Julia Extra Band 361
denken musste, die sich gestern auf seinem Gesicht gezeigt hatte, kam ihr eine Idee.
„Ich habe ein kleines Cottage auf dem Land“, sagte sie bedächtig, wobei sie entschlossen in ein ungläubiges schwarzes Augenpaar blickte. „Wenn Sie einverstanden sind, könnten Sie dort eine Woche bleiben. Meine Mutter war Krankenschwester und ein paar medizinische Grundkenntnisse habe ich mir von ihr abgeschaut. Ich könnte Sie dort bestens im Auge behalten, Tariq!“
2. KAPITEL
„Wo zum Teufel fahren Sie denn hin, Izzy?“
Da Isobel gerade dabei war abzubiegen, antwortete sie nicht sofort auf Tariqs brummige Frage. Warum konnte er nicht einfach den Mund halten, sich ausruhen und dankbar sein, dass sie ihn aus dem Krankenhaus losgeeist hatte? Oder sich vielleicht sogar zurücklehnen und den herrlichen Frühlingstag genießen, statt die ganze Zeit nur herumzumeckern?
Erst als sie auf der Landstraße war, warf sie ihm einen kurzen Blick zu und sah, dass er auch heute immer noch erschreckend bleich war. Wahrscheinlich hat er Schmerzen, überlegte sie und nahm sich vor, ihn etwas pfleglicher zu behandeln.
Obwohl er nervte.
Das Krankenhaus hatten sie durch einen Lieferanteneingang verlassen, Tariq im Rollstuhl, den sie geschoben hatte. Ihn zu diesem Schritt zu überreden, war ein hartes Stück Arbeit gewesen, aber schließlich hatte er doch einsehen müssen, dass es keinen anderen Weg gab, den Klatschreportern zu entkommen, die den Haupteingang belagerten.
„Sie wissen doch genau, wohin ich fahre“, erwiderte sie ruhig. „Wir fahren in mein Cottage auf dem Land, wo Sie sich erholen sollen. Das war der Deal, sonst hätte der Chefarzt Sie nicht entlassen, erinnern Sie sich?“
Tariq schnaubte verächtlich. Er hatte immer noch einen Brummschädel, sein Hals war rau wie Schmirgelpapier, und seine Assistentin zeigte sich wieder einmal von ihrer stursten Seite. „Meinen Sie jetzt den Arzt, mit dem Sie so schamlos geflirtet haben?“, fragte er kühl.
Geflirtet? Isobel schüttelte ungläubig den Kopf. Sie hatte an den leicht zerknittert wirkenden Arzt keinen Gedanken verschwendet, und geflirtet hatte sie mit ihm schon gar nicht! Wie käme sie auch dazu? Aber selbst wenn sie es getan hätte, wäre es ja wohl ihre Sache gewesen, oder?
„Das müssen ausgerechnet Sie sagen“, erwiderte sie spitz.
Tariq trommelte ungeduldig mit den Fingern auf einem Oberschenkel herum. Das war nicht die richtige Antwort. Er wollte ein entschiedenes, besser noch empörtes Dementi hören! Seine Assistentin war überzeugter Single, und genau das schätzte er an ihr. Weil sie sich auf diese Weise ganz und gar auf seine Bedürfnisse konzentrieren konnte und jederzeit für ihn da war.
„Ich dachte, das mit dem Cottage ist bloß eine Ausrede“, wechselte er das Thema.
„Das wäre nicht ehrlich gewesen.“
„Müssen Sie eigentlich immer so verdammt moralisch sein?“
„Ich finde, wenigstens einer von uns beiden sollte die Moral hochhalten.“
Als Tariq auf ihr entschlossenes Profil starrte, registrierte er die tizianroten Glanzlichter, die die noch blasse Frühlingssonne ihrem Haar aufsetzte. Hatte der Arzt diese züngelnden Flämmchen ebenfalls registriert? „Ich weiß wirklich nicht, warum Sie mich in die Wildnis verschleppen müssen, wo ich mich zu Hause mindestens genauso gut erholen kann“, brummte er.
„Mitten in London?“ Sie schüttelte mit einem kurzen Auflachen den Kopf. „Wo alle möglichen Leute etwas von Ihnen wollen? Das möchte ich bezweifeln. Da sind Sie in meinem Cottage wirklich besser aufgehoben. Außerdem ist es jetzt sowieso zu spät. Ich habe im Büro bereits Bescheid gesagt, dass Sie für eine Woche nicht erreichbar sind, und gebeten, alle Anrufe und Mails an mich weiterzuleiten. Fiona von der PR-Abteilung hält die Stellung, bis wir zurück sind, und niemand weiß, wo Sie sich aufhalten.“
„Mein Bruder …“
„Mit Ausnahme Ihres Bruders“, schränkte sie ein. „Ich habe im Palast angerufen und persönlich mit ihm gesprochen. Er wollte, dass Sie sich in Khayarzah erholen, aber ich konnte ihn davon überzeugen, dass Sie bei mir gut aufgehoben sind.“ Sie warf ihm einen Blick zu. „Das ist doch okay, oder?“
„Scheint so“, gab er leicht widerstrebend zurück, aber trotzdem froh, dass sie wie üblich das Richtige getan hatte. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war die Förmlichkeit des Palastlebens und die unzähligen damit einhergehenden Beschränkungen. Er fixierte sie mit einem kühlen, wenn
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