Julia Extra Band 359
hat er mich so unverschämt angestarrt … in diesem Aufzug.“ Mit bebenden Händen zerrte sie an ihrem Negligé.
Harun schob Amber hinter sich und fuhr zornig zu dem Wächter herum. „Was soll das?“, verlangte er von dem Mann zu wissen. Er stellte seine Frage mehrmals, in verschiedenen Dialekten, die in Ambers Heimat gebräuchlich waren. „Warum ängstigst du meine Frau?“
Der Mann antwortete nicht, winkte nur mit der Waffe in Richtung Esstisch.
Amber bemühte sich, ihre Furcht unter Kontrolle zu halten.
Drei weitere Männer kamen herein und brachten Tabletts mit verschiedenen Speisen sowie Tee, Wasser und Saft. Sorgfältig deckten sie den Tisch, als seien Amber und Harun hoch geschätzte Gäste eines Luxushotels. Höflich zogen sie die Stühle zurück und luden ihre Geiseln ein, Platz zu nehmen – das alles unter dem scharfen Blick und der drohend erhobenen Waffe des Wächters an der Tür. Was für eine absurde Farce …
Harun blieb, wo er war, und schützte Amber mit seinem Körper. „Weg von den Stühlen“, befahl er. „Ich warne euch, kommt meiner Frau nicht zu nahe. Wenn einer es wagt, sie auch nur anzusehen, dann werde ich ihn mit meinen eigenen Händen erwürgen.“
Der Wächter verbeugte sich respektvoll und scheuchte die drei anderen mit einer herrischen Geste aus dem Raum. Anschließend trat er selbst ein paar Schritte zurück und starrte unbewegt an die Wand.
Harun führte Amber zum Tisch, wobei er darauf achtete, die Sicht auf ihren halb entblößten Körper auch weiterhin mit seinem zu blockieren. „Raus jetzt!“, bellte er in Richtung Tür.
Bevor der Wächter verschwand und die Tür verschloss, verbeugte er sich noch einmal.
„Danke“, sagte Amber leise, die mit den Nerven am Ende war.
„Du brauchst mir nicht zu danken.“
„Sehr viel länger halte ich das nicht mehr aus – dieses entsetzliche Schweigen. Warum hat er das Gewehr auf mich gerichtet? Was habe ich getan?“
Dazu hatte Harun seine eigene Meinung, aber die würde er geflissentlich für sich behalten. Unmöglich, ihr jetzt zu sagen: Die Entführer haben ihr Ziel erreicht, du hast dich direkt in meine Arme geflüchtet. Damit brächte er Amber noch auf die Idee, dass er hinter der ganzen Sache steckte.
Er ließ ihre Hand los, blieb aber hinter ihrem Stuhl stehen und legte die Arme um sie. „Ich schwöre dir, Amber, wenn es sein muss, würde ich mein Leben für dich geben. Auch wenn dir das vielleicht nicht viel bedeutet.“
Sie wandte den Kopf und blickte protestierend zu ihm hoch. „Wie kannst du so etwas sagen? Gestern Nacht musst du doch gespürt haben, wie froh ich bin, dass du bei mir bist …“ Sie sprach nicht weiter, sondern sah ihn nur fragend an.
„Ja, ich habe gespürt, wie sehr du mich begehrst.“ Lächelnd strich er über ihre zart geröteten Wangen. „Dass es auf Gegenseitigkeit beruht, wird dir nicht entgangen sein. Wären wir unbeobachtet gewesen, hätten wir miteinander geschlafen.“
In ihrem Blick las er Zweifel. „Du hast zwar meinen Namen gesagt. Trotzdem war ich mir nicht sicher, ob du wirklich mich gemeint hast.“
Erst jetzt wurde ihm das ganze Ausmaß dessen bewusst, was er durch seine konstante Zurückweisung angerichtet hatte. Amber hatte zum ersten Mal seit drei Jahren sein Begehren gespürt. Und sie zweifelte dennoch, dass es überhaupt ihr gegolten hatte.
Es würde nicht genügen, ihr seine Gefühle zu zeigen, denn sie traute ihrer eigenen Wahrnehmung nicht. Nein, er musste sich ihr ganz und gar öffnen. Und am besten fing er gleich damit an.
„Ich habe dich gemeint, Amber, in meinen Träumen bist nur du. Nicht nur letzte Nacht, sondern schon seit sehr langer Zeit.“ Er zog ihre Hand an seine Lippen und drückte einen zärtlichen Kuss darauf. Als sie ihm die Hand nicht entwand, ließ er die Lippen bis zu ihrem Handgelenk wandern. „Sandelholzhonig. Der erlesenste Duft, den ich kenne.“
Sie antwortete nicht darauf, jedenfalls nicht mit Worten. Stattdessen hob sie die andere Hand, strich ganz zart über sein Gesicht, zog die Hand aber viel zu schnell wieder zurück. Anscheinend in der Erwartung, jeden Moment von ihm zurückgestoßen zu werden, erkannte er bedrückt. Es war höchste Zeit, sich aus der Defensive zu wagen und selbst eine Zurückweisung zu riskieren.
Jetzt, da sein Entschluss feststand, strömten die Worte wie von selbst aus ihm heraus. „Weißt du, seit unserer Hochzeit war ich mit keiner anderen Frau zusammen. Ich habe mein Treueversprechen gehalten,
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