Julia Extra Band 358
fort. „Eines Tages wird Ihre schöne Tochter jemanden kennenlernen, heiraten und selbst Kinder bekommen. Würde Ihre verstorbene Frau wollen, dass Sie bei Ihren Enkelkindern auch so viel versäumen?“
Nun räusperte Jack sich. „Nein, das würde sie nicht.“
Sein gequälter Tonfall weckte Schuldgefühle in ihr, weil sie nie über ihre Mom gesprochen hatten. Aber mit acht war sie zu traurig gewesen, und später hatte sie andere Probleme gehabt. Irgendwann war es dann zu spät gewesen.
„Sie müssen sich in Form bringen“, forderte Daniel Jack nun auf. „Wäre ich der Vater dieser Kinder, würde ich sie Ihnen sonst kaum anvertrauen. Ich würde mir aber wünschen, dass sie Sie genauso kennenlernen, wie sie alles über ihre verstorbene Großmutter erfahren sollten. Es wäre schön, wenn sie es von dem Mann hören könnten, der sie geliebt hat.“
Als Jo an sich hinunterblickte, stellte sie fest, dass sie sich die Hand auf den Bauch gelegt hatte. Sie konnte auf keinen Fall schwanger sein, aber sie hatte sich noch nie Gedanken darüber gemacht, welcher Mann der Vater ihrer Kinder sein würde, geschweige denn darüber, überhaupt welche zu bekommen. Mit vierundzwanzig hatte sie schließlich noch genug Zeit. Aber sie wusste, dass Daniel ein wundervoller Vater sein würde. Die Vorstellung, dass er mit einer anderen Frau Nachwuchs bekam …
Wow. Diese Vorstellung gefiel ihr überhaupt nicht.
„Ich liebe sie immer noch“, gestand Jack jetzt leise.
„Haben Sie schon mal mit dem Gedanken gespielt, sich Hilfe zu suchen? Ich kenne jemanden, der eine Gruppe leitet.“ Nach einer kurzen Pause fügte Daniel hinzu: „Wenn man bestimmte Dinge verdrängt, wird man noch weniger damit fertig. Ich spreche aus Erfahrung.“
„Sie sind ein guter Mann“, erwiderte Jack. „Ich bin froh, dass meine Tochter Sie hat.“
Das war sie auch. Es gab Dutzende von Dingen, die sie niemals vergessen würde. Aber plötzlich schien es nicht mehr genug zu sein.
„Ich bringe Ihnen die Karte nächste Woche vorbei“, sagte Daniel nun. „So, und jetzt helfe ich Ihnen, bis Jo zurückkommt.“
Leise schloss Jo die Wohnungstür hinter sich. Unten angekommen, wischte sie sich mit dem Handrücken die Tränen weg. Sie weinte sonst nie. Was war bloß mit ihr los?
Benommen ging sie über die Straße. Sie fühlte sich, als würde sie unter Schock stehen, und nicht so, als wäre sie im Begriff, sich zu verlieben. Im Laden nahm sie sich mechanisch einen Korb und ging ziellos durch die Gänge.
War sie vielleicht einem Nervenzusammenbruch nahe?
Vermutlich schon, denn sonst hätte sie wahrscheinlich schneller reagiert, als sie um die Ecke ging. Als sie merkte, was passierte, war es allerdings schon zu spät.
Wo steckte sie bloß?
Nachdem er alles aufgeräumt und Jack ins Bett geholfen hatte, trommelte Daniel ungeduldig mit den Fingern auf den Küchentresen. Jack war sofort eingeschlafen, und er blickte nun nervös auf seine Uhr. Jo hätte längst zurück sein müssen. Deshalb beschloss er, ihr entgegenzugehen.
Nachdem er die Treppe hinunter- und über die Straße gelaufen war, öffnete er die Tür zu dem Lebensmittelgeschäft und warf einen Blick in die Gänge. Jo war nirgends zu sehen. Er eilte zu der Stelle, wo er die Kasse vermutete. Als er um eine Ecke bog, sah er sie. Da stand sie. Er war unendlich erleichtert, doch als sie ihn anschaute, wusste er, dass irgendetwas nicht stimmte.
Sofort blieb er stehen und blickte nach links. Was, zum Teufel …?
„Keine Bewegung!“
Nachdem er die Waffe, die auf den Mann hinter dem Tresen gerichtet war, identifiziert hatte, sah Daniel dem Räuber ins Gesicht. „Ganz ruhig. Es muss niemand verletzt werden.“
„Ist jemand mit Ihnen reingekommen?“
„Nein.“ Instinktiv machte Daniel einen Schritt auf Jo zu, um sie zu decken. „Aber vielleicht sollten Sie die Türen abschließen.“
„ Keine Bewegung , habe ich gesagt!“
Eine Angst, wie er sie nicht kannte, überkam Daniel und wich sofort unbändigem Zorn. Er riss sich jedoch zusammen. „Ich schließe nur die dahinten ab.“
Ohne Jo anzusehen, deutete er auf die Tür, die sich wenige Meter hinter ihr befand. Eher würde er sich anschießen lassen, als dass Jo etwas passierte.
„Warum helfen Sie mir?“ Der Räuber blickte von dem Inhaber zu Jo, bevor er offenbar zu dem Ergebnis kam, dass Daniel die größere Bedrohung darstellte.
„Weil ich nicht erschossen werden möchte.“ Als der Räuber das Gewehr auf ihn richtete, zuckte Daniel
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