Julia Extra Band 356 - Ebook
gegeben, an dem ihn ihre Worte nicht verfolgt hatten.
Und jetzt, da alles, für das er je gearbeitet hatte, endlich in greifbare Nähe gerückt war, fühlte er sich merkwürdig hohl und leer – als ob das alles keinen Wert mehr hätte.
Glaubst du, deine Mutter wäre glücklich, wenn sie sehen müsste, was für ein kalter, liebesunfähiger Mensch ihr Sohn ist? hatte Alena ihn gefragt.
Jahrelang hatte Kiryl sich verboten, überhaupt an seine Mutter zu denken. Ihr Schmerz und die Demütigung durch seinen Vater hatten sie vernichtet. Und dasselbe Schicksal drohte ihm, wenn er einen anderen Menschen zu nahe an sich heranließ. Zumindest hatte er sich das ständig eingeredet und sich die Sicht seines Vaters auf seine Mutter zu eigen gemacht. Anstatt stolz auf sie zu sein, hatte er sich für sie geschämt und absurderweise auch noch geglaubt, dass ihn das stärker machen würde.
Kiryl rieb sich die Augen, die vom Schlafmangel ganz trocken geworden waren. Er verzog das Gesicht. Vor einer Stunde hatte Vasilii ihn angerufen, um ihm zu gratulieren. An diesem Abend würde er Alena zu einem der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse der Saison begleiten. Bestimmt würden ihm dort zahlreiche Gäste zu seinem geschäftlichen Erfolg gratulieren. Viele von ihnen hatten seinen Vater gekannt, und es war allgemein bekannt, dass er Kiryl damals verstoßen hatte. Doch das gehörte jetzt der Vergangenheit an. Nun, da er den Auftrag bekommen hatte und durch die Hochzeit mit Alena zur Elite des Landes gehören würde, konnte keiner mehr auf ihn herabsehen. Er hatte alles bekommen, was er sich je gewünscht hatte.
Alles bis auf Alenas Liebe – dieses unendlich kostbare Geschenk, das er so wenig geschätzt hatte und nach dem er sich jetzt so sehnte.
Für einen Moment drohte der Schmerz, ihn zu überwältigen. Er schloss die Augen. Nein, er durfte jetzt nicht lange nachdenken. Es gab Dinge, die er tun musste – und zwar sofort.
Alena wollte gerade in ihr Zimmer gehen, um sich umzuziehen, als ein Kurier von einem der exklusivsten Juwelierläden der Stadt eintraf. Das Hausmädchen, das Alena die Sendung überbrachte, war aufgeregter als sie selbst. Es handelte sich um vier kleine Schachteln, die mit einem Monogramm verziert und in Seidenpapier eingeschlagen waren.
Alena nahm sie mit auf ihr Zimmer und seufzte. Anscheinend war Vasilii einfach nicht davon abzubringen, dass sie am heutigen Abend Schmuck tragen sollte.
Das Herz einer jeden Frau hätte beim Gedanken an neuen Schmuck sicher höher geschlagen, doch sie verspürte keine Freude. Dennoch öffnete sie die Schachteln eine nach der anderen und musste zugeben, dass die Schönheit des Colliers, das in der größten Schachtel lag, auch sie nicht unberührt ließ. Es war eine exquisite Kreation aus Brillanten und Diamanten, die im Licht um die Wette funkelten. Zugleich war der Entwurf sehr diskret und ganz und gar nicht protzig, was vom sicheren Geschmack desjenigen zeugte, der diesen Schmuck kreiert hatte.
Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. Ihr Bruder verstand sie doch besser, als sie angenommen hatte. Er hatte gewusst, dass dieses Stück Schmuck ihrem Geschmack und ihrer Lebenshaltung entsprach.
In den anderen Boxen fand sie das passende Armband und ein Paar Ohrringe, die das Set vervollständigten. Alena musste zugeben, dass es sehr aufmerksam von Vasilii gewesen war, sich trotz seiner vielen Arbeit noch um Schmuck für sie zu kümmern. Aber viel lieber als alle Geschenke wäre es ihr gewesen, wenn er sie von dieser Ehe befreit hätte, die ihr so sehr zusetzte. Beim Gedanken an die bevorstehende Hochzeit wurde ihr das Herz ganz schwer. Wie sollte sie nur tagtäglich Seite an Seite mit Kiryl leben – in dem Wissen, dass sie ihn liebte, doch dass er diese Liebe nie erwidern würde. Sie wurde traurig, wenn sie daran dachte, das aus ihm ganz ein anderer Mensch hätte werden können, wenn er sich nur anders entschieden hätte. Und dieses Wissen empfand Alena als eine unendlich schwere Last.
Das Kleid, das sie an diesem Abend trug, war aus fliederfarbener Seide. Der Schnitt war raffiniert und umspielte die Kurven ihres Körpers eher als sie zu betonen. Es hatte lange Ärmel und war am Hals geschlossen. Auch wenn es nicht direkt provozierend war, so war Alena doch froh um die passende Stola, mit der sie ihre Schultern bedecken konnte. Sie hätte sich sonst in diesem Kleid nicht wohlgefühlt.
Damit das Collier und die Ohrringe besser zur Geltung kamen, hatte sie ihr
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