Julia Extra Band 358
bist!“, fuhr sie ihn an. „Was hat dich so verbittert und ängstlich gemacht, dass du niemanden an dich heranlassen kannst?“
Das saß. Vasilii schloss gequält die Augen. Laura war wirklich eine ungewöhnliche Frau und besaß das Talent, Saiten in ihm anzuschlagen, von denen er nicht gewusst hatte, dass sie sich in ihm verbargen.
Sie regte ihn an, sowohl körperlich als auch emotional – sosehr er sich auch dagegen wehrte. In rein sexueller Hinsicht hatte er bisher nichts annähernd Intensives erlebt, keine Frau hatte ihn je so aus der Bahn geworfen. Ein weiterer Grund, sich keinesfalls auf sie einzulassen. Er musste seinem Alarmsystem vertrauen und gegen Lauras Einfluss ankämpfen, sich energisch von ihr abwenden und diesem Wahnsinn endlich Einhalt gebieten. Auch wenn es sich anfühlte, als würde er einen Teil seiner selbst dabei verlieren.
Stumm suchte Laura ihre Kleider zusammen und verließ das Zimmer. Dabei hielt sie krampfhaft die Tränen zurück, um Vasilii nicht wissen zu lassen, wie sehr er sie verletzt und enttäuscht hatte.
Das Licht des nächsten Morgens vermochte die Demütigung der vergangenen Nacht nicht auszulöschen. Traurig genehmigte Laura sich eine ausgiebige Dusche und machte sich dann zurecht, um sich der förmlichen Verabschiedung ihrer chinesischen Geschäftsgäste zu widmen.
Verstand und Körper fochten einen erbitterten Kampf in ihr aus, den keiner von beiden gewinnen konnte. Es schmerzte sie tief, wie unfair Vasilii sich ihr gegenüber verhielt, und sie verspürte den Drang, sich gegen seine Verdächtigungen zu verteidigen. Auch ihr Stolz hatte empfindlichen Schaden genommen, nachdem Vasilii sie im Bett so brutal abblitzen lassen hatte. Am schlimmsten allerdings war, dass sie sich immer noch wünschte, sie könnte ihm nahe sein, wie keinem Menschen zuvor, und er würde ihre Sehnsucht stillen. Dagegen half nur, sich an ihren Frust und ihre Wut zu klammern, bis sie die Zusammenarbeit beenden konnten.
Einen anderen Weg gab es nicht. Wie sollte sie ihm auch erklären, warum sie bis heute Jungfrau geblieben war? Weil es für sie immer nur ihn gegeben hatte? Und stimmte das überhaupt?
Den Vasilii, in den sie sich vor all den Jahren verliebt hatte, gab es nicht mehr. Es hatte ihn nie gegeben. Er war ein Produkt ihrer Fantasie und ihrer jugendlichen Schwärmereien gewesen.
Der echte Vasilii hatte wenig mit den Träumen von einem strahlenden Helden gemeinsam. Trotzdem konnte er ihre Leidenschaft wecken, trotzdem begehrte sie ihn. Immer noch. Liebte sie ihn etwa?
Ich liebe ihn nicht, widersprach sie schnell. Das wäre ja emotionaler Selbstmord!
Wo war ihr gesunder Menschenverstand dann vergangene Nacht geblieben? Sich derart gehen zu lassen, war ein großer Fehler gewesen. Vermutlich war es dem Adrenalin geschuldet, das nach Gang Lis Übergriff wie ein Sturm durch ihre Adern jagte. Und der Dankbarkeit über die unverhoffte Rettung in letzter Sekunde.
Eine solche Schwäche würde sie nicht noch einmal zeigen. Doch konnte sie sich da wirklich so sicher sein? Was wäre, wenn Vasilii in diesem Moment vor ihr stehen und sie begehren würde? Könnte sie stark bleiben?
Ungewollt drang ein sinnlicher Laut aus ihrer Kehle, der Laura verriet, wie wenig sie sich im Griff hatte. Also war höchste Vorsicht geboten. Sie hatte sich ganz offensichtlich noch nicht von den Ereignissen der letzten Nacht erholt und war zu verletzlich, um rationale Entscheidungen zu treffen.
Ich sollte mich auf mich selbst konzentrieren, nahm Laura sich vor. In einer halben Stunde musste sie sich Vasilii stellen und gemeinsam mit ihm die Chinesen verabschieden. Was nach allem, was vorgefallen war, kein einfaches Unterfangen werden dürfte.
Nicht einmal eine kalte Dusche half gegen das Verlangen, das Vasilii immer noch plagte. Stundenlang hatte er versucht, sich Laura und ihren aufregenden Körper aus dem Kopf zu schlagen. Warum wollte es ihm einfach nicht gelingen? Er hatte es doch sonst immer geschafft, sein sexuelles Begehren im Zaum zu halten.
Aber jetzt fühlte er sich wie ein hormongebeutelter Teenager, der nur noch an das eine denken konnte. Wenn er die Augen schloss, war sie da. Sie lag in seinen Armen, willig und süß und unfassbar sinnlich.
Mürrisch zog Vasilii sich an und überlegte, wie er das Desaster mit dem verpatzten Vertrag zu einem einigermaßen annehmbaren Abschluss bringen konnte. Eigentlich sollte seine ganze Aufmerksamkeit im Augenblick Wei Wong Zhang gehören.
Das Frühstück mit Laura
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