Mann hat das jedenfalls nicht interessiert, schließlich hat auch er keine Griechin geheiratet, sondern die Frau, die er liebte. Er hat sie regelrecht angebetet. Isobel und Paul waren während ihrer ganzen Ehe das glücklichste Paar, das ich kenne.“
„Das war eine andere Generation, Louise, und Oscar ist ein ganz anderer Mensch, als Paul es gewesen ist.“ Damit wechselte Helena das Thema. Dass Louise und Benjamin über Oscar und sie geredet hatten, verursachte ihr Unbehagen. Aber wer wollte es ihnen verdenken? Für die beiden wäre die Lösung ideal, denn so würden sie ihren Lebensmittelpunkt nicht verlieren.
Helena arbeitete weiter an einem genauen Inventarverzeichnis, führte jedes einzelne Buch auf, das sie in der Bibliothek fand. Das gab ihr etwas zu tun und hielt sie vom Grübeln ab.
Eines Tages setzte sie sich nach getaner Arbeit mit einer Tasse Tee in ihr Zimmer, um sich etwas auszuruhen. Wie jeder Raum in Mulberry Court stand auch dieser unter einem bestimmten Thema. Es war das orientalische Zimmer, das mit Möbeln und Gegenständen eingerichtet war, die Isobel von ihren Reisen nach Südostasien mitgebracht
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