Julia Extra Band 361
nicht zu Wort kommen. „Ich verlasse dieses gastliche Haus. Das passiert“, verkündete er. Dabei versuchte er sich aufzusetzen, aber sank mit einem dumpfen Ächzen wieder zurück in die Kissen.
„Würden Sie bitte stillliegen, Prinz al Hakam?“, befahl die Krankenschwester, bevor sie, an Isobel gerichtet, fortfuhr: „Die Ärzte bestehen darauf, dass der Scheich noch die nächsten vierundzwanzig Stunden zur Beobachtung hierbleibt.“
„Izzy“, sagte Tariq, und als Isobel sich zu ihm umdrehte, sah sie das entschlossene Glitzern in seinen Augen, das sie so gut kannte. „Sie klären das für mich, okay? Ich bin nicht bereit, auch nur eine einzige Minute länger als unbedingt nötig in diesem verdammten Krankenhaus herumzuliegen.“
Isobel schwieg einen Moment. Ihr Chef verfügte über ein paar durchaus bewundernswerte Eigenschaften, darunter Tatkraft und Energie, aber seine Arroganz und seine gelegentliche Selbstüberschätzung gehörten definitiv nicht dazu.
„Hören Sie, das hier ist kein Vertrag, der möglichst schnell in trockene Tücher muss“, wies sie ihn verärgert zurecht. „Es geht um Ihre Gesundheit, und da haben Sie im Moment nun einmal nicht das letzte Wort. Niemand zwingt Sie, zum Vergnügen hierzubleiben, sondern weil es nötig ist. Deshalb erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich dem ärztlichen Rat beugen, oder ich gehe auf der Stelle.“
Tariq rang sichtlich empört nach Luft. „Aber ich habe Meetings …“
„Ich weiß, was für Meetings Sie haben“, unterbrach sie ihn, sanfter jetzt. „Ich führe nämlich Ihren Terminkalender. Ich werde mich um alles kümmern, machen Sie sich keine Sorgen. Möchten Sie, dass …?“ Sie ertappte sich dabei, dass sie auf das weiße Laken starrte, das jetzt unangenehm fest um seinen Brustkorb gewickelt zu sein schien. „Brauchen Sie einen Schlafanzug?“
„Einen Schlafanzug?“ Er wirkte regelrecht entsetzt. „Halten Sie mich für einen dieser Männer, die Schlafanzüge tragen, Izzy?“
Idiotischerweise bekam sie bei seinen Worten sofort wieder Herzklopfen. Hatte er das mitbekommen oder warum sonst grinste er so süffisant? „Woher soll ich das wissen“, gab sie kühl zurück. „Aber die Botschaft ist angekommen. Brauchen Sie sonst irgendwas?“
Tariq wand sich innerlich, als er an seine blutbefleckte Kleidung dachte, die zusammengeknüllt in einer Plastiktüte in dem Schrank neben seinem Bett war. „Bringen Sie mir einfach nur frische Sachen zum Anziehen mit, okay? Und mein Rasierzeug.“
„Natürlich. Sobald die Ärzte grünes Licht geben, sagen Sie mir Bescheid, damit ich Sie abhole, okay?“
Es folgte eine Pause, in der sich ihre Blicke trafen. „Darauf muss ich jetzt doch nicht antworten, oder?“, fragte er und schloss die Augen, weil er plötzlich von einer lähmenden Müdigkeit erfasst wurde. So schwach hatte er sich noch nie gefühlt. Und das letzte, was er wollte, war, dass seine Assistentin ihn schwach sah. „Also gehen Sie einfach, Izzy, okay?“, fügte er erschöpft hinzu.
Isobel verließ Krankenzimmer und Krankenhaus. Draußen war es inzwischen hell geworden. Während sie die frische Luft des Frühlingsmorgens tief einatmete, verspürte sie eine große Erleichterung in sich aufsteigen. Tariq war noch mal glimpflich davongekommen. Das war die Hauptsache. Eine Gehirnerschütterung war zwar nicht angenehm, aber immerhin würde er keinen bleibenden Schaden davontragen. Gleichwohl … Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie in ihr Auto stieg und den Motor startete. Wie schrecklich einsam er in diesem schmalen Krankenhausbett gewirkt hatte.
Aber Tariq und einsam?
Sollte das ein Witz sein? Ausgerechnet Tariq, der sich vor Frauen nicht retten konnte? Außerdem kannte er jede Menge Leute, die ganz wild darauf waren, ihm Gefälligkeiten zu erweisen. Er brauchte sie, Isobel, wirklich nicht.
Wieder in London, verbrachte sie den Tag damit, Meetings zu verschieben und Geschäftspartner zu vertrösten. Sie arbeitete durch bis acht Uhr abends, dann fuhr sie in Tariqs Penthouse am Green Park. Obwohl er ihr schon vor Jahren für alle Fälle seine Wohnungsschlüssel gegeben hatte, war sie bisher nur ein einziges Mal dort gewesen. Damals hatte sie ihm ein dringend erwartetes Paket vorbeigebracht, das spät abends im Büro abgegeben worden war.
Es war eine der peinlichsten Situationen ihres Lebens gewesen, weil Tariq mit zerwühlten Haaren an die Tür gekommen war, bekleidet nur mit einem seidenen Morgenrock, den er sich hastig
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