Julia Extra Band 159
Mal, wo sie so zerzaust - so hinreißend zerzaust - ausgesehen hatte, war im Bett gewesen.
Gifford runzelte die Stirn, als er an ihre Liebesspiele dachte: Es war wundervoll gewesen, sie hatten in so vielen Dingen hervorragend zusammengepaßt ...
„Aha", murmelte er. „Und wer, ist Edith?"
„Sie war die Lebensgefährtin meines Onkels. Er starb vor drei Monaten an Krebs."
Er starrte sie an. „Dieses Lokal gehörte deinem Onkel?" fragte er ungläubig. „Ich erinnere mich, daß du etwas davon erzähltest, aber ich dachte, er hätte es letztes Jahr verkauft?"
„Das hatte Oscar vor, doch die Sache hatte sich dann zerschlagen. Erst jetzt haben wir wieder einen Interessenten an der Hand." Cass überlegte eine Weile und fuhr dann fort: „Edith ist wundervoll, doch mit Verkaufsverhandlungen völlig überfordert. Als sich der Käufer meldete, rief sie mich in London an. Verzweifelt bat sie mich herzukommen, und da mir ein Szenenwechsel gerade gut paßte ...
Cass unterbrach sich. Immer, wenn sie nervös war, hatte sie . die Neigung, zuviel zu reden. Nicht, daß es einen Grund für ihre Nervosität gab. Vielmehr sollte eher Gifford verlegen und nervös sein, nicht sie!
„... hast du dir einen Urlaub gegönnt", vervollständigte Gifford ihren Satz.
„Ja, so kann man es nennen. Was ist mit dir? Verbringst du hier auf Praslin die Ferien., oder bist du ein Tagesausflügler von Mahé?"
Obgleich nur siebzehn Meilen lang und fünf breit, war Mahé die größte der mehr als hundert Inseln des Archipels. Sie beherbergte die Hauptstadt der Seychellen, Victoria, und besaß die meisten Hotels und die vielfältigsten Freizeitangebote. Ja, gewiß würde Gifford als begeisterter Sportfan auf Mahé wohnen, denn er würde segeln, schnorcheln und Wasserski laufen wollen. Und für Cass' Seelenfrieden wäre es gut zu wissen, daß einige Meilen Seewasser zwischen ihnen lägen ...
„Auch wenn ich deine Hoffnungen zerstören muß", meinte er, ,,aber ich bleibe hier auf Praslin."
In ihrem Bauch begannen Schmetterlinge zu tanzen.. „Im Club Sesel ?" fragte sie.
Das Sesel - Sesel ist die kreolische Bezeichnung für die Seychellen - war eine Viersterneclubanlage, die dem Eden gegenüber an einer flachen Bucht lag. Gifford schüttelte den Kopf.
Ein Hoffnungsschimmer durchzuckte Cass. Alle anderen Hotels der Insel lagen an anderen Küstenabschnitten, zwar nur etwa sieben oder acht Meilen entfernt, aber das war besser als nichts.
„Ich wohne nicht in einem Hotel", meinte Gifford, „sondern habe ein Haus gemietet." Er deutete mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung.
Ihr sank das, Herz. Sie kannte die von tropischen Bäumen und farbenprächtigen Bougainvilleen umstandene weiße Villa gut. Die Terrasse bot den schönsten Blick aufs Meer, es gab einen lauschigen Grillplatz und sogar einen Fitneßraum.
„ Maison d'Horizon ? Dann bist du ja mein Nachbar!" rief sie aus
Er grinste. „Ja, ich habe beschlossen, mich eine Weile selbst zu verwöhnen. Ich bin also der Junge von nebenan."
Cass schluckte. Gifford war kein Junge, er war ein Mann. Ein Mann, der ihr das Herz gebrochen, sich davongemacht und es ihr überlassen hatte, die Scherben zusammenzusammeln.
„Ich werde zwei Monate bleiben", sagte er. Als er ihr ungläubiges Gesicht sah, fuhr er fort: „Es ist dein Fehler, daß ich mir die Seychellen ausgesucht habe."
„Wieso?" fragte Cass empört.
„Nun, du hast mir von deinen Ferien hier erzählt, wie ruhig und friedlich es hier wäre, wie wunderschön die Landschaft, die Strände und das Meer sind. Ich sehe, du hast nicht übertrieben."
Also war wieder einmal ihr loses Mundwerk an allem schuld! „Dieser 14-Stunden-Tag hat dich also letztlich doch geschafft?"
„Nein, das war es nicht. Ich ... mir ging es zwischenzeitlich nicht so gut, und ich bin hier, um mich zu erholen", meinte er, ohne auf die näheren Umstände weiter einzugehen. „Kann ich etwas zu essen haben?"
Cass riß die Augen auf. „Wie bitte?" Während sie sich unterhielten, hatte sie die ganze Zeit darauf gewartet, daß Gifford nach dem Baby fragen würde. Bisher hatte er es zwar vorgezogen, dessen Existenz zu ignorieren, doch jetzt konnte er an den Tatsachen nicht länger vorbeisehen. Und Cass würde ihm die Sache nicht leichter machen, indem sie mit dem Thema anfing.
„Ich habe Hunger."
„Edith ist nicht da ...", meinte Cass abweisend. Doch dann fiel ihr ein, daß sie sich nicht zu feindselig geben durfte. Vielleicht gab es einmal eine Situation, wo sie
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