Julia Extra Band 358
Cousin nur Gutes über unsere Begegnungen und Ihre Pläne berichten. Zudem hat es mich persönlich nicht überrascht zu erfahren, dass Sie beiden in einer festen Beziehung miteinander sind.“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Frauen sehen in diesen Dingen klarer als Männer. Mir ist von Anfang an eine Nähe zwischen Ihnen beiden aufgefallen, die nicht rein professioneller Natur sein konnte.“
Laura wich Vasiliis Blick aus. Am liebsten wäre sie im Boden versunken.
Vasilii sah verdutzt zunächst Wu Ying, dann Laura an. Er hatte den Vertrag also bislang nicht vermasselt, und das war zu großen Teilen das Verdienst seiner engagierten Assistentin. Sie hatte mit ihrer Vermutung recht behalten, dass Wu Ying mehr Macht besaß als gedacht. Plötzlich war er sehr stolz auf ihre Fähigkeiten, Menschen einzuschätzen, und auf ihren Mut, ihre Beobachtungen konsequent richtig einzuordnen. Sie war eine bemerkenswerte Frau.
„Im Namen meines Cousins möchte ich Sie beide auf unser Weingut einladen“, fuhr Wu Ying fort. „Darf ich ihm ausrichten, dass sie unsere Gäste sein werden und uns nach China begleiten, um dort alles Nötige zu besprechen?“
„Ja, gern. Es ist uns eine Ehre, diese Einladung anzunehmen“, versicherte Vasilii erfreut. Ihm blieb gar keine andere Wahl, wenn er das Geschäft noch zu einem positiven Abschluss bringen wollte. Und auf diese Weise blieb ihm noch etwas Zeit mit Laura als seiner angeblichen Geliebten …
„Ausgezeichnet. Dann feiern wir heute Morgen nicht unseren Abschied, sondern die Verlängerung unserer Verhandlungsgespräche“, schloss Wu Ying lachend. „Jetzt möchte ich meinem Mann und meinem Cousin die gute Nachricht überbringen. Unser Flug geht um die Mittagszeit.“
Nachdem die Chinesin verschwunden war, die sich nun in einem ganz anderen Licht gezeigt hatte als in den vergangenen Tagen, wurde Vasilii bewusst, wie viel er Laura zu verdanken hatte. Sie hatte den Durchblick gehabt, wo er blind gewesen war, und hatte die richtigen Dinge im richtigen Moment gesagt. Sicherlich war das ihr Job, aber trotzdem betrachtete Vasilii ihren außergewöhnlichen Einsatz nicht als Selbstverständlichkeit.
Und nicht nur in beruflicher Hinsicht übte sie großen Einfluss auf sein Leben aus. So wie sich die gigantischen Sandformationen der Wüste dem Willen der leichtesten Winde beugen mussten, hatte sie ganz subtil die Prioritäten in seinem wohlgeordneten Leben verschoben. Auch wenn sie sich darüber vermutlich nicht im Klaren war. Wie dem auch war, Vasilii gefiel es nicht. Kein bisschen.
„Du würdest lieber nicht nach China reisen, oder?“, fragte sie, sobald sie allein waren.
War das so offensichtlich? Vasilii hatte immer große Stücke auf seine Unnahbarkeit gehalten.
„Ich ahne es schon“, fuhr sie fort. Sie musste ihm den Weg ebnen, allein nach China zu fliegen. „Bestimmt ist es wegen mir und wegen letzter Nacht. Falls du Angst hast …“
„Wovor sollte ich denn Angst haben?“, unterbrach er sie. „Du nimmst dich wichtiger, als du bist.“ Sein Herz klopfte wie wild und strafte seine Worte Lügen. Er hatte allen Grund, sich vor Laura und vor den Gefühlen, die sie in ihm wachrief, zu fürchten. Sie hatte ihn verändert, auch wenn es ihm schwerfiel, sich das einzugestehen.
Laura war zu baff über seine heftige Reaktion, um eine passende Antwort darauf zu finden. Schon wieder hatte er die falschen Schlüsse gezogen. Dabei hatte sie ihm doch nur versichern wollen, dass sie sich ganz bestimmt nicht noch einmal daneben benehmen würde. Aber er blockte aggressiv ab, ohne zu wissen, worauf sie eigentlich hinauswollte.
Merkwürdigerweise konnte sie ihn sogar ein bisschen verstehen. Und schließlich hatte er sie vor Gang Li beschützt, dafür war sie ihm etwas schuldig. Und er hatte ihren verlorenen Ohrring ersetzt.
Hatte sein Einsatz für sie etwas zu bedeuten? Lag ihm doch mehr an ihr, als er zugeben wollte? Nach den Vorwürfen von gestern Nacht schien das ziemlich unwahrscheinlich. Vasilii hatte sie beleidigt und verschmäht. Für sie gab es keinen Platz in seinem Leben. Er könnte sie niemals lieben, weil er niemanden lieben wollte.
Mich lieben? dachte sie erschrocken. Wie komme ich denn auf diesen absurden Gedanken?
Vasilii kämpfte derweil mit einem schlechten Gewissen. Warum hatte er sie bloß wieder so anblaffen müssen? Schließlich hatte Laura hinter den Kulissen unermüdlich geschaltet und gewaltet, um das Projekt zu einem positiven Abschluss zu bringen. Trotzdem
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