Julia Extra Band 0354
übermächtig. Ihr betörender Duft vernebelte ihm die Sinne. In der Dunkelheit nahm er ihren sich unter der Bettdecke abzeichnenden Körper nur schemenhaft wahr, doch der Anblick genügte, um sein Blut zum Kochen zu bringen.
Hastig drehte er sich auf die andere Seite. „Was geht so nicht weiter?“, stieß er gequält hervor.
Seine widerstrebende Haltung raubte Julia die letzte Hoffnung, sich endlich mit ihm auszusprechen. Ein sinnloses Unterfangen, dachte sie traurig und legte sich wieder hin. „Ach, nicht so wichtig.“
Nach kurzem Zögern warf er sich wieder herum, beugte sich über sie, sah ihr tief in die Augen und forderte: „Du sagst mir jetzt sofort, was los ist!“
Sie roch den Whisky in seinem Atem und vermutete, dass auch Kaden sich in einem Gefühlschaos befand. Also ließ ihn die Situation nicht so kalt, wie er vorgab. Julia schöpfte neue Hoffnung.
Bevor sie antworten konnte, veränderte sich die Atmosphäre erneut, als Kaden behutsam ihren Hals berührte. „Du trägst die Kette“, sagte er heiser.
Julia erstarrte. Ihre Sachen aus London waren eingetroffen, und beim Auspacken hatte sie die Halskette gefunden – ihren Talisman! Der Anblick war ihr ein so großer Trost gewesen, dass sie das Schmuckstück sofort angelegt hatte. Leider hatte sie vergessen, es wieder abzunehmen.
Da sie ihre Gefühle verbergen wollte, behauptete sie hastig: „Das hat gar nichts zu bedeuten.“
„Ich glaube dir nicht. Warum hast du die Kette so lange aufgehoben?“, fragte er rau.
Julia schob seine Hand weg und stand auf. Es war viel zu gefährlich, neben dem nackten Kaden zu liegen. Wütend auf sich selbst, weil sie sich fast verraten hätte, und wütend auf Kaden, weil er so unnachgiebig nachfragte, rief sie aufgebracht: „Ich habe sie beim Auspacken gefunden und angelegt. Na und? Das muss noch lange nicht heißen, dass ich nicht genau weiß, was es mit dieser Ehe auf sich hat. Du hast mich nur geheiratet, weil ich deine kostbaren Erben erwarte.“
Blitzschnell schoss Kaden aus dem Bett und baute sich vor Julia auf. Panisch riss sie sich die Kette vom Hals und warf sie zu Boden.
Ihr blutete das Herz, doch sie ließ sich nichts anmerken. „Siehst du? Es hat überhaupt nichts zu bedeuten.“ Herausfordernd schaute sie ihn an.
Kaden betrachtete die zerrissene Kette, dann musterte er Julia und riss sie heftig an sich. „Du kannst dir deine theatralischen Gesten sparen, ich habe verstanden. Ab sofort wird es keinen Zweifel mehr daran geben, worum es in dieser Ehe geht.“
Julia schloss die Augen, als er leidenschaftlich Besitz von ihrem Mund nahm. Ihr tiefer Schmerz wurde von heißem Verlangen überdeckt, dem sie sich widerstandslos hingab, als Kaden sie aufs Bett legte und sich zärtlich und stürmisch zugleich ihres Körpers bemächtigte.
Nachdenklich ließ Kaden am nächsten Tag den Blick über die vielen Baukräne der Stadt schweifen. Gerade hatte der Architekt sich verabschiedet, mit dem er die Restaurierung des Palasts besprochen hatte. Doch seine Gedanken kreisten nicht um das Bauprojekt, sondern um Julia. Seine Furcht davor, sie wieder zu berühren, war berechtigt gewesen. Sein mühsam errichteter Schutzwall war umgefallen wie eine Reihe von Dominosteinen.
Als sein Blick auf die Kette um Julias Hals gefallen war, fiel es ihm nach zwölf langen Jahren wie Schuppen von den Augen. Doch selbst in dem Moment hatte er weitergekämpft. Aus ihrem Mund wollte er hören, was sie wirklich dachte und fühlte. Der Schmerz war unerträglich. Aber den hatte er sich selbst zuzuschreiben. Vielleicht hatte er all die Jahre versucht, sich nicht nur gegen seine wahren Gefühle zu stählen, sondern auch gegen ihre.
Er hatte einmal etwas sehr Kostbares besessen, doch nun hatte er es für immer zerstört. Kaden öffnete die zur Faust geballte Hand und betrachtete die zerrissene Halskette, die er in der Nacht zuvor an sich genommen hatte.
10. KAPITEL
Julia wartete im Esszimmer ihrer Privatgemächer auf Kaden, mit dem sie zum Mittagessen verabredet war. Zwei Wochen waren nach der stürmischen Nacht vergangen. Am nächsten Morgen hatte sie sofort nach der Kette gesucht – vergeblich. Der Schmerz über den Verlust ihres geliebten Talismans saß tief. Bei jeder Gelegenheit, sobald sie sich unbeobachtet glaubte, setzte sie die Suche fort. Kaden durfte nicht wissen, wie verzweifelt sie jeden Winkel durchsuchte.
Schließlich musste sie schweren Herzens die Symbolik des Verlusts erkennen. Es bedeutete, dass sie etwas
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