Julia Extra Band 358
schienen alle Geräusche zu verstummen.
Dann wurde es ihm klar.
Er hatte auf hohen Brücken gestanden, sich aus Hubschraubern abgeseilt, unter Beschuss gestanden und war in Löcher gekrochen, in denen er kaum Luft zum Atmen hatte – und nie hatte er solche Angst gehabt wie in diesem Laden. Und jetzt wusste er, warum.
Bevor Jo ihn ansah, wandte er sich ab und nahm sein Handy aus der Hosentasche. Dieser Anruf würde zwar einiges nach sich ziehen, aber er musste sich über einiges klar werden, und das konnte er nicht, wenn sie dabei war.
Jo beobachtete, wie Daniel auf und ab ging, während er telefonierte. Sie wollte stark sein. Doch während sie während des Überfalls wie betäubt gewesen war, tobte nun ein wahres Gefühlschaos in ihr. Wenn Daniel erschossen worden wäre … Wenn sie ihn verloren hätte, weil er versucht hatte, sie zu beschützen …
„Sind Sie Danger Dannys Freundin?“
Jo nickte, bevor sie sich zu dem Polizisten in Uniform umwandte. „Ich bin Jo.“
„Dom Molloy. Ich habe mit Danny im neunten Revier zusammengearbeitet, bevor er zur Emergency Service Unit gegangen ist. Freut mich, Sie kennenzulernen, Jo.“ Der dunkelhaarige Mann lächelte sie an. „Ich muss Ihre Aussage aufnehmen. Fühlen Sie sich dazu imstande?“
Wieder nickte sie. „Ja.“
„Lassen Sie uns hierher gehen. Hier ist es ruhiger.“
„Okay.“ Im Gehen blickte sie sich zu Daniel um. Sie würde alle Fragen präzise beantworten und dafür sorgen, dass alle erfuhren, wie wundervoll er sich verhalten hatte. Erst danach würde sie sich an ihn schmiegen, damit er sie festhielt.
Anders als der Überfall selbst, der in Zeitlupe abgelaufen zu sein schien, verging die Befragung wie im Flug. Als eine vertraute Stimme ihren Namen rief, blinzelte Jo überrascht.
Nachdem Liv sie umarmt hatte, betrachtete sie sie besorgt. „Alles in Ordnung?“
„Mir geht es gut.“ Jo blickte von ihr zu Blake und dann wieder zu Liv. „Was macht ihr hier?“
„Danny hat mich angerufen.“
„Sie war zu durcheinander, um selbst fahren zu können“, erklärte Blake.
„Was er damit sagen will, ist, dass ich krank vor Sorge um dich war.“
Jo wollte gerade erwidern, dass Liv keinen Grund dazu hatte, als sie eine tiefe Stimme hinter sich hörte.
„Sie hat eine Aussage gemacht und kann jetzt gehen.“
Jo wirbelte herum, um Daniel zu betrachten. Erleichtert stellte sie fest, dass er unverletzt war. Er war hier. Sie konnte ihn ansehen, ohne das Bedürfnis zu verspüren, sich wie eine Ertrinkende an ihn zu klammern. Ja, sie schaffte es!
„Was ist passiert?“, fragte Liv.
„Verdacht auf Schock. Sie ist in einen bewaffneten Überfall geraten.“
Plötzlich überkam eine Welle des Schmerzes Jo. Genau wie damals sehnte sie sich verzweifelt danach, dass Daniel sie registrierte. Wenn er sie nicht bald ansah, würde sie …
„Warum bist du in Zivil?“, hakte Liv nach.
„Ich bin nicht im Dienst.“
„Und was machst du dann hier?“
„Das geht dich nichts an“, erwiderte er abweisend. „Und wenn du sie auf dem Nachhauseweg ausquetschst, musst du bei deiner Hochzeit auf mich verzichten.“
„Warte mal!“, rief Jo, als er sich abwandte, doch er ging weiter. „Danny!“
Daraufhin drehte er sich zu ihr um. „Wenn ich jetzt zurückkomme, werde ich dich anschreien.“
Obwohl er sich offenbar zusammenriss, spürte sie seinen unbändigen Zorn. Er war also doch nicht so ruhig, wie sie vermutet hatte. Auch wenn es nicht die Reaktion sein mochte, die sie sich erhofft hatte, war es besser als nichts.
„Was hast du da eben gemacht?“, fragte Jo mit bebender Stimme.
„Meine Arbeit.“
„Gehört es auch zu deiner Arbeit, ständig dein Leben aufs Spiel zu setzen?“
„Wenn wir damit das Leben eines Menschen retten können, ist es der Preis, den wir zahlen.“
Fassungslos blickte sie ihn an. „Du hast keine Ahnung, warum ich so außer mir bin, stimmt’s?“
„Ich hatte dich vor den Gefahren in dieser Gegend gewarnt“, stieß Daniel hervor.
„Gibst du jetzt etwa mir die Schuld daran? Glaubst du, ich hätte nach einer herumfliegenden Kugel gesucht, damit du dich in die Schusslinie werfen und mir beweisen kannst, dass ich doch gerettet werden muss? Ich weiß, welche Risiken du für andere eingehst, Danny. Ich möchte nur nicht, dass du es für mich tust.“
„Glaubst du etwa, ich stehe seelenruhig da und sehe zu, wie du erschossen wirst?“
Jetzt reichte es ihr! „Meinst du, ich hätte das gewollt? Ich habe jede Sekunde,
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