Julia Extra Band 356 - Ebook
Alena war alles, was er wollte.
Alles , was er wollte? Das konnte nicht sein. Abrupt ließ er sie los.
Ernüchtert machte Alena sich von ihm los, nahm ihre Handtasche und stürmte die Treppe hinunter. Das Herz schlug ihr bis zum Halse. Ihr war übel, sie konnte einfach nicht fassen, wozu sie sich gerade hatte hinreißen lassen. Ohne nach rechts oder links zu schauen, lief sie hinaus auf den Platz und winkte ein vorbeifahrendes Taxi heran. Erleichtert ließ sie sich auf den Rücksitz fallen. Trotzdem konnte sie es sich nicht verkneifen, noch einmal zum Schlafzimmerfenster hochzuschauen.
Dort stand Kiryl und sah mit ausdrucksloser Miene auf den Platz hinab. Alena wäre vor Schmach am liebsten im Boden versunken. Es war alles ihre Schuld, sie hätte ihn nicht provozieren dürfen. Inzwischen wusste sie doch, mit wem sie es zu tun hatte. Dieser Mann hatte keinerlei Skrupel, ihr zu demonstrieren, wie sehr sie ihn immer noch begehrte. Oh, wie demütigend das alles war!
Kiryl sah, wie das Taxi mit Alena um die Ecke verschwand, und verspürte Erleichterung. Ein paar Minuten länger, und er hätte sie wahrscheinlich angefleht, ihm noch eine Chance zu geben. Hätte sie angefleht, sie lieben zu dürfen. Sie zu lieben ? Sie zu besitzen traf es doch wohl eher. Nur darum ging es. Warum nur ging sie ihm so unter die Haut?
Alena.
Warum erfüllte allein ihr Name ihn schon mit einer solchen Sehnsucht, dass es wehtat?
11. KAPITEL
Alena lag in dem luxuriösen St. Petersburger Apartment, das Vasilii gemietet hatte, im Bett und spürte die Strahlen der Morgensonne, die durchs Fenster fielen. Sie wärmten ihre Haut … aber nicht in der Weise, wie Kiryl sie mit seinen Zärtlichkeiten gewärmt hatte. Nichts und niemand konnte sie jemals wieder so tief berühren. Und niemand würde je die Sehnsucht stillen können, die sie noch immer verspürte.
Warum musste das ausgerechnet ihr passieren? Warum war sie verdammt, sich nach einem Mann zu sehnen, obwohl sie genau wusste, dass er ihrer nicht wert war? Ganz einfach – weil sie ihn immer noch liebte. Es gab nichts, was sie tun oder sich einreden konnte, um das zu ändern. Alena seufzte verzweifelt. Wie sollte sie es nur schaffen, diese Farce von einer Ehe mitzuspielen, ohne ihre Gefühle zu verraten? Wie sollte sie es anstellen, mit Kiryl unter einem Dach zu leben, ohne dass er mitbekam, wie sehr sie sich nach ihm sehnte.
Für sie war Kiryl gefährlicher als jede Droge. Die wenigen leidenschaftlichen Minuten, die sie in jenem Haus in London in seinen Armen verbracht hatte, hatten genügt, um ihr jegliche Illusion zu rauben, sie könne ihm irgendwann in naher Zukunft widerstehen. Es ging nicht anders – sie musste sich der Wahrheit stellen. Trotz allem, was sie inzwischen über Kiryl und seinen Charakter wusste, war die Liebe zu ihm immer noch in Alena lebendig. Diese Erkenntnis war niederschmetternd und kratzte an ihrer Selbstachtung.
Einen Tag vor der Abreise nach St. Petersburg war ihr Hochzeitskleid geliefert worden. Alena hatte sich geweigert, es auszupacken. Sie hatte es nicht einmal angeschaut, geschweige denn anprobiert. Doch nun, da sie ins Ankleidezimmer trat, war das Hausmädchen, das Vasilii für die Dauer ihres Aufenthalts engagiert hatte, gerade dabei, es auf den Bügel zu hängen.
Der Anblick war ein regelrechter Schock. Sie hatte das Kleid schon wieder vergessen gehabt, doch jetzt kam ihr schmerzhaft ins Bewusstsein, dass die Verkäuferin für sie genau das Kleid ausgewählt hatte, das sich Alena gewünscht hätte, wären es eine wirkliche Hochzeit gewesen. Wäre sie eine richtige Braut gewesen, die ihren Bräutigam liebte und von ihm geliebt wurde. Unwillkürlich fing sie an zu zittern. Wenn das Hausmädchen nicht da gewesen wäre, hätte sie das Kleid zusammengepackt und im hintersten Winkel der Wohnung verstaut. Aber die Hausangestellte war nun mal hier, und das Kleid hing tatsächlich in ihrem Ankleideraum. Jedes Mal, wenn Alena ihn öffnete, wurde sie mit der Vision einer Hochzeit konfrontiert, die so nie stattfinden würde.
Sie konnte den Gedanken, das Kleid zu tragen, kaum ertragen. Nun bereute sie, dass sie die Boutique so Hals über Kopf verlassen hatte. Sie hätte ein Kleid aussuchen sollen, das ihr ganz und gar nicht gefiel und das ihre wirklichen Gefühle angesichts der bevorstehenden Hochzeit besser widerspiegelte. Ein hässliches Kleid für eine hässliche Hochzeit, die unter völlig falschen Voraussetzungen geschlossen wurde.
Aber es nützte nichts,
Weitere Kostenlose Bücher