Julia Extra Band 0354
konnte sie ihm gefährlich werden. Hätte er ihr die Wahrheit gestanden, wäre er verloren gewesen. Also zuckte er nur betont lässig die Schultern. Amira hatte den Ring nicht bekommen, weil Kaden das Gefühl gehabt hatte, es wäre nicht richtig, ihn ihr zu überlassen. Bei Julia hingegen hatte er keine Sekunde lang gezögert.
„Er passte nicht zu ihr“, erklärte er knapp.
Aha. Und zu mir passt er? Julia, die sich nach einer Art Liebeserklärung gesehnt hatte, versuchte, ihre Enttäuschung zu überspielen. „Woher soll ich eigentlich wissen, dass du mich nicht auch in die Wüste schickst, nachdem ich dir deine Erben geboren habe? Immerhin hast du dich von deiner ersten Frau getrennt, weil sie dir keinen Erben schenken konnte. Vielleicht hast du nach der Geburt ja auch für mich keine Verwendung mehr.“
Die Zornesröte stieg Kaden ins Gesicht. „Nur zu deiner Information: Ich habe versucht, die Ehe zu retten, aber Amira bestand auf der Scheidung. Sie wusste, dass sie mir niemals einen Erben gebären könnte, und hat sich auf keine Diskussionen eingelassen. Noch heute bezahle ich ihr die Therapie, die sie hoffentlich eines Tages von der Schwangerschaftsphobie befreit, die ihre Mutter ihr eingeredet hat.“
„Entschuldige, das wusste ich nicht. Du musst sehr unter der Scheidung gelitten haben.“
Kaden lachte abfällig. „Ich war nicht in Amira verliebt, Julia. Unsere Ehe wurde arrangiert. Amira entstammt nämlich einer alten Adelsfamilie.“
Sein Zynismus verletzte sie. „Und nun bekommst du deine Erben von einer Frau, die so einen Stammbaum leider nicht vorweisen kann.“ Schnell fuhr sie fort, bevor sie der Mut wieder verließ. „Ich bin gleich nach der Geburt adoptiert worden, Kaden. Ich weiß, wer meine leibliche Mutter ist, aber sie will nichts von mir wissen. Vielleicht ist sie inzwischen auch schon tot.“
Julia konnte kaum fassen, dass sie diesen dunklen Fleck auf ihrer Seele einfach so nebenbei erwähnt hatte.
„Warum hast du mir das nie erzählt?“, erkundigte Kaden sich behutsam, als er merkte, wie aufgewühlt sie war.
„Weil ich noch nie darüber geredet habe.“
„Warum nicht? Es ist doch kein Makel. Wenn Amira einverstanden gewesen wäre, hätte ich selbst ein Kind adoptiert.“
Fassungslos schaute Julia ihn an. Er wirkte völlig gelassen, als wäre es das Normalste der Welt, adoptiert worden zu sein. Seine positive Reaktion vertrieb von einer Sekunde auf die andere das Trauma, das sie seit vielen Jahren so gequält hatte!
„Weil ich mich minderwertig fühle, seit ich es mit dreizehn Jahren von meinen Adoptiveltern erfahren habe. Sie haben mich sehr lieb gehabt, aber zu wissen, dass meine leibliche Mutter mich nicht wollte, tut unendlich weh.“ Traurig ließ Julia den Kopf hängen.
„Was ist mit deinem Vater?“
„Meine leiblichen Eltern waren nicht verheiratet. Mein Vater ist unmittelbar nach meiner Geburt nach Australien ausgewandert. Ich konnte ihn nicht ausfindig machen. Und als ich meine Mutter gefunden und sie angerufen habe, schien mir, als hätte sie bereits darauf gewartet, von mir zu hören. Sie hat sich weitere Anrufe verbeten mit der Begründung, sie wollte nichts mit mir zu tun haben. ‚Ich habe dich damals aufgegeben und dabei bleibt es‘, hat sie gesagt und den Hörer aufgelegt.“
Der Schmerz zerriss Julia fast. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Tröstend griff Kaden nach ihrer Hand. „Das klingt, als wäre es unglaublich traumatisch für sie gewesen, dich aufgeben zu müssen. Wahrscheinlich ist sie bis heute nicht darüber hinweggekommen.“
Julia rang sich ein Lächeln ab. „Ja, das hat der Psychologe auch gesagt, der mich beim Jugendamt beraten hat. Aber ich hatte so gehofft, dass sie mich herzlich in ihrem Leben willkommen heißen würde. Das war natürlich ziemlich naiv von mir.“
„Aber durchaus verständlich.“ Kaden drückte ihr aufmunternd die Hand. „Es tut mir unendlich leid, was du durchmachen musstest, Julia. Wie schrecklich, nicht zu wissen, woher man kommt.“
Sein Einfühlungsvermögen machte alles noch schlimmer. Sie zog die Hand weg und legte sie sich auf den Bauch. „Wenigstens entgehen unsere Kleinen diesem Schicksal.“
Kaden nickte mürrisch. „Ja, das ist wohl wahr.“
Sein plötzlicher Stimmungsumschwung belastete sie noch mehr. Sie sehnte sich so sehr danach, in seinen Armen ihren Kummer zu vergessen. Doch Kaden hielt sie seit zwei Wochen auf Distanz, und offensichtlich würde sich daran heute auch nichts
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