Julia Extra Band 159
spürte, wie ihre Knie schwach wurden. „Wie kommen Sie darauf, daß es ihn überhaupt interessiert? Sie haben schließlich selbst behauptet, daß die Liebe zwischen uns nicht besonders groß ist."
„Das war vor dem Abendessen. Ganz offensichtlich haben Sie Ihre Meinungsverschiedenheiten inzwischen beigelegt." Leo schüttelte den Kopf. „Geben Sie sich keine Mühe. Sie sitzen in der Klemme, das wissen Sie so gut wie ich. Entscheiden Sie sich, was Ihnen lieber ist. Ich persönlich würde im übrigen das Risiko nicht eingehen. Ihr Liebster kommt mir nicht so vor, als würde er leicht verzeihen." Er sah sie eine Weile an. „Sie haben vierundzwanzig Stunden Zeit. Ich lasse mir schließlich nicht nachsagen, daß ich ein Unmensch bin."
Alex mußte sich zwingen, sich in Bewegung zu setzen. Sie wußte kaum, wohin sie ging, es kümmerte sie auch nicht. Hauptsache, sie mußte diesen Kerl nicht mehr sehen. Sie hatte über die Jahre schon eine ganze Reihe schmieriger Typen kennengelernt, aber er war der schlimmste, Morgan Baxter eingeschlossen. Wenn man es genau besah, war es Erpressung, was er da mit ihr trieb. Und das war strafbar. Sie wollte, sie hätte den Mut, ihn anzuzeigen - oder den Mut, Cal alles zu gestehen. Aber wie sollte er ihr glauben, wenn sie so lange damit gewartet hatte?
11
Cal kam mit seinen Männern kurz nach zwölf Uhr zurück. Als Alex ihn von ihrem Fenster aus beobachtete, fühlte sie sich an ihren ersten Abend auf der Ranch erinnert. Hätte ihr damals jemand prophezeit, daß sie nicht einmal eine Woche brauchen würde, um sich in Cal Forrester zu verlieben, sie hätte ihn ausgelacht. Und doch war genau das passiert.
Aber eben nicht nur das. Warum hatte ausgerechnet Leo Kirby hier auftauchen müssen? Sie hatte nicht den geringsten Zweifel daran, daß er seine Drohung wahr machen würde, wenn sie nicht tat, was er wollte. Er würde vor nichts zurückschrecken, um zu bekommen, was er wollte.
Soweit sie es beurteilen konnte, hatte sie jetzt drei Möglichkeiten. Sie konnte Cal selbst die Wahrheit sagen, sie konnte Leo geben, was er wollte, oder sie nutzte den Aufschub, den Leo ihr gewähren wollte, und nahm dann den Flug nach Hause, den sie noch immer nicht storniert hatte.
Die zweite Möglichkeit kam ganz eindeutig nicht in Frage, al so blieb nur noch die Alternative: sich stellen oder die Flucht er greifen. Dazwischen mußte sie sich entscheiden.
Das Mittagessen war eine harte Prüfung. Alex saß Leo Kirby gegenüber und konnte es gar nicht vermeiden, ihn von Zeit zu Zeit anzuschauen, ob sie wollte oder nicht. Cal würde den Mann ohne viel Federlesens hinauswerfen, das wußte sie, ganz gleich, ob er ihm glaubte oder nicht. Aber das war auch kein großer Trost, vor allem dann nicht, wenn sie Kirby mit größter Wahrscheinlichkeit auf dem Fuß folgen würde.
„Alex?" Cals Stimme riß sie aus ihren Gedanken. Er sah sie forschend an. „Mrs. Hailwood hat dich gefragt, ob sie dich vielleicht schon einmal auf einem Plakat in der Londoner
U-Bahn gesehen haben kann."
„Margot hat uns erzählt, daß Sie Fotomodell sind", sagte die Frau jetzt. „Wir waren vor ein paar Wochen in London, und ich bin mir ganz sicher, daß ich Sie auf einer Reklame für irgendein Haarpflegemittel gesehen habe."
Alex hob die Schultern. „Möglich", meinte sie. Das Lächeln fiel ihr schwer. „Ich habe vor einiger Zeit Aufnahmen für ein Shampoo gemacht."
Die Frau sah sie voll neidvoller Bewunderung an. „Ich würde viel geben, wenn ich solche Haare hätte wie Sie."
„Es kann gut sein, daß Sie Alex auch woandersher kennen, nicht nur aus der Londoner U-Bahn", warf Leo Kirby ein.
Alex hob mit einem Ruck den Kopf, aber zum Glück begann in diesem Augenblick einer der anderen Gäste, von dem morgendlichen Ausritt zu erzählen, und das Gespräch nahm eine andere Wendung.
Es war vielleicht ein Fehler, daß sie in diesem Augenblick zu Cal hinüberschaute. Er hatte die Brauen zusammengezogen und sah sie durchdringend an. Ganz eindeutig hatte er etwas gemerkt, und natürlich würde er wissen wollen, was da gewesen war Die Frage war: Würde sie es über sich bringen, ihm die Wahrheit zu sagen?
Leo Kirby ging nach dem Essen zu seinem Bungalow, während Greg und Margot die Gäste sammelten, die sich im Lassowerfen üben wollten.
„Was ist mit dir?" wollte Alex von Cal wissen. „Mußt du nicht wieder an die Arbeit?" Sie hoffte halb, daß er ja sagen würde.
„Ich muß gar nichts", gab er trocken zurück. „Wozu bin
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