Julia Extra Band 358
Du bist viel zu clever, um es nicht zu wissen“, fügte er in scharfem Ton hinzu. „Es gibt nur einen Grund, warum eine Frau deines Alters und deines Formats – attraktiv, begehrenswert, intelligent – sich bewusst dafür entscheidet, Jungfrau zu bleiben. Sie will ihre Jungfräulichkeit als Druckmittel einsetzen.“
„Druckmittel? Wofür denn?“ Seine Vorwürfe riefen die unterschiedlichsten Gefühle in ihr wach: Enttäuschung, Ärger und den dringenden Impuls, alle möglichen Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Dazu kam ihre Erregung, die nur ganz allmählich abebbte.
„Um zu erreichen, worauf sie es abgesehen hat. Um ihre Ziele durchzusetzen. Einen reichen Lover, eine vielversprechende Ehe, was weiß ich? Es soll noch Männer geben, die sich von einer unberührten Frau beeindrucken lassen und ihren menschlichen Wert höher einschätzen als den einer gewöhnlichen Heiratsschwindlerin. Ich selbst gehöre nicht dazu. Bei meinen Partnerinnen schätze ich Erfahrung und gewisse Fähigkeiten. Und da ich nicht vorhabe zu heiraten, interessiert mich auch keine Unschuld vom Lande. Du machst einen großen Fehler, wenn du irgendwas von mir erwartest, Laura.“
Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, dann begann er im Zimmer auf und ab zu gehen. „Selbst wenn ich nach einer Ehefrau suchen würde, wäre ich nicht einfältig genug, mich durch die Tatsache deiner Jungfräulichkeit manipulieren zu lassen“, fuhr er fort, insgeheim ganz begeistert von seinen schauspielerischen Fähigkeiten. „Was hat das schon großartig zu bedeuten? Soll es ein Zeichen dafür sein, für wie wertvoll und vertrauenswürdig du mich hältst? Du schenkst mir deinen Körper und möchtest im Gegenzug auch etwas von mir? Einen Ehering oder ein festes Versprechen? Vergiss es, das ist Zeitverschwendung – und wahrscheinlich nicht zum ersten Mal. Oder was ist mit deinem John passiert? Hast du gehofft, er lässt seine Verlobte für dich fallen? Eigentlich hast du dich für ihn aufgespart, oder?“ Allmählich hatte er sich in Rage geredet. „Kein Wunder, dass du dort rausgeflogen bist. Und jetzt stürzt du dich einfach auf den nächsten vielversprechenden Kandidaten.“
Ganz bewusst peitschte er seine Wut hoch und wurde dabei immer beleidigender. Die Alternative wäre gewesen, sich auf Laura zu stürzen und zu beenden, was sie zuvor begonnen hatten.
„Du hast kein Recht, so mit mir zu reden“, sagte sie mit eisiger Stimme. „Vor allem, weil du vollkommen falsch liegst.“
Seine Vorwürfe wären geradezu lachhaft gewesen, wären sie nicht gleichzeitig derart verletzend. Wie kam Vasilii nur dazu, sie so dreist zu beschuldigen? Diese Respektlosigkeit durfte sie sich nicht gefallen lassen.
„Natürlich habe ich das Recht dazu. Immerhin hast du es augenscheinlich auf mich abgesehen. Und es muss ja einen triftigen Grund geben, in deinem Alter noch keinen richtigen Sex gehabt zu haben. Du kannst es abstreiten, so viel du willst, Laura.“
Mit allem Möglichen hatte sie gerechnet, aber dass Vasilii sie wegen ihrer Jungfräulichkeit ablehnen könnte, war ihr nicht in den Sinn gekommen. Wie auch? Lächerlich und erniedrigend fand sie seine Anschuldigungen – und natürlich absolut ungerechtfertigt.
„Ich wünsche dir bei deinem nächsten Opfer mehr Glück“, sagte er sarkastisch. Schließlich musste er seine üble Laune künstlich aufrechterhalten, um nicht schwach zu werden.
Laura schüttelte den Kopf. „Du bist auf dem Holzweg.“
Krampfhaft bekämpfte er die Zweifel, die Laura durch ihr überzeugendes Auftreten in ihm weckte. Natürlich war Vasilii klar, dass er maßlos übertrieb, aber nur so konnte er sich schützen. Und irgendwas war bestimmt dran an der Sache mit John …
Undenkbar, der Lust auf Laura einfach nachzugeben! Dann könnte Vasilii auch gleich seine ganze bisherige Lebensführung infrage stellen, die von vollkommener emotionaler Unabhängigkeit geprägt gewesen war. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine Versuchung auf, aber eine solche Begegnung war noch lange keine Garantie für Liebe. All das konnte genauso schnell wieder verschwinden, wie es gekommen war.
Beißender Schmerz aus einer Wunde, die nie richtig verheilt war, stieg empor und drohte, ihm die Luft abzuschnüren. Das einzige Mittel dagegen war Wut. „Ach ja? Was sollte es sonst für einen Grund geben, keinen Mann richtig an sich heranzulassen?“
„Anstatt mich anzuklagen, solltest du dich mal fragen, was für eine Sorte Mann du
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