Julia Extra Band 359
wahrscheinlich mehr gekostet hatten als die monatliche Hypothekenrate von Rachels Geschäft.
Sobald er sie erblickte, stand Tony auf und nahm ihr einen der weißen Porzellanbecher ab. „Vielen Dank, Signora .“
„Eigentlich heißt es jetzt Miss. Ich bin geschieden.“ Die Worte kamen ihr erstaunlich leicht über die Lippen. Anscheinend hatte das Üben vorm Spiegel vorhin doch etwas gebracht.
„Signorina.“
Sein Lächeln machte sie erneut befangen, sodass sie schnell einen Schluck von ihrem Kaffee trank.
„Sollte ich Ihnen mein Mitgefühl zum Ende Ihrer Ehe aussprechen?“, erkundigte er sich nach einer kleinen Pause.
„Mitgefühl? Nein“, antwortete Rachel ehrlich. Sie stellte ihren Kaffee auf die Theke, in der die von ihr verarbeiteten Edelsteine im Licht funkelten. Der Anblick erinnerte sie an Weihnachten, das nicht mehr allzu weit entfernt war.
Tony trank ebenfalls von seinem Kaffee. „Aber ich nehme an, Glückwünsche wären wohl auch nicht angemessen.“
Sie nickte. „Meine Schwester meint, ich würde jetzt ein aufregendes neues Kapitel in meinem Leben aufschlagen.“
„Ist sie älter als Sie?“
„Nein, jünger. Gerade mit dem College fertig.“
„Aber es stimmt. Vermute ich richtig, dass Sie nicht ihrer Meinung sind?“
Rachel schaute auf die farbenfrohen Schmuckstücke. „Es ist alles noch so neu.“
„Falls ich irgendetwas tun kann …“, meinte er.
„Danke, das ist sehr freundlich.“
Er senkte die Stimme, und sein Blick wurde eindringlich. „Das meine ich ernst, Signorina . Falls Sie irgendetwas benötigen, egal was, brauchen Sie nur darum zu bitten.“
Dabei legte Tony seine Hand auf ihre. Seine Finger waren lang und schmal, und er trug einen einzelnen schlichten Goldring mit einer Art Wappen. Rachel war nicht sicher, was sie mehr durcheinanderbrachte, die Wärme seiner Hand oder das, was er gesagt hatte. Sie musste zweimal schlucken, ehe sie wieder sprechen konnte.
„Also, wohin haben Ihre Reisen Sie diesmal geführt?“ So unauffällig wie möglich entzog sie ihm ihre Hand und griff nach ihrem Kaffeebecher.
Tony schrieb Artikel für ein exklusives Reisemagazin. Er war der Eigentümer des Magazins, ebenso wie noch einiger anderer Zeitschriften, die alle ihren Sitz in New York hatten. Diese Hochglanzmagazine richteten sich an eine Zielgruppe, die mehr Geld besaß, als man in einem Leben ausgeben konnte.
Da er selbst einer von ihnen war, kannte Tony seine Klientel sehr gut. Aus den Gesprächen ihrer Mitarbeiterinnen wusste Rachel, dass er auf einem großen Anwesen in den vornehmen Rochester Hills wohnte, die er als sein Zuhause betrachtete, weil seine Familie auch dort lebte. Außerdem besaß er noch ein Apartment in Manhattan, ein weiteres in Rom, und ihm standen Suiten in mehreren Pariser und Londoner Luxushotels zur Verfügung.
Obwohl er es nicht nötig hatte zu arbeiten, hatte er Rachel einmal erzählt, dass ihm das Schreiben zu viel Freude machte, als dass er es nur anderen überlassen wollte. Das gefiel ihr, auch wenn sie seinen Lebensstil als Playboy missbilligte. Der Mann wechselte die Frauen wie andere Leute ihre Handtücher. Allerdings konnte ihm niemand mangelnde Großzügigkeit ihnen gegenüber vorwerfen. Und das wiederum kam dem Umsatz von Expressive Gems zugute.
„Die meiste Zeit war ich in Mailand, zwischendurch dann noch in London, Paris, Monaco, Berlin und Stockholm.“
„Das ist alles?“, meinte sie gedehnt.
Achselzuckend erwiderte er: „Ich habe gearbeitet.“
„Aber Sie hatten doch sicher auch Gelegenheit fürs Vergnügen, nehme ich an?“
Er lächelte. „Das Vergnügen kommt bei mir nie zu kurz. Sonst wäre ich doch sehr langweilig, oder nicht?“
Als langweilig kann man ihn beim besten Willen nicht bezeichnen, dachte Rachel. „Und worüber schreiben Sie jetzt?“
„Über die besten Hotels und Restaurants während der Modewochen in den jeweiligen Städten. Mit einem Sonderteil über neue, aufstrebende Designer, auf die man achten sollte.“
„Dafür mussten Sie wahrscheinlich viele Models interviewen.“
Sein Lächeln hätte Casanova alle Ehre gemacht. „Sie haben eine ganz eigene Perspektive zu bieten.“
„Und vor allem ein bestimmtes Model, habe ich recht?“
Wieder lächelte er. „Astrid.“
Sofort hatte Rachel das Bild einer langbeinigen, anmutigen Schönheit vor Augen. „Sie sind also hier, um nach etwas Besonderem zu suchen, das Sie ihr als Zeichen Ihrer Wertschätzung und Zuneigung schenken
Weitere Kostenlose Bücher