Julia Extra Band 159
ich der Boss hier? Komm, satteln wir die Pferde. Ich möchte dir etwas zeigen."
Sie nahmen Minty und Jingo. Unter Cals festen Händen benahm der Wallach sich tadellos. Dafür war Minty heute unruhig. Sie spürte wohl die Nervosität ihrer Reiterin.
Alex hatte nicht darauf geachtet, wohin sie ritten. Jetzt tauchte hinter einem Hügel ein kleines, üppig grünes Tal vor ihnen auf. Eine Flußschleife war zu erkennen.
„Hidden Creek", sagte Cal. „Wie würde es dir gefallen, wenn wir hier ein Haus bauen würden?"
„Aber du hast doch schon ein Haus."
„Aber hier wären wir ungestört. Greg und Margot müssen in der Nähe der Gäste sein, aber wir nicht. Ich habe diesen Fleck immer geliebt."
Das war nicht schwer zu verstehen. Alex konnte sich sogar schon das Haus vorstellen. Was sie nicht sah, war sich selbst zusammen mit Cal in diesem Haus.
„Du scheinst nicht besonders begeistert zu sein", bemerkte er jetzt und sah sie forschend an. „Möchtest du denn lieber im Haupthaus wohnen bleiben?"
„Nein, natürlich nicht", gab sie schnell zurück. „Es ist nur ..." Sie unterbrach sich, um nach einer plausiblen Erklärung zu suchen. „Es geht alles so schnell, daß ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann", sagte sie endlich lahm. „Gestern um diese Zeit haben wir nicht einmal miteinander gesprochen!"
„Das war gestern." Cal sah sie unverwandt an. „Verschweigst du mir etwas?"
Alex war am ganzen Körper verspannt. Jetzt wäre der richtige Moment gekommen, um ihm alles zu beichten. Aber sie brachte es nicht über sich.
„Was, zum Beispiel?"
„Zum Beispiel, daß du und Kirby euch von irgendwoher kennt?"
„Aber ich habe ihn vorher noch nie gesehen." Wenigstens das entsprach der Wahrheit. „Wie kommst du denn darauf?"
„Ich hatte gestern abend den Eindruck, als ob ihr recht vertraut miteinander umgeht."
„Wir kommen beide aus England. Da hat man natürlich einiges gemeinsam."
„Das habe ich zuerst auch gedacht - bis heute mittag."
Alex rettete sich in Ärger. „Muß ich jetzt jedesmal so ein Kreuzverhör über mich ergehen lassen, wenn ich mit einem an deren Mann ein paar Worte wechsle?"
Minty begann unruhig zu tänzeln, und Alex versuchte, sie zu beruhigen. Und in diesen wenigen Augenblicken fand sie auch die Fassung wieder. Es war am besten, wenn sie einen schnellen, klaren Schnitt machte. „Ich glaube, ich habe mich letzte Nacht da in etwas hineingesteigert", sagte sie etwas schroff. „Es ging zu schnell und zu weit. Ich ... ich kann dich nicht heiraten, Cal. Es tut mir leid."
Seine grauen Augen waren kalt. „Einfach so?"
„Nein, nicht einfach so. Ich habe den ganzen Vormittag an nichts anderes gedacht." Sie hatte den Kopf gesenkt und sah starr auf ihre Hand, mit der sie Mintys Hals streichelte.
„In so wenigen Tagen können sich keine echten Gefühle entwickeln. Das kann keine Liebe sein. Wir fühlen uns körperlich zueinander hingezogen, mehr nicht. Das reicht nicht als Basis für eine Ehe."
„Nein", erwiderte er kurz. „Da hast du wohl recht." Er machte eine kleine Pause, und als er wieder sprach, war seine Stimme ausdruckslos. „Was hast du jetzt vor?"
Ihre Kehle war so eng, daß sie kaum einen Ton hervorbrachte. „Ich werde am Donnerstag nach Hause fliegen."
„Und was ist mit Greg?"
„Er braucht mich nicht."
„Das ist wahr. Du hast deinen Zweck schon erfüllt."
Sie hob mit einem Ruck den Kopf. „Welchen Zweck?"
„Mich für ihn gnädig zu stimmen."
„Das ist nicht wahr!" Alex konnte seinem Blick nicht mehr ausweichen. Der Zynismus, den sie in seinen Augen sah, tat ihr weh. „Er hat mich nie gebeten, ihm zu helfen."
„Erzähl mir nichts."
„Aber es ist wahr." Sie schluckte und kämpfte verzweifelt um ihre Haltung. „Du wirst ihm seine neue Aufgabe doch nicht wieder wegnehmen, oder?"
Er zuckte die Achseln. „Nein. Das hat nichts mit dir zu tun." Die Knöchel an seiner Hand traten weiß hervor, als er wieder nach den Zügeln faßte. „Reiten wir zurück."
Der Heimweg war entsetzlich. Noch nie in ihrem Leben war Alex so trostlos zumute gewesen. Aber sie hatte keine andere Wahl gehabt. Es war am besten so.
Die Lassowerfer waren noch in vollem Gange, und die Stimmung war prächtig. Alex schloß sich ihnen an, nachdem sie Minty von ihrem Sattel befreit hatte.
„Na, wie läuft es bis jetzt?" fragte sie mit erzwungener Fröhlichkeit.
„Lauter große Talente", berichtete augenzwinkernd der ältere Rancharbeiter, der den Unterricht übernommen hatte. „Am
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