Julia Extra Band 0354
verloren hatte, was ihr nie richtig gehört hatte und auch niemals gehören würde: Kadens Liebe.
Zwar schlief er jetzt jede Nacht mit ihr, war aber irgendwie zurückhaltender. Als hätte er Angst, sie zu verletzen. Sie hatte das Gefühl, als entfernten sie sich immer weiter voneinander. Sie machten drei Schritte aufeinander zu, um dann hundert Schritte zurückzuweichen – so kam es ihr vor.
„Entschuldige meine Verspätung.“
Julia drehte sich um, sah Kaden an der Tür stehen und ging wortlos zum Tisch. Gerade als sie den Stuhl zurückziehen wollte, spürte sie einen Tritt im Bauch und zuckte zusammen.
Besorgt eilte Kaden zu ihr und legte schützend den Arm um sie. „Was ist los?“
„Alles in Ordnung. Ich habe nur einen Tritt bekommen. Den allerersten.“
Schon kam der nächste und ein glückliches Strahlen erhellte ihr Gesicht. Um auch Kaden an diesem Glücksmoment teilhaben zu lassen, nahm sie seine Hand und presste sie sich auf den Bauch. Erwartungsvoll schaute sie ihn an. Sekunden vergingen, ohne dass sie erneut getreten wurde. Verlegen zog sie Kadens Hand wieder weg. „Sie verhalten sich wieder ruhig“, sagte sie bedauernd.
Wortlos zuckte Kaden die Schultern und setzte sich an den Tisch. Die Unterhaltung beim Essen drehte sich um eine Wohltätigkeitsveranstaltung, die Julia am Nachmittag besuchen sollte.
„Du musst aber nicht hingehen, wenn du nicht möchtest.“ Kaden legte seine Serviette auf den Tisch. „Leider kann ich meine Besprechung mit dem Außenminister nicht absagen. Er fliegt morgen in die USA.“
Julia rang sich ein Lächeln ab. „Ich werde hingehen. Je eher ich mich an meine Rolle in der Öffentlichkeit gewöhne, desto besser.“
Kaden beugte sich vor und nahm ihre Hand. Julia sah ihn mit großen Augen an.
„Ich weiß, wie schwer dir das fällt, aber deine Beharrlichkeit trägt schon Früchte. Langsam, aber sicher gewinnst du die Herzen der Bevölkerung. Es tut mir nur leid, dass ich dir das alles aufbürde, obwohl du gar nicht auf so eine Rolle vorbereitet warst.“
Verlegen senkte sie den Blick. Kaden ahnte ja nicht, wie oft sie davon geträumt hatte, an seiner Seite zu sein. Sie entzog ihm ihre Hand und stand auf. „Ich muss los. Der Wagen wartet sicher schon auf mich.“
Kaden blieb allein zurück und ärgerte sich über sich selbst. Als Julia vorhin so glücklich gestrahlt hatte, war er vor Eifersucht fast außer sich gewesen, weil jemand anders sie so glücklich machen konnte. Er war eifersüchtig auf seine eigenen Babys!
Der Glücksmoment war nur von kurzer Dauer gewesen. Dann hatte Julia sich wieder in ihr Schneckenhaus zurückgezogen und höflich-distanziert mit ihm geplaudert. Nur wenn sie zusammen im Bett lagen, gab sie die Zurückhaltung auf.
Natürlich wusste er, warum sie sich so verhielt. Sie war gezwungen worden, einen Mann zu heiraten, der sie aus Selbstschutz brutal zurückgewiesen hatte, als sie ihn am meisten gebraucht hätte. Ihre angeborene Grazie und die Würde, mit der sie sich klaglos in ihr Schicksal fügte, nötigten ihm jeden Tag aufs Neue höchsten Respekt ab. Ihm war bewusst, dass er ihr reinen Wein einschenken und ihr alles erzählen musste. Heute Abend wollte er reinen Tisch machen.
Zwei Stunden später saß Kaden an seinem Schreibtisch und hörte die Ausführungen des Außenministers, ohne jedoch auch nur ein Wort aufzunehmen, denn in Gedanken war er bei Julia. Ob sie schon bei dem Wohltätigkeitsfest eingetroffen war? Begegnete man ihr dort mit der ihr gebührenden Höflichkeit? Wehe, wenn nicht! Unauffällig ballte er eine Hand zur Faust. Er war so stolz auf sie gewesen, als er sie kürzlich bei einer ihrer morgendlichen Frauengesprächsrunden beobachtet hatte. Sie nahm sich wirklich Zeit für die Belange der Menschen und hörte ihnen interessiert zu. Weder seine Exfrau noch seine Stiefmutter hatten sich je so viel Mühe gegeben. Dabei waren sie sorgsam auf ihre Rolle bei Hof und in der Öffentlichkeit vorbereitet worden.
„Hoheit?“
Vor einigen Tagen hatten sie Julias Schwangerschaft offiziell bekannt gegeben, denn inzwischen war sie sowieso nicht mehr zu übersehen. Er hoffte, die zunächst misstrauischen Einwohner von Burquat würden Julia nun endlich mit Wohlwollen begegnen.
„Hoheit!“
„Ja?“ Geistesabwesend sah Kaden seinen Außenminister an und bemerkte dann, dass seine Sekretärin plötzlich im Büro stand. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie hereingekommen war. „Ja, Sara?“
Ein ungutes Gefühl beschlich ihn,
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