Julia Extra Band 359
verkündete sie zuckersüß, als sie vor dem Hotel hielten. „Macht es dir was aus, wenn ich erst mal allein in die Suite hochgehe?“
In genau diesem Moment entlud sich seine Wut. „ Da! Allerdings!“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und ging wortlos an ihm vorbei durch die Lobby. Sergej folgte ihr langsam nach. Es tat gut, sich einmal im Leben seinen Gefühlen hinzugeben, sich zu erlauben, blinden Zorn zu fühlen. Auch wenn er wusste, dass seine Wut nichts mit ihr zu tun hatte.
Als er die Suite betrat, stellte er fest, dass Clementine sich im Schlafzimmer eingeschlossen hatte. Kurzerhand trat er die Tür ein.
„Verschwinde!“, schrie sie.
Sie hatte sich aufs Bett geworfen, richtete sich nun aber auf wie eine Kobra, die bereit war zuzustoßen.
„Du scheinst zu vergessen, dass ich auch hier schlafe, kisa .“
„Ich habe gesagt, du sollst verschwinden!“ Da er sich nicht von der Stelle rührte, fügte sie angriffslustig hinzu: „Weißt du, was du bist, Sergej?“
„Du wirst es mir sicher gleich mitteilen.“
„Du bist ein verdammter Chauvi. Du lebst in einem anderen Jahrhundert … und ich rede nicht vom gerade vergangenen.“
„Da könntest du recht haben, kisa . Scheint genetisch bedingt zu sein. Einer meiner Vorfahren aus dem sechzehnten Jahrhundert hatte fünfzehn Frauen. Es war nicht einfach, die alle im Zaum zu halten, aber er schaffte es. Allerdings kannte er dich nicht.“
Vermutlich sollte das ein Kompliment sein, doch es ging zwischen fünfzehn Ehefrauen und dem Blick, mit dem Sergej sie musterte, unter. Allmählich wurde ihr unbehaglich zumute. Am liebsten wäre Clementine aufgestanden. Auf dem Bett fühlte sie sich plötzlich ausgeliefert.
Er konnte sie mühelos außer Gefecht setzen – allein durch seine unglaubliche Ausstrahlung, der sie keinen Widerstand entgegenzusetzen vermochte.
Sie wusste, ein Nein genügte. Sergej würde es respektieren, aber sie brachte es einfach nicht über die Lippen. Aus dieser Situation gab es nur einen Ausweg, die Versöhnung im Bett.
Sergej kämpfte gegen das brennende Verlangen an, das ihn erfüllte. Er musste Clementine haben, sie nehmen, sie besitzen.
Ich bin wie mein Vater, schoss es ihm durch den Kopf. Die Erinnerung an ihn stand ihm vor Augen, als wäre es gestern gewesen. Er hörte die Türen, die zugeknallt wurden, die lautstarken Streitereien, sah die dramatischen Szenen. Sein Leben lang hatte er sich bemüht, diese Seite an sich zu unterdrücken – sie nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Er wusste, wie schnell glühende Leidenschaft zerstörerisch werden konnte, denn er hatte es hautnah miterlebt.
Absolute Hilflosigkeit überkam ihn.
Er brauchte Clementine. Er musste sie spüren, ihre Haut, ihre Wärme, ihre Lippen. Er wollte sich in ihr verlieren, in ihren Armen liegen, wo es sich anfühlte, als käme er nach Hause.
Als er sich zu ihr legte, und ihre Küsse immer intensiver wurden, begriff er mit einem Mal, wogegen er bisher tatsächlich angekämpft hatte.
Nicht gegen Clementine, nicht gegen eine Beziehung, sondern gegen sich selbst. Aus Angst vor dem, was in ihm lauerte, wozu er womöglich fähig wäre – und wozu nicht.
Konnte er überhaupt lieben? Von ganzem Herzen? Vielleicht verwechselte er sexuelle Leidenschaft mit Liebe? Mit echter Liebe. Dabei sehnte er sich doch so sehr nach beidem, nach Leidenschaft und nach aufrichtiger Liebe, nach der Verbindung zweier Herzen.
Er sah, wie sich Clementines Augen schlossen. Spürte, wie ihr Widerstand dahinschwand. Ihre Wangen schimmerten rosig und ihr Atem kam in heftigen Stößen. Sanft löste er die Spange, die ihr prachtvolles Haar zusammenhielt, und breitete es wie einen Schleier über das Kissen aus. Die Berührungen ihrer Hände auf seinem Rücken waren zart wie Schmetterlingsflügel. Ihre Küsse wirkten, als bräuchte sie sie so nötig wie die Luft zum Atmen. Sie klammerte sich an ihn und stieß seinen Namen aus, wieder und immer wieder.
Wie in einem Taumel bedeckte er ihren Hals und ihre Brüste mit Küssen, presste seine Lippen auf ihren Schoß, liebkoste sie, bis er spürte, dass ihr Atem heftiger ging. Eine Welle schien ihren Körper zu erfassen und sie zu durchfließen. Sie bäumte sich auf und starrte verzückt ins Leere, als würde sie geistig in eine andere Dimension entschweben. Erst da nahm er sie und verlor sich in ihr, während die Welt stillstand.
Clementine schlang die Schenkel um seine
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