Julia Extra Band 356 - Ebook
habe ich an nichts anderes mehr gedacht.“
Kiryl wusste, dass sein Vater sich dieser Tat in der Öffentlichkeit gerühmt hatte. Er konnte davon ausgehen, dass auch Vasilii davon wusste. Immer wieder war er im Verlauf seiner Karriere genüsslich von anderen an diese Schmach erinnert worden. Doch das würde nun ein Ende haben.
Trotzdem dachte er in diesem Moment nicht an seinen Vater und den möglichen Triumph über ihn. Stattdessen sah er wieder Alenas Gesicht vor sich. Wie sie in seinen Armen lag und ihn voller Liebe anschaute. Wie sie lachte, als sie Kinder beim Spielen im Schnee beobachtete. Alena, die sich an ihm festgehalten hatte, als sie mit dem Schlittengespann über eine vereiste Piste gerast waren. Alena, die ihm so stolz von der Arbeit ihrer Mutter und ihren eigenen Plänen für die Stiftung erzählt hatte. Alena, die ihn liebte und mit ihm eine gemeinsame Zukunft aufbauen wollte.
Gedankenverloren sah er zu Vasilii hinüber. Der war ans Fenster getreten und sah hinaus. Kiryl zweifelte nicht daran, dass er sein Ultimatum annehmen würde. Aber anstatt über seinen Triumph zu jubeln, fühlte er sich seltsam leer.
Schließlich wandte Vasilii sich um und sagte ruhig: „Gut, ich bin bereit, mich aus diesem Geschäft zurückzuziehen und Ihnen den Auftrag zu überlassen. Aber nur unter einer Bedingung: Sie werden Alena heiraten.“
9. KAPITEL
„Alena heiraten?“
Kiryl starrte Vasilii erschrocken an, während sein Herz vor Aufregung raste, als hätte ihm jemand unerwartet ein Rettungsseil zugeworfen, bevor er in der Dunkelheit eines tiefen Schachts verschwand.
„Habe ich Sie richtig verstanden?“
Vasilii nickte ernst. „Ja, das haben Sie. Unter diesen Umständen halte ich es für das Beste. Sie erklären sich mit einer schnellen Hochzeit einverstanden, dafür bekommen Sie den Auftrag.“
Alena heiraten … Alena, die ihn liebte und sich ihm aus freien Stücken hingegeben hatte …
Nein, daran durfte er gar nicht denken. Es wäre schier wahnsinnig, seinen Gefühlen für Alena nachzugeben. Damit würde er alles aufs Spiel setzen, wofür er sein Leben lang gekämpft hatte. Er durfte sich emotional von niemandem abhängig machen.
Doch natürlich wäre eine Heirat mit Vasilii Demidovs Halbschwester für ihn auch geschäftlich von Vorteil – selbst wenn da ein nagendes Gefühl in seinem tiefsten Inneren blieb, das ihm zu schaffen machte.
Kurz entschlossen trat einen Schritt vor. „Also gut, abgemacht“, sagte er und reichte Vasilii die Hand.
Im Nebenraum seufzte Alena verzweifelt auf. Das konnte nicht wahr sein! Es war schlimm genug für sie gewesen, zuhören zu müssen, wie Kiryl ihre Liebe kaltherzig verraten hatte. Doch jetzt wollte ihr geliebter Bruder sie auch noch wie ein Pfand verschachern! Das war mehr als sie ertragen konnte.
Endlich löste sie sich aus ihrer Erstarrung, riss die Tür auf und stürmte ins Zimmer.
„Alena!“, riefen beide Männer gleichzeitig, wobei Kiryls Stimme seltsam heiser klang.
„ Nein! Das kann nicht dein Ernst sein, Vasilii. Ich werde ihn nicht heiraten“, platzte es aus ihr heraus, und ihre Stimme bebte vor Abscheu und Empörung. „Ich habe alles gehört, Vasilii. Jedes einzelne Wort.“
Sie holte tief Luft, dann wandte sie sich Kiryl zu und sagte voller Verachtung: „Du hast vielleicht gedacht, du könntest mich benutzen, um Vasilii zu erpressen. Aber da hast du dich getäuscht! Und ich habe mich auch getäuscht – in dir. Wie blind ich doch war, aber jetzt sehe ich dich endlich so, wie du wirklich bist. Ich will dich nie, nie mehr wiedersehen!“ Voller Schmerz und Wut fügte sie hinzu: „Ich habe nicht dich geliebt, sondern eine Vorstellung von dir. Und ich habe es dir leicht gemacht, mich zu täuschen, aber diesen Fehler werde ich nicht noch einmal begehen. Und was eine Heirat angeht: Lieber bleibe ich ein Leben lang allein!“
Vasilii schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Alena. Aber ich fürchte, du musst ihn heiraten.“
Sie starrte ihren Bruder an. „Was? Vasilii, das kann doch nicht dein Ernst sein! Ich bin so froh, ihn endlich durchschaut zu haben. Er hat gar nicht mehr die Macht, dich zu erpressen, denn er hat mich nicht mehr.“
„Die Situation ist leider nicht so einfach, Alena. Du hast keine andere Wahl. Es sei denn …“ Vasilii zögerte. „Es sei denn, es war gelogen, was er mir über die Intimität eurer Beziehung erzählt hat.“
Alena war bis ins Mark getroffen. Vor Zorn schossen ihr die Tränen in die Augen. Aus den
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