Julia Extra Band 0354
erklärte Kaden: „Ich mache mich jetzt auf den Weg in die Wüste, um mit dem neu gewählten Rat der Beduinen zu konferieren.“
Eine tiefe innere Leere breitete sich in Julia aus. Das Zusammenleben mit Kaden war von Distanz und Höflichkeit geprägt. Eine entsetzliche Vorstellung, dass es immer so bleiben könnte. Doch sie ließ sich nichts anmerken. „In Ordnung. Ich muss mich sowieso aufs Lernen konzentrieren. Bis übermorgen dann.“ Sie wandte sich zum Gehen.
Am liebsten hätte er sie an sich gezogen, sie zur Limousine getragen und wäre mit ihr auf und davon gefahren, in die Wüste, wie damals, als sie sich heimlich davongestohlen hatten. Sie hatten unbeschwerte Nächte unter dem Sternenhimmel verbracht, sich bis zur Erschöpfung geliebt und sich stundenlang unterhalten.
Ein tiefer Schmerz durchzuckte ihn. Er wünschte, diese wunderschönen Erinnerungen wären nicht durch die Szene beschmutzt worden, die sich vor zwölf Jahren abgespielt hatte. Er sehnte sich danach, Julias tiefe Liebe zu ihm in ihren schönen Augen zu lesen – wie damals. Doch diese Liebe hatte er spätestens in dem Moment verloren, als er Julia für den Rest ihres Lebens an sich gekettet hatte. Wahrscheinlich hasste sie ihn.
Widerstrebend setzte er sich wieder in den Wagen, um sich zum Hubschrauber fahren zu lassen, mit dem er dann weiter in die Wüste geflogen werden sollte. Kaden fühlte sich leer. Es schmerzte ihn, die empfindsame Julia den abweisenden Blicken der Leute aussetzen zu müssen.
Julia und ihre Privatsekretärin verbrachten die beiden Tage damit, Frauengruppen zu Gesprächen im Palast zu empfangen. Sie lernte viel über die Nöte und Ängste der Einwohnerinnen, aber auch über Sitten und Gebräuche in Burquat.
Gerade hatten sie sich zu einer weiteren morgendlichen Kaffeerunde zusammengefunden, als Kaden plötzlich an der Tür auftauchte. Julia wäre fast die Tasse aus der Hand gefallen. Groß und hinreißend aussehend stand er da in seinem prächtigen Gewand. Er musste gerade erst zurückgekehrt sein von seiner Wüstenkonferenz, denn er war noch unrasiert. Sie freute sich so sehr, ihn wiederzusehen, dass ihr Herz einen aufgeregten Sprung machte.
Die Frauen verneigten sich ehrerbietig und verstummten. Kaden begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Ich will nicht stören. Ihr habt sicher Wichtigeres zu besprechen als ich später bei der Kabinettssitzung.“ Mit diesen Worten verschwand er so schnell, wie er aufgetaucht war.
Nun redeten die Frauen in einer Mischung aus Englisch und der Landessprache fröhlich durcheinander und lächelten Julia zu. Endlich war der Bann gebrochen! Aus vollem Herzen konnte sie sich allerdings nicht darüber freuen, denn sie war eifersüchtig, weil Kaden die anderen Frauen mit seinem Charme einwickelte, während er seine eigene Frau auf Distanz hielt.
Nachts lag sie schlaflos im Bett. Nicht einmal beim Abendessen hatte Kaden ihr Gesellschaft geleistet. Lange würde sie es nicht mehr aushalten, von ihm behandelt zu werden, als wäre sie eine tickende Zeitbombe!
Als er sich schließlich auf Zehenspitzen ins nur vom Mondschein beleuchtete Schlafzimmer schlich, richtete Julia sich auf und sagte bitter: „Ich bin wach.“
Er blieb kurz stehen, nickte dann und begann, sich auszuziehen. Sehnsüchtig sah sie ihm dabei zu.
„Warum bist du nicht zum Abendessen gekommen?“
„Ich wurde von einem Anruf aufgehalten“, erklärte er kühl. „Sadiq wollte die Ölförderung mit mir besprechen. Übrigens erwarten er und Samia auch Nachwuchs.“
„Aha.“ Julia wusste nicht, was sie sagen sollte. Es war offensichtlich, dass Kaden keine Lust hatte, sich mit ihr zu unterhalten.
Er legte sich ins Bett und deckte sich zu. Die Spannung im Raum wurde unerträglich.
Julia wandte sich ihm zu. „So geht das nicht weiter, Kaden. Wir müssen reden.“
Panik stieg in ihm auf. Den ganzen Tag war er wütend auf sich selbst gewesen, weil er dem heftigen Impuls nachgegeben hatte, Julia sofort nach seiner Rückkehr aus der Wüste aufzusuchen. Als er sie dann gesehen hatte, war seine Erleichterung so groß gewesen, dass er befürchtete, Julia könnte ihm seine Gefühle ansehen. Deshalb hatte er sich so schnell wieder aus dem Staub gemacht.
Während der zweitägigen Abwesenheit war es ihm fast gelungen, erneut an das zu glauben, was zwölf Jahre lang für ihn gegolten hatte. Doch kaum befand er sich wieder in Julias Nähe, war es mit seiner Selbstbeherrschung vorbei. Seine Sehnsucht nach ihr war
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