Julia Extra Band 159
erzählt habe", riet Alex ihm. Sie war nahezu am Ende ihrer Geduld angelangt. „Ich glaube, ich mache noch einen Spaziergang zu den Koppeln und gehe dann früh ins Bett." Sie setzte sich in Bewegung. „Mir ist nicht nach Konversation. "
Sie hatten so nahe an den Verandastufen gesessen, daß niemand bemerkte, daß sie sich davonschlich. Sie hoffte es zumindest. Im Augenblick wollte sie einfach nur allein sein. Vielleicht war es besser, wenn sie die Ranch morgen schon verließ und sich für den letzten Abend ein Zimmer in der Stadt nahm.
In beiden Koppeln hielten sich vielleicht ein Dutzend Pferde auf, aber Minty, Jed und Jingo waren nicht dabei. Alex setzte sich auf die Umzäunung und stützte das Kinn auf. Die Pferde würden ihr fehlen, fast genauso wie Cal. Sie mußte mit den Tränen kämpfen. Alles, was sie sich je vom Leben erhofft hatte, hatte sie hier gefunden - nur, um es jetzt wieder aufgeben zu müssen.
Erzähl Cal die Geschichte, flüsterte eine kleine Stimme in ihr. Wenn er etwas für dich empfindet, wird er dir glauben.
„Na, so nachdenklich?" fragte da jemand hinter ihr. „Sie sitzen in der Falle, ich hoffe das ist Ihnen klar. Wenn Sie das hier nicht alles aufgeben wollen, werden Sie ein bißchen freundlicher zu mir sein müssen."
Alex ließ sich langsam auf den Boden gleiten. Es kostete sie Überwindung, sich umzudrehen und den Mann anzuschauen, der ihr Leben ruinierte. Sie war stark versucht, ihm ins Gesicht zu spucken.
Er stand vor ihr, die Hände in den Jeanstaschen, und sah eigentlich ganz harmlos aus. Man sollte wirklich nicht nach dem Äußeren gehen, dachte Alex.
„Sie sind ein erbärmlicher Wicht!" zischte sie verächtlich.
Leo Kirby lachte nur und taxierte sie ausgiebig. Ihr Gesichtsausdruck schien ihn zu belustigen. „Tun Sie nicht so, als wäre es das erste Mal, daß ein Mann Sie so anschaut."
„Sie wollen ein Mann sein?" gab sie zurück. „Machen Sie sich nicht lächerlich, Sie jämmerlicher Erpresser! "
„Und Sie sollten sich nicht so aufspielen", gab er ungerührt zurück. „Ich falle nicht auf Ihr Theater herein, also sparen Sie Ihre Energie. Wenn Forrester nicht erfahren soll, was los ist, werden Sie schön tun, was ich Ihnen sage. Und um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern ..."
Er zog ein zusammengefaltetes Stück Papier aus seiner hinteren Hosentasche und warf es ihr vor die Füße, als sie keine Anstalten machte, es aus seiner Hand entgegenzunehmen. „Vielleicht möchten Sie ja Ihre Erinnerung etwas auffrischen. Es ist, im übrigen nicht die einzige Kopie, falls Sie darauf spekulieren sollten." Er hob in spöttischem Gruß die Hand. „Bis später."
Alex blieb stehen, wo sie war. Erst als er fast am Haus angelangt war, bückte sie sich endlich. Aber sie wußte auch so, was sie finden würde.
Der Mond schien hell genug, um das Fax deutlich erkennen zu können. Das Foto war gut wiedergegeben. Ihre Lippen waren sinnlich geöffnet, in den Augen stand eine unzweideutige Einladung. Wenn sie sich recht erinnerte, war es einmal als Werbung für ein Rasierwasser gemacht worden. Darunter befand sich ein zweites Foto. Es war entstanden, als sie nach einer Nacht in der Zelle das Polizeirevier verlassen hatte. Ihre Haare waren zerzaust, und das Kleid sah aus, als hätte sie darin geschlafen. In Wirklichkeit hatte sie die ganze Nacht über kein Auge zugetan.
Morgan hatte sie eingeladen, den Abend mit ihm in einem seiner Clubs zu verbringen, und sie hatte in ihrer Naivität zugesagt. Selbst als dann an seinen Absichten nicht mehr zu deuteln war, dauerte es noch eine ganze Weile, bis sie diese Ungeheuerlichkeit geglaubt hatte. Er hatte offenbar erwartet, daß sie nur zu freudig die Chance ergreifen würde, sich als eine seiner hochbezahlten „Hostessen" zu verdingen.
Er hatte noch versucht, sie dazu zu überreden, als die Polizei hereingestürmt war, um den Club nach Rauschgift zu durchsuchen - damit handelte er, wie sich später herausstellte. Und so war sie auf der Polizeiwache gelandet. Am nächsten Tag hatte man sie wieder nach Hause geschickt, weil man ihr nicht hatte nachweisen können, daß sie in den Rauschgifthandel verwickelt war. Aber da hatte die Presse schon Wind von der Sache bekommen.
Der durchgefaxte Artikel, den Kirby ihr vor die Füße geworfen hatte, war nicht der einzige, der damals in den Zeitungen erschienen war, er war nur der schlimmste gewesen. Sie hätte da gegen klagen können, hatte aber darauf verzichtet, um nicht noch mehr Wirbel in der
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