Julia Extra Band 356
dachte.“
Sie hatte ihren Sohn verlassen, und er hatte es vorgezogen, sie zu vergessen. Das war ein hartes Stück Arbeit gewesen. Aber in diesem Augenblick, hier in der Dunkelheit, mit dem tosenden Wind draußen, konnte er sich nicht mehr gegen die Erinnerungen aus seiner Kindheit wehren.
Er sah das sanfte Lächeln seiner Mutter vor sich, spürte die Wärme ihrer Umarmung. Selbst den Duft ihres Parfüms hatte er in der Nase. Er hörte ihre einfühlsame Stimme, als sie ihm am Abend seine Lieblingsgeschichten vorlas. Er hatte seine Mutter angebetet und sich immer auf sie gefreut, wenn er aus der Schule nach Hause kam. Ein Zuhause, das sie liebevoll gestaltet hatte.
Umso grausamer war die Erinnerung daran, wie sie plötzlich verschwunden war. Erneut erfasste ihn jetzt der schreckliche Schmerz, den er als Zehnjähriger erfahren hatte, als er der Wut seines Vaters zum Opfer fiel.
„Es tut mir so leid“, erklang Bellas Stimme leise in der Dunkelheit. Sie kniete jetzt neben ihm. „Ich hätte deine Mom nicht erwähnen dürfen.“
Mit letzter Willenskraft bezwang er seine aufgewühlten Emotionen. „Mach dir keine Sorgen. Es ist alles okay.“
Zärtlich strich sie ihm über die Wange. „Du musst nicht in jedem Augenblick der starke Mann sein.“
„Ja … ich weiß.“ Er stieß einen langen Seufzer aus. Genug der Erinnerungen. Er ergriff ihre Hand und führte sie an seine Lippen. „Aber weißt du, es hat Vorteile, den harten Kerl zu spielen.“
„Glaubst du?“
„Ja, denn der kriegt am Ende immer die Frau.“
„Ja“, rief sie mit piepsender Stimme. „Er kriegt sie, obwohl sie ihm aus dem Weg gehen will.“
Er strich ihr übers Haar und über die tränenfeuchten Wangen.
„Bella“, flüsterte er mit rauer Stimme und versuchte mit dem Daumen die Tränen wegzuwischen. „Ich habe dir übel mitgespielt, nicht wahr?“ Er schluckte den brennenden Kloß im Hals hinunter. „Tapferes Mädchen.“
„Nicht heute Nacht.“
Er hätte sie am liebsten an sich gezogen. Nicht um sie zu verführen, sondern um sie zu trösten.
„Damon, hör mal. Ich glaube, der Wind hat nachgelassen“, sagte sie.
Er lauschte auf die Geräusche draußen. „Du hast recht. Ich sehe mal nach.“ Er nahm die Taschenlampe und ging zur Tür. „Es ist wirklich nicht mehr so schlimm. Wir könnten es schaffen. Willst du es versuchen?“
Sie stand bereits neben ihm und zog ihre Regenjacke über.
Augenblicke später liefen sie Hand in Hand durch den peitschenden Regen zu Jessies Haus zurück.
Es war wahrscheinlich die Stille, die Bella aufweckte. Sie öffnete die Augen und versuchte, sich zu orientieren. Sie lag auf dem Sofa in Jessies Wohnzimmer. Damons Nachtlager auf dem Fußboden war leer und aus der Küche drang herrlicher Kaffeeduft in ihre Nase.
Fahles Morgenlicht fiel durch die verbarrikadierten Fenster, und Bella bemerkte erst jetzt die Stille. Kein Lüftchen regte sich, kein Regentropfen war zu hören.
Der Sturm war vorbei.
Sie wunderte sich, dass sie trotz der emotionalen Anspannung so gut und fest geschlafen hatte. Als sie Stimmen in der Küche hörte, sprang sie auf. Damon stand in Jeans und ohne T-Shirt in der Tür und hielt einen Becher in der Hand. „Oh, die Prinzessin ist aufgewacht. Ich bringe Ihrer Hoheit eine Tasse Kaffee.“
Bella versuchte, seinen äußerst attraktiven muskulösen Oberkörper zu ignorieren. „Sind alle anderen schon wach?“
„Nein. Paddy und ich haben beschlossen, die Damen noch schlafen zu lassen.“„Das ist aber nett.“ Sie nahm den Becher und trank einen Schluck. „Gibt es wieder Strom?“
Damon schüttelte den Kopf. „Es wird Tage oder Wochen dauern, bis alles repariert ist.“
„Oh, arme Jessie. Wie sieht es draußen aus?“
„Kein schöner Anblick.“ Er zeigte mit dem Kopf zur Tür. „Komm und schau es dir selbst an!“
Obwohl Bella bereits in der vergangenen Nacht die Verwüstungen wahrgenommen hatte, war sie nun doch schockiert über das Ausmaß der Zerstörung, besonders in Jessies schönem Garten.
Über der Straße lag ein ausgerissener Baum samt Wurzeln, während überall gerissene Stromleitungsdrähte herunterhingen. Ein noch schlimmeres Bild gab der andere Baum ab, der das Dach des Nachbarhauses eingedrückt hatte.
„Ich nehme an, dass Jessie all das noch nicht gesehen hat“, sagte Bella.
„Nein. Paddy hat sie überredet, im Bett zu frühstücken.“
„Sie tut mir so leid.“
„Wenigstens sind wir hier und können bei den Aufräumarbeiten
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